Julia Collection Band 26
Gefühl, als hätte sich neben ihr das Fenster geöffnet und sie stürzte siebenundzwanzig Stockwerke hinunter bis auf den Bürgersteig.
Damien konnte doch nicht einfach absagen. Nicht auf diese Art und Weise. „Nein“, stieß sie entsetzt hervor. „Das ist nicht möglich. Es muss ein Irrtum sein.“
Der Geschäftsführer sah sie stirnrunzelnd an.
Es war ein Fehler gewesen, das zu sagen.
Sie versuchte es noch einmal. „Hat … hat Mr. Grainger gesagt, warum er nicht kommen kann?“
Wahrscheinlich merkte er ihr die Panik an, denn seine Züge wurden etwas weicher. „Tut mir leid, der Herr hat keine Erklärung abgegeben. Er bat nur darum, Ihnen die Entschuldigung auszurichten, Miss McKinnon. Offensichtlich hat er schon eine ganze Weile versucht, bei uns anzurufen, aber es war immer besetzt. Er hofft, Sie haben Verständnis.“
Verständnis? Nein, dafür hatte sie gar kein Verständnis. Wie auch? Annie wurde plötzlich so schlecht, dass sie fürchtete, sich im nächsten Moment übergeben zu müssen. „Hat er … hat er Ihnen denn gar nichts gesagt? Sind Sie sicher, dass er … ich meine, gibt es wirklich keine Erklärung für …“
Der Geschäftsführer seufzte und schüttelte den Kopf, als ob er das Ganze ziemlich lästig finde.
„Was soll ich tun?“, fragte Annie verzweifelt. „Schulde … schulde ich Ihnen Geld?“
„Nein. Und Sie können hier auch zu Abend essen, wenn Sie möchten. Der Anrufer wird Ihr Essen gern bezahlen.“
Der Anrufer? Plötzlich verstand Annie überhaupt nichts mehr.
„Aber Damien Grainger hat doch bei Ihnen angerufen, oder?“
„Nein, es war Mr. Graingers Onkel.“
Sein Onkel? Das war ja völlig verrückt! Wo war Damien? Warum hatte er nicht angerufen? War er etwa krank? Ja, das musste es sein. Bestimmt war das das Problem. Damien war von einem Moment auf den anderen krank geworden. Und von seinem Krankenbett aus hatte er seinen Onkel gebeten, sie anzurufen.
„Soll ich Ihnen den Kellner mit der Karte schicken?“, fragte der Geschäftsführer.
Annie schüttelte den Kopf. Sie hatte einen Kloß im Hals und konnte nicht sprechen. An Essen war gar nicht zu denken. Nicht bei einer solchen Tragödie. Dies war der schlimmste Moment in ihrem ganzen Leben!
Ohne ein weiteres Wort griff sie nach ihrer Handtasche und stand auf. Sie atmete tief durch und ging einfach los … an den anderen Tischen vorbei … vorbei an den Gästen, die sie mit neugierigen Blicken bedachten. Aber sie hielt den Kopf hoch erhoben, die Schultern gestrafft und sah starr geradeaus.
Erst als sie das Restaurant einigermaßen würdevoll verlassen hatte und sich die Türen des Aufzugs hinter ihr schlossen, lehnte sie sich gegen die Wand und schlug die Hand vor den Mund. Nur mit Mühe konnte sie das Schluchzen unterdrücken, das sie zu überwältigen drohte. Wie sollte sie mit dieser furchtbaren Enttäuschung, mit dieser schrecklichen Demütigung umgehen?
Auf dem Weg nach unten holte sie mit zitternder Hand ihr Handy aus der Tasche.
„Mel“, schluchzte sie, als sich ihre Freundin meldete.
„Annie, wo bist du?“
„Ich bin im Lift auf dem Weg nach unten.“
„Warum? Läufst du davon?“
„Ja.“
„Oh nein, was ist denn passiert?“
„ Nichts! Wo seid ihr?“
„Wir sind nur um die Ecke.“ Mel musste schreien, um sich verständlich zu machen. Die Musik im Hintergrund war ohrenbetäubend laut. „Wir sind im Cactus Flower Club. Das ist nur einen Block von dir entfernt, zur Linken.“
„Bitte bleibt, wo ihr seid. Ich komme sofort.“
„Schätzchen, wir rühren uns nicht vom Fleck.“
Theo Grainger wartete im Foyer des Pinnacle Hotels und betrachtete stirnrunzelnd die Anzeigentafel des Lifts, der vom siebenundzwanzigsten Stock ins Erdgeschoss fuhr. In wenigen Sekunden würden sich die Türen öffnen, und Annie McKinnon würde herauskommen.
Er fürchtete diesen Moment, denn er ging davon aus, dass sie in Tränen aufgelöst sein würde. Bestimmt war sie völlig fertig. Kein Wunder, schließlich hatte man ihr alle Illusionen geraubt.
Er verfluchte sich selbst, weil er mit dieser Situation so schlecht umgegangen war. Sein feiger Neffe hatte schon genug Ärger verursacht, aber er hatte ebenfalls seinen Teil zu dem heillosen Durcheinander beigetragen.
Wie hatte das geschehen können? Eigentlich war er an diesem Abend mit den besten Absichten ins Hotel gekommen. Sein Plan war gewesen, Damiens Bekanntschaft aus dem Internet zu treffen, sich bei ihr für seinen Neffen zu entschuldigen und ihr
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