JULIA COLLECTION Band 17
einmal gewesen war. Cord hatte erfahren, dass er eine Tochter hatte, und bald würde er Hannah heiraten. Rafe fragte sich, was er alles über seinen ältesten Bruder Jack und seine kleine Schwester Kate nicht wusste.
Und wenn ihre Mutter noch lebte? Würden seine Geschwister und er ihr verzeihen können, dass sie sie den Launen ihres Vaters ausgeliefert hatte? Und wenn sie noch einen Bruder oder eine Schwester hatten?
Rafe fand keine Antwort auf diese beunruhigenden Fragen. Er parkte vor dem Haus, eilte in seine Suite, zog das Jackett aus, hängte es zusammen mit dem Schulterholster über einen Sessel und legte die Automatik in den kleinen Safe im Kleiderschrank.
Nach einer kalten Dusche zog er Jeans, ein T-Shirt und ein altes Paar Cowboystiefel an. Dann holte er sich ein Bier aus dem Kühlschrank und setzte sich vor den Fernseher, um die Abendnachrichten anzusehen.
Obwohl er sich auf den Bildschirm konzentrierte, drifteten seine Gedanken wie von selbst zurück zu Caroline. Er war ihr Freund, verdammt, und davon hatte sie nicht viele. Sie war eine starke Frau, aber selbst eine starke Frau brauchte manchmal Hilfe, und er würde für sie da sein, ob sie es nun wollte oder nicht. Jedenfalls bis das Baby zur Welt kam.
Er trank das Bier aus und beschloss, nach unten zu gehen und mit Cord zu sprechen. Seit Caine bettlägerig war, leitete Cord die Geschäfte von Stockwell International. Auf dem Weg zum Büro des Vorstandsvorsitzenden, in dem jetzt sein Bruder residierte, hörte er seine Nichte brabbeln. Vorsichtig schaute er ins Kinderzimmer.
Die drei Monate alte Becky strahlte ihn an. Sie strampelte heftig, während Rafe eintrat und sich über ihr Kinderbett beugte.
„Hi, Süße“, sagte er leise. „Erinnerst du dich an mich?“
Ihre Arme und Beine bewegten sich noch schneller, und ihm war, als würde sie ihn auffordern, sie auf den Arm zu nehmen.
Ob Becky ihn für ihren Vater hielt? Als Kinder hatten Cord und er viele Erwachsene hereingelegt, und er fragte sich, ob das Baby sie auseinanderhalten konnte. Vermutlich nicht.
Bevor Cords kleine Tochter aufgetaucht war, hatte Rafe Babys für anstrengende winzige Geschöpfe gehalten, die Lärm machten und einem im Restaurant und im Kino auf die Nerven gingen.
Wenn Carolines Baby so süß aussah wie Becky … Nein, daran wollte er nicht denken. Nur weil er Babys endlich süß fand, hieß das noch lange nicht, dass er einen guten Vater abgeben würde. Angesichts seiner eigenen Kindheit war die Wahrscheinlichkeit hoch, dass er sein eigenes Kind unglücklich machen würde.
Falls er wirklich der Vater war, würde er Caro heiraten, um dem Baby seinen Namen zu geben und seine Verpflichtungen zu erfüllen. Aber er fragte sich, was für ein Ehemann und Vater er sein würde. Er hatte nicht die leiseste Ahnung von glücklichen Ehen und harmonischen Familien.
Plötzlich verzog Becky das Gesicht, das bedrohlich rot geworden war, und schob die Unterlippe vor.
„Bitte, nicht“, flehte er. „Lächle für Onkel Rafe.“
Das Baby begann laut zu weinen.
Zaghaft streckte er die Hände nach seiner Nichte aus, verlor dann jedoch den Mut und zuckte zurück.
Am liebsten wäre er weggelaufen, aber er konnte das Kind schlecht allein lassen, wenn es sich die Seele aus dem Leib schrie, oder? Also eilte er zum Babyfon. „Hannah? Kannst du mich hören? Becky braucht dich“, rief er hinein.
Rafe standen die Haare zu Berge, als Becky einen erstickten Laut von sich gab. Guter Gott, wenn sie nun zu atmen aufhörte oder so etwas? Seine Hände zitterten, als er sich über sie beugte und die Finger vorsichtig unter ihren Kopf und den Po schob. Irgendwie schaffte er es, sie aus dem Bett zu heben und an seine Brust zu drücken.
Der winzige Kopf wackelte ein wenig hin und her, aber das schreckliche Keuchen hörte auf. Behutsam klopfte er ihr auf den Rücken. Becky seufzte und kuschelte sich in seine Halsbeuge. Dann steckte sie den Daumen in den Mund und nuckelte daran. Ihr weiches Haar verfing sich in seinen Bartstoppeln, und ein frischer Duft stieg ihm in die Nase – vielleicht Babylotion oder Shampoo.
Dass es ihm gelungen war, das zappelnde kleine Wesen zu besänftigen, war ein herrliches Gefühl. Rafe hielt den Atem an und wagte nicht, sich zu bewegen.
Endlich ging die Tür zum Elternschlafzimmer auf, und Hannah Miller, seine zukünftige Schwägerin, kam herein. „Hallo, Rafe“, sagte sie fröhlich, und wie immer hörte man, dass sie aus Oklahoma stammte. „Tut mir leid, dass ich so
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