Julia Collection Band 26
zu amüsieren, Annie. Du hast mir doch gesagt, du seist hier, um aus der Küche herauszukommen. Eigentlich wollte ich dich fragen, ob du für heute Abend schon etwas vorhast. Aber es sieht ja ganz so aus, als wärst du beschäftigt.“
„Danke, dass du an mich gedacht hast. Theo hat mich für heute Abend ins Theater eingeladen.“
„Oh, wie schön!“
„Hoffentlich! Ich war zuletzt mit meiner Schulklasse im Theater. Damals haben wir uns mit unserem Englischlehrer Ein Sommernachtstraum angeschaut. Aber wenn du magst, können wir uns morgen oder übermorgen zum Lunch treffen.“
„Gut, das machen wir.“ Mel stieß einen tiefen Seufzer aus. „Ich weiß immer noch nicht, ob du das Richtige tust.“
„Entspann dich, Mel. Ich habe hier alles unter Kontrolle“, log Annie.
Als sich der Vorhang am Ende des Theaterstücks auf die Bühne herabsenkte und die Lichter angingen, registrierte Theo erstaunt, dass Annie Tränen in den Augen hatte.
„Das Ende war schrecklich“, sagte sie erschüttert. „Es kam für mich völlig unerwartet. Ich hatte so sehr auf ein Happy End gehofft.“
„Sie bestehen also auf einem glücklichen Ende, ja?“
„Nein, nicht unbedingt. Aber wenn ein Schauspiel als romantische Komödie beginnt, dann schon. Ich war sicher, dass James und Erica am Ende zusammenkommen würden. Stattdessen findet in den letzten fünf Minuten eine Katastrophe statt. Das sollte nicht erlaubt sein. Es hat mich völlig umgehauen.“ Sie steckte ihr Taschentuch rasch weg, mit dem sie sich die Tränen von den Wangen abgetupft hatte, und schniefte. „Bitte, entschuldigen Sie.“
„Sie brauchen sich nicht zu entschuldigen.“
„Das Stück hat mir wirklich sehr gut gefallen, bis auf das Ende!“
Annie war so enttäuscht, dass Theo versucht war, ihr beruhigend den Arm um die Schultern zu legen. Das hätte er auch getan, wenn sie an diesem Abend nicht so bezaubernd ausgesehen hätte.
Obwohl ihre Augen noch immer verdächtig feucht waren, sah sie in dem schlichten dunkelroten, ärmellosen Kleid einfach fantastisch aus. Sie wirkte darin schmal und weiblich. Atemberaubend weiblich.
Aber er war entschlossen, ihr gegenüber distanziert zu bleiben, so, wie er es sich vorgenommen hatte. Als sie mit den anderen Theaterbesuchern dem Ausgang zustrebten, schob er die Hände tief in die Hosentaschen. Dort ließ er sie auch, während Annie und er gemeinsam nach Hause gingen.
Eigentlich hatte er gedacht, ein Abend im Theater sei eine gute Idee. Es war jedenfalls sicherer, als mit Annie allein zu Hause zu bleiben und sich von ihrem Charme verzaubern zu lassen. Sicherer, als ihr wechselndes Mienenspiel zu beobachten oder sich von ihren zahllosen Fragen geschmeichelt zu fühlen. Sicherer, als seinen eigenen Wünschen und Bedürfnissen ausgesetzt zu sein, die sich immer mehr in eine ganz bestimmte Richtung bewegten …
Aber das Schicksal meinte es anscheinend nicht besonders gut mit Theo. An diesem sommerlichen Novemberabend war die Luft erfüllt vom schweren Duft der Frangipani. Die Jacarandablüten, die von den Bäumen gefallen waren, bildeten einen Teppich unter ihren Füßen. Über ihnen leuchtete der Halbmond. Es war ein ausgesprochen romantischer Abend, ein Abend zum Händchenhalten. Aber er musste sich in dieser Hinsicht beherrschen.
Nur wie?
Als sie unter Bäumen an Straßenlaternen vorbeigingen, musste Theo Annie immer wieder verstohlen von der Seite anschauen. Ihr Gang war leicht und beschwingt, sie strahlte eine ungeheure Lebendigkeit aus. Immer wenn das Licht auf ihr Haar fiel, leuchtete es wie ein Silberstrahl auf. Theo verlangte es danach, es zu berühren.
Es verlangte ihn danach, ihr den Arm um die Schultern oder die Hüfte zu legen. Und es verlangte ihn noch nach viel mehr.
Er wusste, dass er diesem Verlangen nicht nachgeben durfte. Aber in einer solchen Nacht war das leichter gesagt als getan. Verdammt! Er war immer stolz auf seine Selbstkontrolle gewesen, doch plötzlich musste er an Annies Beine denken. Wie sollte ein Mann diesem Anblick widerstehen? Sie sahen so verführerisch aus unter ihrem roten Rock.
Ob es ihm nun gefiel oder nicht, er spürte, dass sein Entschluss, sich von Annie fernzuhalten, gefährlich ins Wanken geriet. Trotzdem blieb ihm keine Wahl. Es gab Tausende von Gründen, warum es keine gute Idee war, sich ihr zu nähern. Außerdem durfte er nicht vergessen, dass sie nicht in die Stadt gekommen war, um ihn zu treffen. Sie war viel zu jung, um sich mit einem langweiligen Dozenten
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