Julia Collection Band 26
einer Hand durch das lange Haar und wickelte sich eine Strähne um den Finger. Was dachte ihre Freundin?
„Bist du dir ganz sicher, dass du das Richtige tust?“, fragte Annie schließlich.
Sarah holte tief Luft. „Ich bin mir sicher, dass ich das tun muss.“
„Ja, offensichtlich. Denn sonst hättest du ja nie diesen Brief geschrieben und dir als Kummerkastentante auch noch selbst geantwortet.“
Sarah konnte ihre Überraschung nicht verbergen. „Hast du gewusst, dass ich die Antwort geschrieben habe?“
„Nein, damals noch nicht, aber ich habe es mir zusammengereimt. Ned Dyson hat mir gesagt, er würde jemand Neuen suchen, um die Briefe zu beantworten. Da wurde mir klar, dass ihr beide, du und die Kummerkastentante, die Stadt zum selben Zeitpunkt verlasst. Danach war es nicht mehr schwer, zwei und zwei zusammenzuzählen.“
„Oh, verdammt! Ich frage mich, mit wem Ned sonst noch gesprochen hat. Hat er gehofft, dass du meine Nachfolgerin wirst?“
„Himmel, nein! Könntest du die Kolumne nicht trotzdem weiterführen? Ned könnte dir die Briefe doch mailen.“
„Nein, ich steige aus dem Job aus.“
„Aber du hast das so toll gemacht! Ich habe dich auch einmal um Rat gebeten, weißt du das überhaupt?“
Sarah lächelte. „Ja, ich weiß.“
„Wirklich? Du wusstest, dass der Brief von mir war?“
„Ja. Du wolltest einen Rat wegen eines Rendezvous im Internet.“
Es herrschte zunächst verblüfftes Schweigen, dann sagte Annie: „Das beweist nur wieder, wie schlau du bist, Sarah. Wenn du mich nicht ermutigt hättest, nach Brisbane zu fahren, hätte ich Theo nie kennengelernt.“
„Ich bin sehr froh, dass alles so gut für dich ausgegangen ist. Aber ich habe genug von dem Job. Wie kann ich so tun, als wäre ich klug, wenn mein eigenes Leben ein einziges Durcheinander ist?“
„Ist Davonlaufen etwa die richtige Antwort?“
Sarah zuckte zusammen. Es war vielleicht nicht die richtige Antwort, aber welche Möglichkeit hatte sie schon? Tief in ihrem Inneren wünschte sie sich einen Rat von jemand anderem, jemand Klugem, jemand, der ihr Problem von einer neuen Perspektive aus betrachtete. Sie hatte ihren Kummer nun schon so lange allein mit sich herumgetragen, dass sie inzwischen den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr sah.
„Ich weiß es nicht, Annie“, gab sie zu. „Wahrscheinlich ist Davonlaufen ein Risiko. Aber das Leben ist nun einmal ein einziges großes Risiko, findest du nicht?“
8. KAPITEL
Die Neuigkeit von Sarahs Versetzung sprach sich in Windeseile herum. Die Elternversammlung von Mirrabrook beschloss, eine große Abschiedsparty für Sarah zu geben. Außerdem wurde sie von vielen Familien aus dem Bezirk mit Einladungen zum Abendessen überhäuft.
Im Klassenzimmer verbrachte sie viel Zeit damit, ihren Schülern die neue Lehrerin vorzustellen. Sie legte den Kindern ans Herz, diese Veränderung als einen wichtigen Lernprozess auf dem Weg zum Erwachsenwerden zu betrachten. Es hatte anscheinend funktioniert, denn im Verlauf der nächsten Woche beruhigte sich selbst Danny Tait allmählich.
Zu Hause hatte sie alle Hände voll zu tun. Entweder war sie damit beschäftigt, ihr Hab und Gut in Kisten zu verpacken, oder sie schlug sich mit den unzähligen Fragen ihrer Mutter am Telefon herum.
„Ich bin ja so aufgeregt“, sagte ihre Mutter immer wieder. „Es wird herrlich sein, dich in der Nähe zu haben.“
Das klang schon besser als alles, was sie vorher gesagt hatte. Bis vor ein paar Tagen hatte Judith Rossiter versucht, ihre Tochter davon zu überzeugen, dass sie zu ihnen in ihre Wohnung ziehen sollte. Aber Sarah war inzwischen zu unabhängig dafür. Bei ihrer Geburt waren ihre Eltern bereits in den Vierzigern gewesen, und obwohl ihre Ankunft eine freudige Überraschung gewesen war, hatten sie sich an den Lebensstil der jüngeren Generation nie ganz gewöhnen können.
„Ich habe nie verstanden, warum du dich so lange in Mirrabrook vergraben wolltest“, sagte Judith in diesem Moment.
„Aus demselben Grund, warum du dreißig Jahre lang in Wirralong gewohnt hast.“
„Aber ich war dort verheiratet, Liebes.“
Gespannte Stille folgte, dann fragte ihre Mutter: „Was ist mit Reid? Was hält er von deiner Versetzung?“
„Keine Ahnung. Ich habe noch nicht mit ihm darüber gesprochen.“
Am anderen Ende der Leitung erklang ein dramatisches Seufzen. „Bedeutet das, du hast deine Chancen bei diesem netten Mann zunichte gemacht?“
„Mmm.“
„Heutzutage haben die jungen Leute
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