JULIA COLLECTION Band 16
jetzt schon sein Kind in ihr heranwuchs.
Brians Magen zog sich zusammen, und er spürte einen Kloß im Hals. Er hatte keine Ahnung, was das zu bedeuten hatte, aber er wusste, dass er lieber nicht zu viel darüber nachdenken sollte.
„Es gibt nichts zwischen mir und Tina“, sagte er leise.
„Vielleicht sollte es das aber“, erwiderte Liam und führte Brian einige Meter weg von Connor und Aidan, die lärmend weiterspielten. „Vielleicht wird dir hier eine zweite Chance geboten, Brian.“
„Eine Chance, mich im Bastrock zum Trottel zu machen, meinst du wohl.“
Liam schüttelte den Kopf. „Es geht mir hier nicht um die Wette, Brian. Du hörst nicht richtig zu.“ Er blieb am Ende der Auffahrt stehen und sah die Straße hinunter. Aus einiger Entfernung war der Lärm spielender Kinder zu hören, ein Motor wurde angelassen, und laute Rockmusik drang aus einem der Häuser.
Liam hob eine Hand und wies lächelnd auf die Häuser hinter den alten Bäumen, die die Straße säumten. „Was siehst du da?“
Brian sah ihn verblüfft an. „Maple Street.“
„Und …“
Brian stieß ungeduldig den Atem aus und besah sich übertrieben aufmerksam die vertraute Gegend. „Häuser, Bäume, Hunde.“
„Und Familien, Brian“, warf Liam ein. „Heime.“
Brian strich sich langsam über das Kinn und sah Liam misstrauisch an. „Worauf willst du hinaus, Liam?“
„Wie viele von diesen Familienvätern sind deiner Meinung nach wohl beim Militär? Was glaubst du?“
„Was macht das für einen Unterschied?“
„Für einige einen sehr großen, für andere wieder gar keinen.“
„Bist du Priester oder Konfuzius? Himmel noch mal, sag endlich, was du meinst.“
„Dass du ein Idiot bist, Brian.“ Liam gab seinem jüngeren Bruder einen Stoß, und der geriet leicht ins Wanken, weil er es nicht erwartet hatte. Dann hob er instinktiv die Fäuste.
„He! Wenn du ein paar Runden gegen mich antreten willst, bin ich gern bereit.“
Sie standen im Lichtkreis einer Straßenlaterne, und Brian sah deutlich den Ärger auf Liams Gesicht.
„Ich will nicht mit dir boxen“, fuhr sein älterer Bruder ihn an. „Ich versuche, dir zu sagen, dass du, statt hier mit uns herumzuhängen, besser in Angelinas Haus sein solltest, um mit Tina zu reden.“
Brians Wut ließ nach, und er wandte den Blick ab. „Wir haben nichts mehr zu bereden.“
„Genau wie vor fünf Jahren, was? Entweder etwas geht nach deinem Kopf, oder es geht überhaupt nicht, stimmt’s?“
„Du weißt nicht, wovon du sprichst, Liam“, warnte Brian ihn.
„Ich kenne dich gut, Brian“, fuhr Liam entschlossen fort. „Ich weiß, dass du großes Glück hattest, als Tina dir über den Weg gelaufen ist. Ich weiß außerdem, dass du sie geliebt hast und glücklich warst, bevor du plötzlich auf den Gedanken gekommen bist, alles hinzuschmeißen.“
„Das ist meine Sache.“
„Zweifellos. Ich sage nur, dass das Schicksal dir jetzt vielleicht eine zweite Chance gibt und dass du ein Vollidiot wärst, sie auszuschlagen.“
„Ich habe um keine zweite Chance gebeten.“
„Deswegen bist du ja gerade ein Glückspilz, du Blödmann.“
„Nette Art für einen Priester.“
„Du würdest lieber mit einem Priester sprechen?“, fragte Liam und drehte sich um, um zu den anderen zurückzugehen. „Dann brauchst du nur ab und zu mal in der Kirche zu erscheinen. Hier kriegst du nur den Bruder zu sehen.“
Brian sah ihm sekundenlang nach. Geistesabwesend lauschte er auf das Lachen und Schimpfen seiner Drillingsbrüder, dann sah er wieder die Maple Street auf und ab. Und zum ersten Mal dachte er über etwas nach, das Liam gesagt hatte.
Etwa die Hälfte aller Familien in diesen niedlichen kleinen Häusern mit den sauberen Rasenflächen und den ordentlichen Blumenbeeten davor hatten ein Mitglied, das beim Militär war. Entweder der Mann oder die Frau – manchmal sogar beide. Sie gehörten der Armee an und folgten jedem Auftrag, wo immer er sie hinführte, wann immer das auch sein mochte. Und sie waren nie sicher, ob sie zurückkommen würden.
Brian hörte das aufgeregte Bellen eines Hundes und ein Kinderlachen, das von der Sommerbrise zu ihm herübergeweht wurde. Irgendwie hatten all diese Familien es geschafft, sich ein normales, erfülltes Leben aufzubauen.
Vor fünf Jahren hatte er beschlossen, Tina kein Leben aufzuzwingen, das sie immer und zu jeder Zeit den militärischen Regeln unterwarf. Er hatte sich damals eingeredet, dass es ihr gegenüber nicht fair sei. Er konnte
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