JULIA COLLECTION Band 16
Decke, um ihm nicht in die Augen sehen zu müssen. „Warum willst du das wissen?“
Er glitt langsam wieder an ihr hoch, und sie spürte seine Muskeln an ihrer weichen Haut, seine Wärme, seine Kraft, und ihre Augen füllten sich wieder mit Tränen, so glücklich war sie über die Verbindung mit ihm. Es war so lange her, dass sie sich mit einem Menschen vertraut gefühlt hatte. Es war wie ein Gottesgeschenk, dass sie ausgerechnet mitten in einem Unwetter solche Gefühle für einen Mann empfinden konnte, der doch noch ein völliger Fremder für sie war.
Als sein Gesicht genau über ihrem war, sein Mund nur Zentimeter von ihrem entfernt, sah Aidan ihr in die Augen und sagte: „Weil ich Schatten in deinen wunderschönen Augen sehe, Sally.“ Er küsste sie sanft. „Und auch schon seit dem ersten Mal, als ich dich sah. Und ich will wissen, was das verursacht hat.“
Sie nickte, sah ihn an und erinnerte sich. Sie rief sich eine Vergangenheit in Erinnerung, die sie tief in sich verborgen hatte und die gerade dadurch keinen Moment aus ihren Gedanken verschwunden war.
Während Sally mit einer Hand geistesabwesend über seine Brust und seine Schultern strich, redete sie mit leiser Stimme, und die Worte purzelten hastig und überstürzt aus ihr heraus, als hätte sie sie zu lange in sich angestaut. „Meine Familie ist reich. Wirklich reich.“
„Okay.“
„Mein älterer Bruder war der Erbe und ich die Prinzessin, die Debütantin, das gute Mädchen, das alles richtig machte.“
Er küsste sie wieder, als wollte er sie ermutigen, nicht aufzuhören.
„Bis ich siebzehn wurde und mich verliebte. In den Sohn des Freundes meines Vaters.“
„Du wurdest schwanger.“
„Ja.“ Und sie erinnerte sich deutlich an die Panik, die Angst und die Aufregung darüber, dass sie ein Kind in sich trug. Aber ein Fehler wie eine ungeplante Schwangerschaft kam in der Evans-Familie einfach nicht vor. Bei ihnen musste alles sorgfältig geplant und arrangiert werden, und ihr Baby war weder erwünscht noch passte es in den Plan.
„Der Vater des Babys hatte Angst.“
„Und du nicht?“
Sie lächelte und streichelte ihm, dankbar für seine Solidarität, über den Rücken. „Ich hatte schreckliche Angst. Als ich es meinen Eltern beichtete, gingen sie an die sechs Meter hohe Decke. Sie sagten mir, dass ich sie bitter enttäuscht hätte, dass sie sich aber um diese ‚Sache‘ kümmern würden und niemand davon erfahren würde.“
Es war seltsam, aber es tat ihr immer noch weh, wenn sie an jenen weit zurückliegenden Abend dachte. Sally war zutiefst verängstigt gewesen, aber sie hatte sich trotzdem der Wut ihrer Eltern gestellt, weil sie insgeheim gehofft hatte, dass sie sie verstehen und am Ende vielleicht sogar unterstützen würden. Sie hatte sich in beidem geirrt.
„Sie arrangierten eine Abtreibung. Es ging nicht an, dass es in der Familie eine unverheiratete Mutter gab, und sie wollten nicht, dass ich Randolph heirate.“
Aidan schnaubte verächtlich. „Randolph. Ein passender Name für einen Schwächling.“
Zu ihrer Überraschung musste sie lachen. „Randolph war wirklich ein Schwächling. Er wollte es nicht, aber er war zu einem erzogen worden. Und er war auch sehr jung. Wie auch immer …“ Sie schüttelte den Kopf und nahm den Faden ihrer Geschichte wieder auf. „Ich sträubte mich gegen die Abtreibung, also stimmten sie zu, mich nach Paris zu schicken. Ich sollte dort bei meiner Tante bleiben, bis das Baby geboren war. Dann sollte ich es zur Adoption freigeben.“
„Aber dann konntest du es nicht tun.“
Eine einzelne Träne löste sich von ihren Wimpern und lief ihr über die Wange. „Ich konnte nicht. Und ich wollte auch gar nicht. Er wurde geboren, und er sah mich an, als wüsste er, was ich vorhatte. Er lächelte mich an. Und er gehörte zu mir.“
Aidan küsste sie und wischte ihr die Träne mit dem Daumen fort.
„Ich sagte meinen Eltern, dass ich ihn behalten wollte, und sie ließen mich wissen, dass ich so nicht nach Hause kommen konnte. Also blieb ich eine Weile in Paris bei meiner Tante. Dann griff ich auf das Erbe von meiner Großmutter zurück, kaufte mir eine Wohnung und liebte meinen Sohn.“
Es waren aufregende Zeiten gewesen, voller Liebe und Gelächter und einem kleinen Hauch Ängstlichkeit. Aber Sally hätte keine einzige Sekunde mit Eric missen mögen. Er war für sie, was Liebe bedeutete, so viel mehr Liebe, als sie je vorher gespürt hatte. Bis dahin war ihr nicht bewusst gewesen, dass
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