JULIA COLLECTION Band 16
nicht genug bekommen zu können von ihr. Seit jener ersten Nacht mitten im Sturm waren sie jeden Abend zusammen gewesen und hatten sich geliebt, hatten geredet, gelacht und sich gestritten. Aidan hatte noch nie so viel Zeit mit einer Frau verbraucht, ohne irgendwann das Bedürfnis zu haben, sich zurückzuziehen.
Früher hatte er immer Abstand zu den Frauen gehalten, mit denen er ins Bett ging, vor allem gefühlsmäßig. Er hatte sich früher nie gewünscht, sie besser kennenzulernen, als nötig war, um sich im Bett gut mit ihnen zu amüsieren. Aber jetzt gab es zwischen ihm und Sally sehr viel mehr.
Es war ihm nur allmählich bewusst geworden, und er wusste auch nicht, was er mit dieser Erkenntnis anfangen sollte. Durch die Anziehungskraft, die Sally auf ihn ausübte, wurde Aidan automatisch immer tiefer in ihr Leben und in ihre Welt gezogen. Eine innere Stimme drängte ihn ständig, sich aus dem Staub zu machen oder sich wenigstens klar zu machen, dass sein Leben hier in Baywater stattfand und Sallys in New York. Was konnten schließlich eine ehemalige Debütantin aus guter Familie und ein professioneller Marine gemeinsam haben? Außerdem interessierte er sich nicht für eine feste Beziehung und suchte nicht die große Liebe. Aber die leise Stimme wurde immer leiser und verstummte am Ende ganz.
Aidan betrat das Lighthouse und blieb am Eingang kurz stehen. Er steckte die Sonnenbrille in den V-Ausschnitt seines dunkelblauen Pullovers und ließ den Blick über den wie immer überfüllten Raum des Restaurants schweifen. Familien saßen an den runden Holztischen und genossen das Beisammensein. Sie feierten die Tatsache, dass sie den Hurrikan überlebt hatten, was schließlich nicht selbstverständlich gewesen war.
Aidan entdeckte seine Brüder an einem Tisch im Hintergrund und wappnete sich innerlich für den bevorstehenden Spott. Er selbst hatte Connor und Brian in den vergangenen Wochen auch ständig aufgezogen, also war er sicher, dass es ihm jetzt nicht besser ergehen würde.
Er bahnte sich einen Weg zwischen den eng stehenden Tischen hindurch, bis er seine Brüder erreichte, und meinte kurz angebunden zu Brian: „Rück rüber.“
Dann setzte er sich auf die Bank und sah jeden seiner Brüder einzeln an, holte tief Luft und verkündete: „Ich bin raus.“
Gelächter und Jubelgeschrei entfuhren den anderen drei Männern und wurden so laut, dass die Leute an den anderen Tischen sich zu ihnen umdrehten.
Aidan zuckte zusammen. „Du meine Güte, könntet ihr euch vielleicht ein wenig zügeln?“
„Das ist ja zu herrlich“, sagte Connor lachend.
Brian und er schlugen die Hände aneinander und stießen wieder einen Jubelschrei aus. Liam grinste von einem Ohr zum anderen und rieb sich die Hände, als würde er sich schon darauf freuen, das Geld zu zählen, das er und seine Kirche gerade gewonnen hatten.
„Was ist also passiert?“, fragte Brian und stieß Aidan ziemlich unsanft in die Seite.
„Was soll schon passiert sein? Soll ich dir das aufmalen? Du weißt verdammt gut, was passiert ist.“
„Ja, aber was ist mit den großen Tönen, die du gespuckt hast? Dass du angeblich derjenige sein würdest, der uns allen zeigt, wie man durchhält.“
„Wenigstens habe ich länger durchgehalten als ihr zwei Komiker“, erinnerte Aidan ihn schnell. Er hatte die Wette vielleicht nicht gewonnen, aber seine zwei Drillingsbrüder hatte er übertrumpft.
„Ja, sicher“, gab Connor zu. „Aber du hattest nur noch eine kurze Zeit vor dir. Ich dachte wirklich, dass du es schaffen würdest.“
„Ich nicht“, warf Brian boshaft ein.
„Sally?“, fragte Liam leise.
Aidan nickte nur.
„Sally?“, wiederholte Connor, richtete sich auf und sah sich am Tisch um, als wäre er der Einzige, den man nicht in einen Witz eingeweiht hatte. „Wer zum Teufel ist Sally?“
„Ja“, fügte Brian hinzu und sah Liam finster an. „Wieso weißt du von dieser Frau und wir nicht?“
„Ihr wisst eben nicht alles“, sagte Aidan.
„Hier kommt euer Bier, Jungs“, unterbrach ihn eine freundliche Frauenstimme.
Die Reilly-Brüder blieben still, bis die Kellnerin ihr Bier abgestellt hatte, und redeten erst weiter, nachdem sie gegangen war.
Aidan griff nach seinem Glas und nahm einen tiefen Schluck. Er hatte keinen so großen Durst, aber jede Verzögerung war ihm jetzt recht.
„Nun spuck es schon aus“, verlangte Connor. „Wer ist das neue Baby?“
„Sie ist kein Baby!“, fuhr Aidan ihn an, obwohl er Sally fast die ganze
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