Julia Collection Band 26
Lieblingsbeschäftigungen gewesen.
Jetzt sah sie ihn tadelnd an. „Verdirb uns doch nicht den Spaß!“
Mel blickte gespannt von einem zum anderen und wartete auf die Entscheidung.
Schließlich gab Reid nach. „Also gut, dann lies den Brief vor, wenn es unbedingt sein muss.“
„Okay, dies ist das Problem von Es reicht.“ Mel räusperte sich. „‚Ich bin seit vielen Jahren in einen Mann verliebt, und obwohl ich weiß, dass er einmal sehr viel für mich empfunden hat, will er jetzt nur noch mit mir befreundet sein. Er ist ein wunderbarer Mann und war auch immer mein bester Freund. Aber ich kann mich mit seiner Freundschaft allein einfach nicht zufrieden geben.
Er hat mir nie verraten, warum sich seine Gefühle für mich geändert haben. Soweit ich weiß, gibt es keine andere Frau. Aber finden Sie nicht auch, dass es dumm von mir ist, Jahr für Jahr auf ihn zu warten und darauf zu hoffen, dass er sich wieder in mich verliebt?‘“
Mel grinste. „Muss sie das wirklich fragen? Was für ein hoffnungsloser Fall! Kennt ihr irgendjemand, auf den diese Beschreibung zutrifft?“
Sekundenlang herrschte Schweigen. Mel runzelte die Stirn. „Annie, was ist denn los?“
Reid hörte Annies Antwort nicht mehr. Er war so schnell aufgesprungen, dass sein Stuhl eine große Schramme auf den Parkettboden machte. Aber er vernahm noch schwach die besorgte Frage seiner kleinen Schwester: „Reid, bist du okay?“
Natürlich war er nicht okay. „Ich … Mir ist nur gerade eingefallen, dass ich … dass ich etwas vergessen habe.“ Er ignorierte Annies beunruhigten Blick, wandte sich abrupt um und trat aus dem Zimmer hinaus auf die Veranda. Dort schlug er die Tür hinter sich zu und lehnte sich gegen die Wand. Sein Herz klopfte wie wild.
Bestimmt hatte Sarah den Brief geschrieben. Es konnte niemand anders sein. Er holte tief Atem und versuchte, sich zu beruhigen. Vielleicht war der Brief doch nicht von ihr. Schließlich konnte ihr nicht daran gelegen sein, dass ihr Problem in der Öffentlichkeit diskutiert wurde, oder?
Aber es war sinnlos, darüber zu spekulieren. Tief in seinem Innern wusste er, dass der Brief von Sarah stammte. Das arme Mädchen war so verzweifelt gewesen, dass ihm gar nichts anderes übrig geblieben war, als eine Kummerkastentante um Rat zu bitten. Bestimmt dachte Annie das Gleiche. Und wahrscheinlich hatte selbst Mel erraten, dass er in die Geschichte verwickelt war. Wer außer den beiden würde wohl noch darauf kommen?
Er löste sich von der Wand, ging hinüber zum Geländer, stützte sich auf und betrachtete die Koppel. Er hätte Sarah schon lange freigeben müssen, bevor es so weit kommen konnte.
Entsetzt ließ er sich auf die Treppenstufen nieder und blickte hinaus auf den schweigsamen Busch. Wolken zogen am Neumond vorbei, der nur eine dünne silberne Scheibe war. Die dunklen Silhouetten der Gummibäume hoben sich gegen den metallisch grauen Nachthimmel ab. Unten am Fluss sang ein Brachvogel sein klagendes Lied.
Und Reid kämpfte mit seiner Verzweiflung.
Der Tag, an dem er sich stellen musste, war gekommen. Der Tag, den er erwartet und gefürchtet hatte. Der Tag, an dem Sarah die Geduld verlieren würde. Sehr bald würde sie bestimmt auch ihre Freundschaft beenden wollen. Und sie hatte alles Recht dazu. Um ihrer selbst willen hätte sie das schon lange tun sollen.
Aber wie konnte er es ertragen, sie zu verlieren?
Entsetzt merkte Reid, wie seine Lippen bebten. Er war den Tränen nahe. Er schüttelte sich und versuchte, sich wieder unter Kontrolle zu bekommen. Aber er fühlte sich genauso verloren und elend wie an jenem Tag, an dem der ganze Albtraum begonnen hatte. Der Tag, an dem man ihn dazu gezwungen hatte, seine Rolle als ihr Liebhaber aufzugeben.
Damals hatte es ihn fast umgebracht, der Frau, die er liebte, so wehzutun. Aber in den Tagen der Verzweiflung nach dem Tod seines Vaters war seine ganze Welt auf den Kopf gestellt worden. Es war die allerschlimmste Zeit seines ganzen Lebens gewesen – die dunkle Nacht der Seele.
Im Schutz der Dunkelheit wünschte er sich, wie schon oft zuvor in den letzten sechs Jahren, er könnte Cob McKinnon um Rat fragen. Er war so viel mehr für ihn gewesen als nur ein Vater. Er war sein Held gewesen, ein ganz besonderer Freund, den er geliebt hatte, sein allerbester Kumpel.
Cob war ein starker Mann gewesen, ein zäher Schotte, den das Leben im harten australischen Busch noch zäher gemacht hatte. Unter den Viehzüchtern im Star Valley galt er als
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