JULIA COLLECTION Band 16
reparieren lassen sollen. Ich wusste es und habe es trotzdem wieder hinausgeschoben.“
„Es ist ein sehr kleines Leck, Donna. Ganz ehrlich. Der Laden ist nicht davongeschwemmt worden.“
„Okay, okay. Ich weiß, ich benehme mich ein wenig hysterisch …“
„Nur ein bisschen“, stimmte Sally lächelnd zu, schloss den Kühlschrank und trank ein wenig Eistee. „Genieße einfach deine restliche Zeit mit deiner Familie.“
„Um die Wahrheit zu sagen, gehen sie mir allmählich auf die Nerven.“
Sally lachte und setzte sich auf einen Küchenstuhl. Es war so schön, auch einmal an etwas anderes denken zu können als an ihre eigene verfahrene Lage. Seit Tagen konnte sie an kaum etwas anderes denken als an Aidan Reilly, und sie wusste trotzdem nicht, wie sie mit der immer komplizierter werdenden Situation fertig werden sollte. Aber Aidan empfindet sie wahrscheinlich gar nicht als kompliziert, dachte Sally. Sie war selbst schuld, wenn sie sich erlaubte, zu viel für ihn zu empfinden.
„Versteh mich nicht falsch“, sagte Donna, „meine Eltern sind großartig. Aber sie geben den Kindern ständig Schokolade, die ihnen so viel Energie gibt, dass die kleinen Ungeheuer mich wahnsinnig machen.“
Sally unterdrückte einen Seufzer. Sie fragte sich unwillkürlich, wie ihr Leben wohl gewesen wäre, wenn Eric weitergelebt hätte. Jetzt würde er zwölf sein, fast ein Teenager. Sie schloss die Augen und versuchte, sich das süße Babygesicht vorzustellen, wie es jetzt aussehen würde. Aber es wollte ihr nicht so ganz gelingen.
Sie hatte sich ihr Leben lang Kinder gewünscht und eigentlich immer angenommen, dass sie ein ganzes Haus voll davon haben würde. Jetzt sah es so aus, als wäre dieser Traum zusammen mit Eric begraben worden. Sie war allein, und trotz der Gefühle, die Aidan in ihr weckte, würde sie auch allein bleiben.
Sie schüttelte den Kopf, als könnte sie so auch die Gedanken abschütteln, und sagte: „Klingt so, als liefen die Dinge genauso wie sie sollten.“
„Ja, du hast sicher recht. Aber ich bin mehr als bereit, wieder nach Hause zu kommen.“
„Ja“, sagte Sally leise, „ich auch.“
„Hast du das Kleinstadtleben schon satt?“, fragte Donna. „Willst du zurück nach Manhattan und dich wieder in die Arbeit schmeißen?“
Nein, dachte Sally ehrlich, sagte aber nichts. Es gefiel ihr in Baywater. Es war schön, Nachbarn zu haben, selbst wenn sie nur geliehene Nachbarn waren. Sie mochte die kleinstädtische Atmosphäre, das langsamere Tempo, das Zusammengehörigkeitsgefühl, das sie erlebt hatte, als der Hurrikan ihnen um die Ohren geweht war. Aber vor allem gefiel ihr Aidan.
Sofort sah sie sein attraktives Lächeln mit dem Grübchen vor ihrem inneren Auge. Sie dachte an seine tiefe Stimme, die geschickten Hände auf ihrer Haut, seine dunkelblauen Augen, sein Lachen, seinen Humor und seine Stärke. Sie mochte einfach alles an ihm. Lieber Gott, sie hatte es tatsächlich getan! Sie hatte sich in Aidan verliebt.
Sally setzte sich abrupt auf ihrem Stuhl auf. Warum hatte sie die Vorzeichen nicht erkannt, bevor es zu spät war? Aber vielleicht war es schon von Anfang an zu spät für sie gewesen. Vom ersten Moment an hatte Sally etwas Neues, etwas unglaublich Starkes gefühlt, gegen das sie sich nicht hatte wehren können. Sie hatte schon damals erkannt, dass Aidan etwas Besonderes war und dass er ihr gefährlich werden könnte. Sie hatte nur nicht begriffen, wie gefährlich.
„Hallo? Erde an Sally. Hallo!“
„Was? Oh.“ Sally nahm einen Schluck von ihrem Tee, aber es war nicht der kalte Tee, der sie erschauern ließ. Es war vielmehr die Erkenntnis, dass sie ausgerechnet einem Mann ihr Herz geschenkt hatte, der es gar nicht haben wollte.
„Oh nein.“
„Was ist? Was ist los, Sally?“, rief Donna.
„Oh, ich habe einen großen Fehler begangen.“
„Klingt sehr übel.“
„Könnte nicht übler sein.“
„Und heißt dieser Fehler womöglich Aidan?“
„Woher weißt du das?“
„So schwer ist das nun wirklich nicht gewesen“, meinte Donna zufrieden.
„Du brauchst nicht so begeistert darüber zu klingen“, beschwerte Sally sich.
„Aber warum denn nicht? Zwei meiner liebsten Freunde verlieben sich ineinander und finden das ewige Glück! Das sind doch großartige Neuigkeiten.“
„Ha!“ Sally lehnte sich zurück. „Soweit es Aidan angeht, haben wir nur heißen Sex und körperliche Erfüllung gefunden.“
„Und soweit es dich angeht?“
Sally seufzte. „Donna … ich
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