Julia Collection Band 21
nicht mehr kurz zu schneiden. Sie hatte lieber nicht darüber nachgedacht, um wie viele Zentimeter ihr Haar noch wachsen würde, bevor ihre Frisur ihm gleichgültig wurde.
Der Abendbrottisch war draußen auf der Terrasse gedeckt. Es war sehr schön. Bunte Glaslaternen hingen in den Ästen des Feigenbaums, und Kerzen leuchteten inmitten von Kristallgläsern und vergoldetem Porzellan. Auf einer tieferen Ebene, umgeben von Pflanzen, entdeckte Hillary einen im Mondlicht schimmernden Pool.
Es war Roels Villa. Manchmal besuchte er sie nur einmal im Jahr, in manchen Jahren gar nicht. Überall auf der Welt besaß er eine enorme Anzahl an Immobilien. Er mochte keine Hotels. Selbst hier, in einem der entlegenen Orte der Insel, hatte er die besten Bediensteten und stets einen Koch, der köstliche Mahlzeiten zauberte. Innerhalb dieses Kokons aus fast unvorstellbarem Reichtum hielt er ein Maß an Freiheit und Komfort für selbstverständlich, von dem andere Menschen höchstens träumen konnten. Er hatte die absolute Kontrolle. Wie würde er wohl auf das, was Hillary ihm zu sagen hatte, reagieren? Auf eine Situation, über die sie ihm keine Kontrolle geben durfte. Ihre Lippen bebten, so aufgewühlt war sie innerlich.
Roel kam zu ihr. „Dreh dich um“, forderte er sie auf.
Ein wenig steif gehorchte sie.
„Du siehst wundervoll aus“, gestand er mit einer Offenheit, die sie aufregend schmeichelhaft fand. „Sei froh, wenn ich mich bis zum Ende unseres Essens zusammenreißen kann.“
In der folgenden spannungsgeladenen Stille trank sie rasch einen Schluck Mineralwasser, da ihr Mund wie ausgetrocknet war. Sie fühlte sich elend. Am liebsten hätte sie sich Roel in die Arme geworfen und sich an ihn geschmiegt, um ihr Glück noch länger festzuhalten.
„Du bist in den letzten Tagen sehr nachdenklich gewesen“, sagte Roel.
Beunruhigt schaute sie auf. „Ich … tja, also …“
„In der einen Minute lächelst du fröhlich, in der nächsten wirkst du traurig und niedergeschlagen. So bist du eigentlich nicht, also tippe ich darauf, dass sich deine Periode ankündigt.“
Hillary zuckte zusammen und wappnete sich. „Ich habe dir etwas zu sagen“, begann sie rundheraus.
9. KAPITEL
Ein unerwartetes Lächeln breitete sich auf Roels hübschem Gesicht aus. „Versteh das nicht als Kritik. Als eher sachlicher Mann finde ich deinen Hang zum Dramatischen faszinierend. Aber können wir erst essen? Ich muss gestehen, dass ich sehr hungrig bin.“
Hillary biss sich nervös auf die Lippe. Seine natürliche Ausstrahlung und seine Zuversicht, dass sie nichts von allzu großer Bedeutung zu sagen habe, brachten sie völlig aus dem Konzept. Benommen setzte sie sich an den Tisch. Beim Hauptgang fielen ihre Antworten sehr einsilbig aus.
„Wenn du so still wirst, mache ich mir Sorgen“, bemerkte Roel.
„Manchmal rede ich zu viel“, meinte sie unbehaglich.
Roel strich mit dem Zeigefinger über ihre verschränkten Finger, die auf der makellosen Tischdecke ruhten. „Offenbar habe ich mich in meiner Annahme geirrt, das, was du mir zu sagen hast, könne ruhig auf später verschoben werden.“
„Ja …“ Hillary schluckte. „Aber es ist nichts, worauf du selbst gekommen wärst, und ich …“
Ein wildes Flackern trat in seine Augen. „Hast du etwa mit dem Kerl geschlafen, den ich in London vor deiner Tür erwischt habe?“
Dieser Verdacht schockierte sie. „Gareth? Nein, selbstverständlich nicht!“
„Ich gehe nur schon mal die schlimmsten Möglichkeiten durch“, rechtfertigte Roel sich mit ausdrucksloser Miene.
„Würdest du mir bitte zuhören, bevor du etwas sagst?“, bat sie unsicher.
„Es ist sonst nicht meine Gewohnheit, anderen Leuten über den Mund zu fahren.“
„Sei bitte nicht wütend auf mich. Ich weiß, das wird schwer, aber sei nicht wütend auf mich“, flehte sie beinah und verachtete sich für ihre Schwäche. „In gewisser Hinsicht sind wir beide verantwortlich.“
Bei diesen Worten presste er die sinnlichen Lippen zusammen und sah sie mit zusammengekniffenen Augen an. „Um was geht es? Meine Geduld hat Grenzen.“
„Ich bin …“ Sie spielte mit der Gabel in ihrer Hand und legte sie hin. Sie fühlte sich schwach vor Angst und Hunger, weil sie keinen Bissen herunterbekommen hatte. „Ich bin schwanger … es ist in der ersten Woche passiert, in der wir zusammen waren.“
Roel wurde blass.
„Ich kann mir gut vorstellen, dass du geschockt bist. Mir ging es nicht anders“, räumte sie nervös
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