JULIA COLLECTION Band 20
Gegen das Rasierwasser ihres Exverlobten war sie auch allergisch gewesen. Jerry hatte jeden Monat mehr Geld für Pflegeprodukte ausgegeben als Daisy im gesamten Jahr. Und sein Rasierwasser hatte er immer ausgiebig benutzt.
Magee war ganz anders. Er sah nicht wie ein Filmstar aus, aber seine Ausstrahlung war stärker als bei jedem Schauspieler, den Daisy jemals im Kino gesehen hatte.
Nein, sie wollte nicht weiter über seine Anziehungskraft nachdenken. Jedenfalls dann nicht, wenn schon ein paar tröstende Worte seiner tiefen, weichen Stimme ausreichten, um ein verräterisches Kribbeln in ihrem Bauch auszulösen.
Sie hatte noch nie leise weinen können. Wenn Daisy heulte, dann tat sie es laut, und jeder bekam es mit. Genau aus diesem Grund achtete sie auch darauf, allein zu sein, wenn sie weinen musste.
Das Ganze wurde auch dadurch nicht weniger peinlich, dass Kell ihr über den Rücken strich und dabei sanft und leise auf sie einredete. Langsam fuhr er ihr mit dem Kinn über den Kopf.
Wahrscheinlich sucht er den Ausknopf, dachte Daisy und atmete noch einmal tief durch. Gleich ziehe ich mich von ihm zurück, sagte sie sich. Nur noch ein paar Sekunden.
Vielleicht sollte sie ihn zuvor dazu bringen, die Augen zu schließen. Schon heute Morgen hatte sie rote verquollene Augen gehabt, und das war jetzt sicher noch schlimmer geworden. Ihr Haar sah sicher aus, als habe sie den Kampf mit einem verrückt gewordenen Föhn verloren.
„Ist es jetzt besser?“, erkundigte er sich leise. So wie er die Frau an sich drückte, spürte sie bestimmt, was gerade in ihm vorging.
„Vielen Dank für Ihre Geduld“, antwortete Daisy so würdevoll, wie es ihr unter diesen Umständen möglich war. „Wenn Sie hier fertig sind, kann Faylene Sie im Erdgeschoss herumführen.“ Sie zog sich zurück.
„Wieso zeigen Sie mir nicht das Erdgeschoss?“ Obwohl er leise sprach, war seine Entschlossenheit deutlich zu spüren.
„Weil ich noch im Dachgeschoss zu tun habe.“ Erst diese Kartons hier hatten Daisy daran erinnert, dass sie unter dem Dach noch gar nicht aufgeräumt hatte.
Er folgte ihr aus dem Zimmer und schloss die Tür. Dann deutete er mit einem Kopfnicken zu der schmalen Tür am anderen Ende des Flurs. „Geht es dort nach oben? Vielleicht befindet sich da ja noch etwas von meinem Dad. Wenn im Laufe der Jahre irgendetwas von ihm dort hinaufgebracht worden wäre, könnte es doch immer noch dort liegen, oder nicht?“
Er klang so nüchtern und sachlich, als hätte es die vergangenen Minuten nie gegeben.
Anstatt in Richtung Erdgeschoss steuerte er auf die Tür zum Dachboden zu. „Warum sehen wir uns das nicht gemeinsam an? Es dauert doch nicht lange.“
4. KAPITEL
Daisy fügte sich ins Unvermeidliche. Wenn Kell Magee erfahren hatte, was er wissen wollte, würde er wieder gehen. Wenigstens hatte sie sich jetzt wieder unter Kontrolle, auch wenn sie bestimmt eine rote Nase, geschwollene Augenlider und eine Frisur wie ein Heuhaufen hatte.
Der ganze Tag war bereits grauenvoll gewesen, wovor fürchtete sie sich dann noch? Eigentlich hatte sie gleich nach der Beerdigung etwas schlafen und anschließend zusammen mit Faylene einen weiteren Schrank ausräumen wollen. Doch dann waren Marty und Sasha aufgetaucht und fast eine Stunde lang geblieben. Gerade als die beiden wieder gegangen waren, war dieser sexy Fremde mit den blauen Augen und der aufregenden Stimme gekommen.
Jedenfalls konnte Daisy auf weitere Aufregungen an diesem Tag gut verzichten. „Sie können sich ja schnell umsehen, aber da ist wirklich nichts Aufregendes. Das typische Gerümpel auf einem Dachboden. Sie wissen schon.“
„Ehrlich gesagt, weiß ich das nicht. Da, wo ich aufgewachsen bin, gab es keinen Dachboden.“
Jetzt kommt auch noch die Mitleidstour, dachte Daisy entnervt und betrachtete den Mann vor sich, der bestimmt fast eins neunzig groß war und sie jetzt jungenhaft anlächelte. Leider wirkte es, auch wenn sie die Masche durchschaute. „Na, wenn es unbedingt sein muss. Aber schnell, denn ich habe heute wirklich noch viel zu tun.“
Die Stufen waren schmal und steil. Auf halber Höhe musste man an einer Kordel ziehen, um die einzige Glühbirne unter dem Dach anzuschalten.
„Passen Sie auf!“, rief Daisy noch, doch es war bereits zu spät.
Kell war ihr vorausgegangen und über den Schaukelstuhl gestolpert, gegen den Daisy bereits am Vortag gestoßen war, als sie hier oben nach leeren Kartons gesucht hatte.
Kell rieb sich das Schienbein. „Das Ding
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