Julia Collection Band 23
Achseln. „Kein Problem – Schnee von gestern, wie man so sagt.“
Ist es das wirklich?, fragte sie sich.
„Die Frage ist …“, seine Stimme hatte aufs Neue einen gereizten Unterton, „… wie mache ich Molly und Lachlan und Fiona verständlich, dass sie sich irren? Dass ich nicht verliebt bin?“
Man könnte meinen, er spricht von einer ansteckenden Krankheit, dachte Sydney. Plötzlich war auch sie gereizt, obwohl sie nicht wusste, warum. „An Ihrer Stelle würde ich gar nichts sagen. Lassen Sie sie denken, was sie wollen.“
„Das heißt, Sie müssen fürs Nächste bleiben.“
„Und?“
Er presste die Lippen zusammen.
„Gestern hatte ich nicht den Eindruck, dass ich Ihnen so zuwider bin.“
„Ich habe nicht gesagt, dass Sie mir zuwider sind. Nur …“
Wie sollte sie das verstehen? War sie es, oder war sie es nicht? Bei ihm wusste man nicht, woran man war – wie anstrengend! Sie zwang sich, ruhig zu bleiben.
„Heirat kommt nicht infrage“, sagte er.
Sydney blieb der Mund offen stehen. „Schon wieder! Sehe ich aus, als wollte ich Sie unbedingt zum Traualtar schleppen?“
„Ich will, dass Sie wissen, woran Sie sind.“
„Danke für den freundlichen Hinweis“, erwiderte sie eisig.
Darauf reagierte er nicht. „Und sobald meine irregeleitete Familie einsieht, dass ich wegen Carin nicht an gebrochenem Herzen zugrunde gehe, beenden wir die Komödie, und Sie reisen ab.“
„Ich ziehe aus, aber ich reise nicht ab.“
„Doch, das werden Sie.“ Er stand auf und blickte sie finster an.
„So? Wenn ich will, bleibe ich. Wir können …“
„Nein. Pelican Cay ist ein Dorf, das haben Sie heute selbst gesehen. Jeder glaubt, wir sind zusammen, und davon lassen sie sich nicht abbringen.“
„Aber …“
„Kein Aber. Ein oder zwei Wochen können wir so tun, als ob, aber nicht länger. Danach gehen Sie.“
„Ich kann …“
„Nein. Denn auf Dauer werden Sie nicht bleiben, dass wissen Sie selbst am besten. Sie sind die Frau mit der ‚glänzenden Zukunft‘, falls Sie das vergessen haben. Das Einzige, worum es Ihnen geht, ist, Ihrem Roland einen Denkzettel zu verpassen.“
Sydney schwieg. Es hatte keinen Zweck, weiter mit ihm zu diskutieren. Roland sollte büßen, das war richtig. Aber das war nicht alles. Worum es ihr ging, war, sich selbst zu finden, sie selbst zu werden, nicht einer „glänzenden Zukunft“ nachzulaufen.
Die Insel gefiel ihr, mit allem, was dazugehörte: die weißen Strände und das türkisblaue Meer; die pastellfarbenen Häuser und die kleinen Läden, die sandigen Straßen, der idyllische Hafen … Aber vor allem gefielen ihr die Menschen. Sie waren freundlich und hilfsbereit und stets füreinander da; von der kalten Anonymität der Großstadt war hier nichts zu spüren.
McGillivray zum Beispiel: Jeder kannte ihn, jeder mochte ihn, alle – nicht nur seine Familie – nahmen an seinem Leben Anteil. Jeder, dem Sydney begegnet war – Tony, der Besitzer des kleinen Cafés, Stella vom Cotton Shop, die alte Miss Saffron, die Strohhüte flocht –, alle hatten sie das Gleiche zu ihr gesagt: „Ah! Sie also sind Hughs Freundin? Er ist so ein lieber Mensch.“
Seitdem hatte Sydney ihre Meinung über ihn etwas geändert. Gleichzeitig war sie ein wenig neidisch: Sie wünschte sich, dass jemand für sie die gleiche Zuneigung und Anteilnahme empfinden würde.
„Kommt Zeit, kommt Rat“, sagte sie jetzt.
Er ließ nicht locker. „Das ist nicht genug.“
Sie seufzte leise. „Wenn es so weit ist, gehe ich.“
„Was soll das heißen, wenn es so weit ist?“
„Es heißt, dass wir beide wissen werden, wann der Zeitpunkt dafür gekommen ist.“
Sie schwiegen und sahen sich an.
Da war es wieder, dieses Knistern – und dazu etwas anderes. Etwas, das tiefer ging.
In Gedanken sah sie sein Gesicht vor sich, als er schlafend neben ihr lag. Sie erinnerte sich an die Wärme, die von ihm ausgegangen war, und an das Gefühl von Sicherheit, das er ihr gegeben hatte.
Er schluckte, und sie fragte sich, woran er in diesem Moment dachte.
„Ich hoffe nur …“, sagte er nach einer Weile, „… dass Sie bei Ihrem Großreinemachen nicht vergessen haben, das Gästezimmer herzurichten.“
6. KAPITEL
Sydney war in ihrem Schlafzimmer und Hugh in seinem.
Obwohl er das Bett für sich allein hatte, fand er keine Ruhe. Nicht nur Sydney, alles Mögliche ging ihm heute durch den Kopf: wie er sich sein Leben vorstellte, was er eigentlich wollte, was er bisher erreicht hatte.
Meistens
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