Julia Collection Band 26
silbergrauen Augen geschaut und war schwach geworden. Schon wieder.
„Ja, Reid, ich helfe dir gern.“
Idiot.
Später hatte sie versucht, ihre Schwäche vor sich selbst zu rechtfertigen. Sie redete sich ein, sie habe nur deshalb eingewilligt, Reid zu helfen, weil seine Schwester Annie sich immer noch in Italien aufhielt und weil sein Bruder Kane mit seiner englischen Braut nach Lacey Downs umgezogen war. Damit mangelte es Southern Cross an Arbeitskräften. Aber natürlich war ihr klar, dass Reid auch ohne sie zurechtkäme. Er brauchte nur ein paar zusätzliche Viehtreiber zu engagieren.
Reid hatte gemeint, Sarah sei deshalb so unverzichtbar, weil sie das Land so gut kenne. Sie konnte den Busch nach Vieh durchkämmen, das vom Weg abgekommen war, ohne sich zu verirren. Aber das war nicht der Grund, warum sie mit dabei war. Um ehrlich zu sein, waren ihr seine Gründe völlig egal, sie hätte ihm unter allen Umständen geholfen. Sarah war schwach wie ein Kind, was Reid betraf. Sie war seit zehn Jahren so.
Zehn Jahre. Oh, Mann! Der Gedanke, dass sie eine Dekade ihres Lebens, von siebzehn bis siebenundzwanzig, damit verschwendet hatte, erschreckte sie. Dies waren die Jahre, in denen eine Frau angeblich am schönsten und attraktivsten ist. Sie hatte sie damit verbracht, darauf zu warten, dass Reid McKinnon wieder zur Vernunft kommen und akzeptieren würde, dass er sie liebte.
Obwohl … wenn sie fair und ganz ehrlich war, musste sie zugeben, dass diese zehn Jahre keine völlige Zeitverschwendung gewesen waren, vielmehr ein sehr langsam verlaufender Lernprozess.
Am Ende stand die schmerzliche Erkenntnis, dass das, was einmal als wunderbare Freundschaft begonnen und sich dann zu einer betörenden Romanze zwischen ihr und Reid entwickelt hatte, den Bewährungsproben der Zeit nicht hatte standhalten können.
Etwas war falsch gelaufen. Etwas, das nicht mehr zu revidieren war. Etwas, das Reid unglaublich verletzt haben musste.
Was auch immer passiert war, es musste so schmerzlich gewesen sein, dass er nie in der Lage gewesen war, es ihr zu erklären, auch wenn es Momente gegeben hatte, da sie sicher gewesen war, er habe es ihr erzählen wollen. Sie hatte ihn nicht dazu gedrängt, ihre Fragen zu beantworten, weil sie instinktiv gespürt hatte, dass es nur noch schlimmer und unangenehmer für sie beide geworden wäre, wenn sie ihn herausgefordert hätte. Ihre Strategie war gewesen, sich mit dem Zweitbesten zufrieden zu geben – mit seiner Freundschaft statt mit seiner Liebe –, in der Hoffnung, dass er einfach nur Zeit brauchte.
Und jetzt nahm sie schon wieder an einem Zusammentreiben der Viehherde auf Southern Cross teil, nur weil Reid sie dazu eingeladen hatte.
Plötzlich vernahm sie einen Schrei und sah auf. Reid winkte ihr mit seinem Akubra zu und signalisierte ihr, dass sie sich der Herde mehr nähern mussten, um sie zusammenzuhalten. Das bedeutete, die Leittiere mussten kurz vor den Pferchen sein.
Wenn das Vieh in Panik geriet, versuchten die Rinder oft auszubrechen, sobald sie sich den Gattern näherten. Also war es Zeit, ihren albernen Kummer zu vergessen und sich auf die Arbeit zu konzentrieren.
Reid bewachte bereits das Gatter, während zwei andere Viehtreiber sich rechts und links von ihm aufstellten. Sarahs Aufgabe bestand darin, hinter den Rindern zu bleiben und darauf zu achten, dass keines ausbrach.
Über den Rücken der riesigen Herde hinweg beobachtete sie, wie geschmeidig Reid von seinem Pferd absaß. Für einen Mann aus dem Busch war dies so normal wie das Atmen. Als er am Boden stand, konnte sie nur den oberen Teil von ihm sehen – seinen alten Akubra und das blaue Hemd, das sich über seinen Muskeln spannte, als er seinen Hengst am Zügel nahm. Dann hörte sie, wie das Gatter geöffnet wurde.
Sarah bewegte sich mit ihrem Pferd zwischen den Tieren hin und her, sie trieb es dazu an, das streunende Vieh wieder zur Herde zurückzutreiben. Erst als sie den Eindruck hatte, dass alles glatt lief, erlaubte sie sich, daran zu denken, was als Nächstes geschehen würde.
Reid würde sie ins Haus einladen, um mit ihr und den anderen Viehtreibern zu Abend zu essen. Aber sollte sie die Einladung annehmen, wie sie es bisher immer getan hatte?
Es war ein Vergnügen, nach der ganzen Aktion duschen und den ganzen Staub abwaschen zu können, bevor sie wieder in ihr kleines Haus in der Stadt zurückkehrte. Und es war mehr als ein Vergnügen, ein paar Stunden in Reids Gesellschaft zu verbringen, mit ihm zu
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