JULIA COLLECTION Band 17
neue Zweifel in ihr auf.
„Brad? Können wir heute Abend ausgehen? Irgendwohin, wo ich nicht darüber nachdenken muss, ob ich das Richtige tue.“
In seinen Augen las sie tiefes Verständnis. „Ja, Katy“, sagte er. „Das können wir.“
Sie fuhren nach Cambridge. Sie kehrten nicht ins Hotel zurück, um sich umzuziehen, sondern machten sich gleich auf den Weg.
Auf der anderen Seite des Flusses aßen sie in einem Restaurant. Danach mieteten sie sich Fahrräder und durchstreiften das Gelände der altehrwürdigen Universität von Harvard. Sie gingen in die Museen, sahen sich in der Nachmittagsvorstellung einen alten Film an und setzten sich mit Hotdogs in den Park. Sie buchten für den nächsten Tag einen Mietwagen, und Kate kaufte einen Reiseführer, der jede Meile der Strecke von Boston über Chatham nach Cape Cod beschrieb.
Als sie ins Hotel zurückkehrten, war Kates Nase von der Sonne leicht gerötet, und Brads gebräunte Haut sah aus wie Bronze. Da es ihm gelungen war, sie abzulenken, hatte sie einige Stunden nicht an Madelyn gedacht und fühlte sich entspannt.
In ihrem Zimmer leuchtete am Telefon das Lämpchen. Kate überließ es Brad, die Rezeption anzurufen, und ging ins Bad, um rasch zu duschen. Maria, seine Sekretärin, hielt ihn täglich auf dem Laufenden.
Als Kate ins Schlafzimmer kam, um den Bademantel aus dem Schrank zu holen, sah sie Brad mit grimmiger Miene neben dem Bett stehen.
Sie erstarrte. „Stimmt etwas in deinem Büro nicht?“
Er seufzte. „Die Nachricht war von Cord.“
Kates Finger krampften sich um den Knoten, der ihr Badetuch zusammenhielt. „Was hat er gesagt?“
Brad sah ihr in die Augen, und sie wusste, warum ihr Bruder angerufen hatte.
„Daddy“, sagte sie leise.
Er nickte. „Du solltest gleich anrufen. Cord hat nur gesagt, dass es um deinen Vater geht und dass du dich so bald wie möglich bei ihnen melden sollst. Es muss nicht das bedeuten, was du denkst, Katy.“
Mit zitternden Knien setzte sie sich auf die Bettkante. Wasser tropfte ihr aus dem nassen Haar auf ihre Schultern und rann über ihre Brust, bis das Tuch es aufsog. „Reichst du mir das Telefon?“
Er tat es, und sie wählte die Nummer der Stockwell-Villa. Schon nach dem ersten Läuten nahm Cord ab. „Ich bin es. Kate“, sagte sie. „Daddy ist tot, nicht wahr?“
„Ja, Kate.“ Seine Stimme klang so dumpf wie ihre.
Sie wusste, dass er dasselbe fühlte wie sie. Trauer darüber, dass alles so gekommen war, und vielleicht auch einen Anflug von Erleichterung, dass es endlich vorüber war.
Kate schloss die Augen und zuckte zusammen, als Brad ihr ein zweites Handtuch um die Schultern legte. „Ich sollte vermutlich nach Hause kommen“, sagte sie zu Cord.
Er seufzte. „Die Beisetzung wird frühestens Sonntag stattfinden, also kannst du dir Zeit lassen. Habt ihr in Boston etwas herausgefunden?“
„Ja. Wir haben heute Vormittag mit Madelyns Galeristin gesprochen. Wie es aussieht, lebt sie in Chatham. Ganz in der Nähe von Cape Cod. Sie ist bereit, sich mit uns zu treffen.“
„Wirklich? Wann?“, fragte Cord aufgeregt.
„Na ja, sie hält uns für ein Paar, das einen weiteren LeClaire für seine Sammlung erwerben will. Meinen Namen kennt sie gar nicht. Wir wollten morgen Vormittag hinfahren, aber jetzt, da Daddy …“
„Du bleibst dort und bringst die Sache zu Ende“, unterbrach Cord sie. „Hier kannst du ohnehin nichts tun, Schwesterherz.“
„Aber …“
„Kein Aber, Kate. Wir alle warten auf den Durchbruch, und ihr steht kurz davor. Richtig?“
Sie seufzte. „Richtig.“
„Und jetzt gib mir Brad bitte noch mal“, bat Cord. „Ich muss ein paar Dinge mit ihm besprechen.“
Also reichte sie Brad den Hörer und ging ins Bad, wo sie ihr Haar trocknete und sich umzog. Sie schaute in den Spiegel.
Dreißig Jahre alt, dachte sie betrübt. Ohne richtige Eltern.
Dann schloss sie die Augen. Hatte sie ein Recht, sich zu beklagen? Brads Mutter war gestorben, als er erst neunzehn war.
Als sie ins Schlafzimmer zurückkehrte, saß er auf der Bettkante. „Bist du okay?“
Sie nickte.
„Willst du immer noch Pizza?“
„Ja.“
„Gut. Ich habe sie nämlich schon bestellt.“ Sein Blick war unglaublich sanft. „Aber sie kommt frühestens in einer Stunde. Wirst du weinen?“
„Vielleicht.“
Er nickte langsam. „Es wird alles gut, Kate.“
Sie lachte traurig.
Er hob eine Hand und wartete. Kate machte einen Schritt auf ihn zu und schob ihre hinein. Und dann zog er sie auf seinen
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