JULIA COLLECTION Band 20
aufzulisten.
Schließlich öffnete sie die Wagentür, schwang die Beine hinaus und blieb einen Moment sitzen, um den ruhigen Morgen zu genießen. In einer Woche würden die meisten Cottages hier bewohnt sein, doch im Moment herrschte in der Sackgasse friedliche Stille.
Sie ließ das Verdeck des Autos offen und stieg die Treppe zum Cottage hinauf. Sie schloss die Tür auf und schaltete die Alarmanlage aus. Es roch immer noch nach abgestandenem Zigarettenrauch, deshalb ließ Sasha die Glastüren offen, um zu lüften. Sie ging ins Obergeschoss und öffnete auch hier die Türen, um Durchzug zu schaffen. Leise vor sich hin summend ging sie noch einmal ihre Checkliste vom Tag vorher durch, um sicherzugehen, dass alles, was verloren, zerbrochen oder gestohlen worden war, ersetzt war. Die neuen Barhocker waren geliefert worden – also abgehakt. Sasha blickte sich um, ob sie noch irgendetwas übersehen hatte. Dann betrat sie ihren Lieblingsplatz, die obere Veranda. An diesem Tag allerdings kümmerte sie sich keine Sekunde lang um den grandiosen Ausblick über Strand und Ozean. Sie schaute lediglich zum Nachbarhaus hinüber.
Im Grunde rechnete sie nicht damit, den Mann dort zu sehen. Schließlich stand sein Wagen nicht vor der Tür. Ich will ihn ja auch gar nicht sehen, sagte sie sich, aber er hat doch gesagt, er habe dort noch zu tun.
Im Grunde war sie tatsächlich nicht enttäuscht, doch seit Monaten suchten sie und ihre Freundinnen jetzt nach einem Kandidaten für Lily Sullivan, der blonden, hübschen Steuerberaterin mit den traurigen Augen, die ein paar Straßen von Marty entfernt wohnte. Soweit sie bisher wussten, und Faylene konnte aus dem Hausmüll mehr über einen Menschen herausfinden als jeder CIA-Agent, besaß Lily keinerlei Liebesleben.
Das Dumme war nur, dass es in der Gegend so wenige alleinstehende Männer gab, jedenfalls keine, die für eine attraktive und intelligente Frau infrage kamen. Die besten waren bereits vergeben, und die übrigen waren zu alt, zu jung, zu langweilig oder zu dumm.
In den letzten Jahren waren es ausgerechnet Daisy und Marty, also zwei vom ursprünglichen Kuppler-Trio, gewesen, die die beiden besten Kandidaten für sich selbst reserviert hatten. Daisy hatte Kell Magee geheiratet, der auf der Suche nach einem Verwandten nach Muddy Landing gekommen war, und Marty hatte sich den knackigen Zimmermann Cole Stevens geschnappt, den sie eingestellt hatte, um ihr Haus umzubauen.
Ich bin nicht neidisch, sagte sich Sasha. Wirklich nicht.
Gerade als sie gehen wollte, geriet sie mit einem ihrer Absätze zwischen zwei Holzbohlen des Verandabodens. Sasha ruderte mit den Armen in der Luft und griff nach dem Liegestuhl, der wegrutschte, sodass sie noch mehr das Gleichgewicht verlor. Ihr linkes Bein brannte vor Schmerz wie Feuer. Sasha versuchte sich noch abzufangen, bevor sie auf dem Po landete, und verletzte sich die Finger an dem Holzboden der Veranda.
„Verdammt, o nein! Hilfe! Mist, verdammter. Nein, nein, nein!“ Sie krümmte sich und hielt sich dabei mit einer Hand den Fußknöchel. Mit der anderen Hand wedelte sie wie wild herum. Der Absatz klemmte immer noch in der Spalte zwischen den Bohlen.
Das pinkfarbene Wildleder des zehn Zentimeter hohen Absatzes war ruiniert. Der Anblick trieb Sasha die Tränen in die Augen. Sie weinte aus Frust und vor Schmerz. Für diese Schuhe hatte sie eine ganze Menge bezahlt, denn nichts schmeichelte Frauenbeinen mehr als hohe Absätze. Besonders Frauen wie Sasha, die seit der fünften Klasse nicht mehr gewachsen waren, konnten auf solche optischen Hilfsmittel nicht verzichten. Schon in jungen Jahren hatte man Sasha gesagt, dass sie als Rothaarige kein Pink tragen solle, und so hatte sie ihren ganzen Ehrgeiz darangesetzt, bei jeder sich bietenden Gelegenheit etwas Pinkfarbenes anzuziehen, selbst wenn es nur pinkfarbene Steine in ihrem Schmuck waren.
Mit zitternden Fingern schaffte sie es, den Riemen des Schuhs zu lösen und ihren Fuß zu befreien. Die Schuhe waren sehr spitz, sahen jedoch so gut aus, dass Sasha normalerweise nicht einmal bemerkte, welche Qualen sie beim Tragen litt.
O Gott, ihr Knöchel schwoll bereits an. Noch dazu hatte Sasha sich drei Fingernägel abgebrochen und sich gleich eine ganze Reihe von Splittern eingezogen. Wahrscheinlich konnte sie sich jetzt auf eine Blutvergiftung gefasst machen. Wurde das Holz dieser Strandhäuser nicht mit Arsen behandelt? Vielleicht auch die Böden der Veranden?
Wenigstens schaffte sie es, das
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