Julia Collection Band 26
los?“, fragte Kane behutsam. „Schlechte Neuigkeiten?“ Da sie ihn nicht zu hören schien, legte er ihr die Hand auf die Schulter. „Chaz?“
Unvermittelt blickte sie auf. Tränen schimmerten in ihren weit aufgerissenen Augen.
„Was ist passiert? Schlechte Neuigkeiten?“, wiederholte er.
„Nein.“ Sie schluchzte. Ihr Kinn bebte und verriet, wie bestürzt sie war.
Verunsichert wartete er auf eine Erklärung, die jedoch nicht kam. „Mit Ihnen ist eindeutig etwas nicht in Ordnung“, stellte er fest.
„Ja.“ Sie schloss fest die Augen und presste die Hand auf den Mund, doch es half nicht. Laut aufschluchzend sprang sie auf und lief aus der Küche.
Kane folgte ihr auf die hintere Veranda, wo sie sich aufs Geländer stützte und über die Koppel blickte, auf die sich bereits die bläulichen Schatten des Abends legten. Ihre Schultern bebten.
Beinahe hätte er sich aus Hilflosigkeit wieder ins Haus zurückgezogen, weil er mit den Tränen einer Frau nicht umgehen konnte. Doch Chaz war in Not und brauchte ihn.
„Kann ich Ihnen irgendwie helfen?“, fragte er und trat neben sie.
„Nein.“ Ohne den Blick von der Koppel zu wenden, atmete sie tief durch. „Ich stelle mich nur äußerst kindisch an, das ist alles. Es geht gleich wieder.“
„Soll ich bei Ihnen bleiben?“
„Nein … ich meine, ja … ja, bitte.“ Langsam wandte sie sich ihm zu und lehnte sich ans Geländer. Vergeblich versuchte sie zu lächeln und atmete noch einmal tief durch. „Mein Vater heiratet wieder. Sie sehen also, dass ich überhaupt keinen Grund habe, mich aufzuregen.“
„Sie tun es aber.“
Charity nickte. „Ich verstehe mich selbst nicht.“
„Offenbar kommt das ziemlich überraschend.“
„Völlig“, erwiderte sie und zuckte hilflos die Schultern. „Er heiratet Alice Bainbridge, eine der Frauen aus Mutters karitativem Verein. Wissen Sie, was daran die reinste Ironie ist? Ich selbst habe dafür gesorgt, dass sie sich in meiner Abwesenheit um ihn kümmert.“
Kane lächelte. „Das hat sie offenbar ausgezeichnet gemacht.“
„Sieht so aus.“ Charity überlegte kurz. „Eigentlich wird mir erst jetzt bewusst, wie bereitwillig sie sich angeboten hat.“
„Dann war das Schicksal Ihres Vaters vermutlich vorgezeichnet.“
„Durchaus möglich.“
„Haben Sie etwas gegen diese Frau?“
„Was sollte jemand gegen Alice haben? Sie ist für meinen Vater ideal und wirklich reizend, eine Witwe mit zwei erwachsenen Kindern, attraktiv und wohlhabend. Sie setzt sich sehr in der Pfarrgemeinde ein und geht sonntags immer in die Kirche.“ Trotzdem schloss Charity fest die Augen, als wollte sie die nächste Tränenflut zurückhalten.
„Das ist so eine von den Neuigkeiten, an die man sich erst gewöhnen muss“, stellte er fest.
Sie öffnete die Augen wieder und nickte. „Ich rege mich eigentlich gar nicht darüber auf, dass mein Vater wieder heiratet.“
„Dann bedrückt Sie etwas anderes?“
„Machen Sie sich keine Sorgen, Kane. Danke für Ihre Hilfe, aber Sie würden es nicht verstehen.“
„Stellen Sie mich doch auf die Probe.“
Als ihre Blicke sich trafen, stockte ihm der Atem. Ihre grünen Augen waren immer wunderschön, aber wenn Tränen in ihnen schimmerten und an den dichten dunklen Wimpern hingen, waren sie noch viel schöner. Wenn er nicht sehr vorsichtig war, verlor er sich in diesen Augen und konnte sich nie wieder von ihnen befreien.
„Es ist verrückt“, erklärte sie leise, „aber ich fühle mich so schlecht, weil alle anderen glücklich sind. Tim und Vater und …“ Sie sah Kane unglücklich an. „Die beiden brauchen mich nicht mehr!“, stieß sie hervor und weinte herzzerreißend.
Kane konnte nicht anders. Er zog sie an sich und drückte ihren Kopf an seine Schulter. Sie presste ihren schlanken Körper bebend an ihn, und Kane nahm den frischen Duft nach Seife und Shampoo wahr.
Er fühlte sich schrecklich hilflos, redete beruhigend auf sie ein und strich über ihr Haar und ihren Nacken. Und sie schmiegte sich an ihn.
Beinahe hätte er der Versuchung nachgegeben, doch bei Charity musste er sich beherrschen. Er durfte sie nicht küssen, und er durfte nicht daran denken, wie gut sie duftete und wie verlockend sie sich anfühlte.
Mit einem letzten Rest an Selbstbeherrschung schaffte er es, sie einfach in den Armen zu halten, doch kaum hatte sie sich etwas beruhigt, als er sie sanft von sich schob.
„Es tut mir leid“, entschuldigte sie sich und wischte sich mit dem Ärmel über die
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