JULIA COLLECTION Band 16
geliebt, und dass ich nicht weiß, was es heißt, jemanden zu begehren?“
Aidan starrte ihn nur fassungslos an. Eine solche Wut hatte er noch nie bei Liam erlebt.
„Schon gut, Liam, reg dich nicht so auf“, versuchte Brian, ihn zu beruhigen.
„Du hältst dich hier raus“, fuhr Liam ihn an und wies mit dem Zeigefinger auf Aidan. „Das ist eine Sache zwischen mir und dem Blödmann hier.“
„He.“
„Ich bin jetzt an der Reihe, du Idiot. Du hörst zu und hältst die Klappe.“ Liam holte tief Luft und senkte die Stimme. „Ich war auch einmal verliebt.“
„Was?“, riefen alle Drillinge fast gleichzeitig.
Liam ließ sich nicht aus dem Konzept bringen und behielt Aidan im Blick. „Sie hieß Ailish. Ich lernte sie in Irland kennen in meinem letzten Sommer, bevor ich dem Priesterseminar beitrat.“
Aidan erinnerte sich an die Reise, die Liam unternommen hatte, um herauszufinden, ob er wirklich für das Leben eines Priesters geschaffen war. Er hatte im Haus ihrer Großeltern nicht weit von Galway entfernt gewohnt und war den Sommer über durch ganz Irland gereist. Als er zurückkam, hatte er nie wirklich über diese dreimonatige Reise gesprochen, und sie hatten ihn auch nicht gedrängt, weil sie angenommen hatten, dass er die Zeit in stiller Meditation und im Gebet verbracht hatte. Offenbar hatten sie sich getäuscht.
Aidan wagte es kaum, die Frage auszusprechen, aber er musste es wissen. „Was ist passiert, Liam? Wenn du sie so sehr geliebt hast, warum hast du sie dann gehen lassen?“
Liams Augen schimmerten verdächtig, und sein Atem kam schnell und unruhig. Langsam lehnte er sich in seinem Sitz zurück, ohne Aidans Blick loszulassen. „Sie ist gestorben.“
„Oh nein, Liam“, flüsterte Connor.
„Verdammt, Liam …“ Brian zuckte leicht zusammen.
Aidan hielt den Atem an. Da musste noch mehr sein. Er beobachtete seinen älteren Bruder, wie ihn der alte Schmerz gepackt hielt, und fragte sich, wie er etwas so Wichtiges vor ihnen hatte verheimlichen können.
„Sie fuhr nach Galway, um mit ihrer Schwester einkaufen zu gehen“, fuhr Liam leise fort. „Ein amerikanischer Tourist kam in dem Verkehr durcheinander und fuhr auf der falschen Straßenseite. Er bekam sie genau vor die Haube, und sie starb auf der Stelle.“
„Das tut mir so leid, Liam“, sagte Aidan betroffen. All diese Jahre hatte Liam kein einziges Wort über die Tragödie verloren, die ihn immer noch quälen musste. Aidan sah endgültig ein, dass nicht nur Marines Mut brauchten, um sich dem Leben stellen zu können.
Liam lächelte traurig. „Es ist sehr lange her, Aidan. Und ich sage es euch auch nur, weil ihr wissen sollt, dass ich euch sehr gut verstehe. Ich weiß, was es heißt, eine Frau so sehr zu lieben, dass außer ihr nichts anderes wichtig ist.“
Stille legte sich über sie wie eine warme Steppdecke. Alle saßen gedankenverloren da, und keiner wollte der Erste sein, der das Wort ergriff. Wie üblich, war es auch jetzt Connor, der das Schweigen brach.
„Und wenn Ailish gelebt hätte“, fragte er, „wärst du dann kein Priester geworden? Oder hättest du sie verlassen?“
Liam drehte sein Bierglas hin und her, dann hob er es an die Lippen und nahm einen Schluck, bevor er antwortete. „Das habe ich mich im Lauf der Jahre tausend Mal gefragt“, gab er zu. „Die ehrliche Antwort ist, dass ich sie nicht verlassen hätte. Als ich sie traf, war es für mich, als hätte der Herrgott mir ein Zeichen geschickt, um mir zu sagen, dass das Priesterleben doch nichts für mich ist.“ Er seufzte wehmütig. „Wir wollten in der Gemeindekirche heiraten und in ein Haus in der Nähe von Lough Mask ziehen. Und dann war sie plötzlich nicht mehr da …“
„Heiraten?“ Aidans Stimme war kaum zu hören, so verblüfft war er.
Es verging ein kurzer Moment, bevor Liam sich zu einem Lächeln durchringen konnte. „Ich glaube immer noch, dass es für alles einen Grund gibt. Obwohl ich den Grund für Ailishs Tod erst noch finden muss. Aber vielleicht sollte meine Begegnung mit Ailish und meine Liebe für sie mich zu einem besseren Priester machen.“
„Ich weiß nicht, was ich sagen soll.“ Brian sah Liam fast ängstlich an.
„Nichts. Keiner von euch braucht etwas zu sagen“, meinte Liam schlicht.
Brian nickte kurz. „Du bist ein sehr guter Priester, das weißt du doch, oder?“
Liam sah erstaunt auf. „Danke.“
„Nein, ich meine es ernst, Liam. Vielleicht könnte ich doch ein paar von deinen tollen Gebeten
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