Julia Collection Band 26
überzeugt, dass sie mich gehen lassen werden.“
Ned stöhnte und warf die Arme in einer melodramatischen Geste in die Luft. Dann stand er von seinem Drehstuhl auf, ging um seinen Schreibtisch herum, der mit Papieren übersät war, und blieb vor Sarah stehen. Er schob sich die Brille auf die Nase und sah sie an, als müsste er ihr in die Augen schauen, bevor er ihr glauben konnte.
„Willst du wirklich gehen? Nach der ganzen Zeit?“
Sarah nickte. Sie war entschlossen, die Sache durchzuziehen. Sie hatte keine andere Wahl.
Ned seufzte laut und stemmte die Hände in die Hüften. „Die Stadt wird das kaum verkraften.“
„Kann sein, aber nur, weil ich schon so lange hier bin und weil sich alle an mich gewöhnt haben.“
„Nein, nicht nur deshalb. Wir werden nie wieder eine Lehrerin bekommen, die die Kinder so sehr liebt wie du.“
„Natürlich werdet ihr das.“
„Und was ist mit deiner Kummerkastenkolumne?“ Ned strich sich ratlos über die Glatze. „Sarah, ich habe keine Ahnung, wie ich jemand finden soll, der so guten Rat erteilt wie du. Du hast dafür ein Riesentalent. Die ganze Gegend hängt an deinen Lippen.“
Aber jetzt muss ich meinem eigenen Rat folgen.
„Ich folge nur meinem gesunden Menschenverstand, Ned. Und das weißt du auch.“
„Aber du schaffst es immer, den Menschen ein gutes Gefühl zu vermitteln – selbst wenn sie furchtbar dumme Fehler gemacht haben“, erwiderte Ned. „Du bist ein verdammtes Genie. Die meisten Leute glauben, dass ich jemand aus dem Süden engagiert hätte, um ihre Briefe zu beantworten, irgendeine smarte Psychologin aus der Großstadt.“
„Ja, aber nicht, weil ich ein Genie bin, sondern weil sie glauben wollen, dass der Rat von einer Expertin stammt. Wir wissen beide, wie furchtbar enttäuscht sie wären, wenn sie herausfinden würden, dass die Kummerkastentante niemand anders als die Frau ist, die ihre Kinder unterrichtet.“
„Das ist doch völlig egal. Du bist einfach verdammt gut.“
Sarah sah zu Boden, um Neds flehendem Blick zu entgehen. Nichts an diesem Umzug würde einfach sein. Eigentlich wollte sie ja gar nicht von hier weg. Es würde ihr sehr schwerfallen, die kleine Schule zu verlassen. Bestimmt würde sie ihre siebzehn Schüler schrecklich vermissen. Sie liebte jeden einzelnen von ihnen – sogar die frechen, besonders die frechen.
Und ihr war klar, dass es den Leuten aus Mirrabrook leidtun würde, sie zu verlieren, denn schließlich war sie ein Teil ihres Lebens geworden. Aber wenn sie ihr eigenes Leben zurückerobern wollte, musste sie sich von Reid trennen.
„Es wird Zeit für mich, zu gehen, Ned. Die Entscheidung ist mir nicht leicht gefallen, aber letztlich habe ich keine andere Wahl.“
Er runzelte die Stirn, und es sah so aus, als würde er auf eine Erklärung warten. Als von Sarah nichts kam, fragte er: „Was ist mit Reid? Was sagt er dazu?“
Seltsam, dass die Menschen, die sie gut kannten, Reid noch immer als ihren Freund betrachteten. In dieser Stadt waren sie immer noch Sarah-und-Reid – ein Paar, das bestimmt eines Tages heiraten würde. Wieso wollte eigentlich niemand der Wahrheit ins Gesicht sehen?
Sie rang sich ein Lächeln ab und zuckte die Schultern. „Reid nimmt es gelassen.“ Ohne Neds Kommentar abzuwarten, fuhr sie rasch fort: „Hast du eigentlich meine Antworten für die Kolumne bekommen, die ich dir diese Woche gemailt habe?“
„Ja, danke. Ich hatte noch keine Gelegenheit, sie zu lesen, aber ich bin sicher, sie sind okay.“ Er warf einen Blick auf den Papierstapel auf seinem Schreibtisch. Dann schnitt er ein Gesicht und strich sich über den Bauch, als hätte er Magenschmerzen. „Bestimmt wird die Auflage zurückgehen, wenn du nicht mehr da bist.“
„Kein Grund zur Panik, Ned. Du hast genug Zeit, um über einen Ersatz nachzudenken. Vor Ende des Schuljahrs werde ich sowieso nicht gehen.“
Das schien ihn ein wenig aufzuheitern. „Heißt das, du wirst bei Annie McKinnons Hochzeit mit dabei sein?“
„Ja.“ Insgeheim zuckte Sarah zusammen, aber sie zwang sich zu einem Lächeln. Vor ein paar Monaten hatte sie einen aufgeregten Anruf von Annie aus Rom erhalten. Sie atmete tief durch, um sich zu beruhigen. Denn immer wenn sie an Annies Hochzeit dachte, wurde sie unglaublich eifersüchtig. Warum hatten Kane und Annie keine Sekunde gezögert, als es darum ging, zu heiraten, während Reid …
Nein, sie würde darüber nicht länger nachdenken. „Annie hat mich gebeten, ihre Brautjungfer zu
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