Julia Collection Band 26
hast ausschließlich nur mit ihr getanzt“, sagte Jessie, als ob sie sich für ihre Beobachtung verteidigen müsste.
Er stieß einen langen, müden Seufzer aus und sah zur Seite.
„Als ich euch beide gestern Abend gesehen habe, hatte ich das Gefühl, als hättet ihr alles geklärt.“
„Ja, das haben wir auch.“
„Aber die arme Sarah ist weggefahren, und du siehst so schlecht aus wie nie zuvor. Dann war eure Aussprache wohl nicht sehr befriedigend, oder?“
„Das Leben ist nicht immer befriedigend, dafür gibt es keine Garantie.“ Plötzlich erkannte Reid, dass er schon genau wie Sarah klang.
„Reid, ich mache mir Sorgen um dich. Was ist los? Was ist schiefgelaufen? Du hattest doch immer so gute Laune. Kannst du dich noch an all die Streiche erinnern, die du und Kane gemacht habt? In diesem Haus wurde immer so viel gelacht. Ich kann es nicht ertragen, dich so unglücklich zu sehen.“
„Es ist alles in Ordnung.“ Er seufzte. „Ich brauche nur ein paar Tage allein für mich im Busch. Bitte, mach dir meinetwegen keine Sorgen. Ich muss einfach nur mal raus.“
Damit hatte er sie stehen lassen und war zur Koppel marschiert, ohne sich auch nur einmal nach ihr umzuschauen.
Es gab noch viel Schreibarbeit für Sarah zu erledigen, bevor sie abreisen konnte. Die Semesterarbeiten mussten geschrieben, das Budget für das nächste Schuljahr erstellt werden. Außerdem musste sie für ihre Nachfolgerin Hintergrundinformationen über jeden ihrer Schüler liefern, und es gab einen großen Stapel fachlicher Dokumente, die sie in Akten abzulegen oder nach Brisbane zu schicken hatte.
Glücklicherweise erkannten ihre Vorgesetzten, dass sie als Lehrerin und Direktorin der Schule Unterstützung brauchte, und schickten ihr eine Kollegin, die sie an zwei Tagen in der Klasse vertreten würde, während sie die Büroarbeiten erledigte.
Die Bezeichnung Büro war etwas übertrieben, denn es handelte sich um ein winziges fensterloses Zimmer im hinteren Teil des Schulgebäudes. Es war so klein, dass es um vier Uhr am Nachmittag keine einzige freie Stelle mehr gab, wo keine Aktenordner standen.
Aber Sarah war froh über die langweilige Schreibarbeit. Solange sie sich um den ganzen Bürokram kümmerte, konnte sie über nichts anderes nachdenken. Lange Zeit gelang es ihr, den Gedanken an Reid zu verdrängen.
Am ersten Tag hatte sie zwar große Fortschritte gemacht, aber gegen Abend merkte sie, dass sie unglaublich müde war. Schlaflose Nächte, hektische Tage, Stress, Stress, Stress. Wenn sie an der Küste eintraf, würde sie wahrscheinlich ein Wrack sein.
Am liebsten wäre sie nach Hause gegangen, hätte dort einen Snack in die Mikrowelle gestellt und versucht, nach dem Essen früh ins Bett zu gehen. Aber leider stand ihr ein weiteres Abschiedsdinner bevor – diesmal mit Ned Dyson. Sie war froh, nicht kochen zu müssen, aber diese Dinner waren gar nicht so leicht. Ned und seine Frau standen ihr so nah wie ihre eigene Familie, und sich von ihnen zu verabschieden würde bestimmt keine Freude sein.
Während sie noch mehr Papiere in Akten ablegte, vernahm sie plötzlich Schritte. Dann erklang eine Frauenstimme.
„Oje, ich fürchte, wir stören Sie.“
Überrascht erblickte Sarah Jessie McKinnon und ihre Schwester, die im Türrahmen standen. Ihr Herz schlug schneller.
„Hallo.“ Sarah rang sich ein Lächeln ab. „Bitte entschuldigen Sie die Unordnung. Mein … in meinem Büro sieht es nicht immer so aus.“
„Wir wussten, dass Sie sehr beschäftigt sind, Sarah“, sagte Jessie. „Deshalb haben wir auch bis nach Schulschluss gewartet. Aber Sie ersticken ja förmlich in Aktenbergen.“
Sarah war viel zu überrascht über ihr plötzliches Erscheinen, um nicht die Wahrheit zu sagen. „Ach, so schlimm ist es nicht. Eigentlich bin ich für heute fertig.“
Das schien Jessie zu ermutigen, sie machte einen Schritt ins Zimmer. „Haben Sie etwas dagegen, wenn wir uns ein wenig unterhalten?“
Ja, natürlich hatte sie etwas dagegen. Sie wollte so viel Distanz wie möglich zwischen sich und den McKinnons halten. Der unerwartete Besuch der beiden Damen musste mit Reid zusammenhängen, und sie wusste nicht, ob sie die Kraft hatte, weitere Informationen über ihn zu verkraften.
„Nein, natürlich nicht“, sagte sie und fluchte insgeheim. Schon wieder war ihre Schwäche für Reid stärker als ihr gesunder Menschenverstand.
Sie stand auf, zeigte auf die ganze Unordnung und lächelte. „Hier ist leider kein Platz, um zu reden.
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