Julia Collection Band 28
Himmel, er konnte ja langsam anfangen, Listen über seine Schuldgefühle zu führen!
Das Handy riss ihn aus seinen Gedanken. Bestimmt ging es um die Arbeit. Schließlich hatte er nicht gerade zahlreiche Freunde, die ihn anriefen. Ein Blick auf das Display des Handys zeigte, dass es seine Sekretärin Mia war. „Hey, Mia“, meldete er sich.
„Hallo, Sam.“ Mia war so nett gewesen, im Büro auf Jessica aufzupassen, während er auf der Baustelle war. Doch es war keine gute Lösung gewesen, schließlich war eine neugierige Zweijährige nicht gerade ein Ausbund an Ruhe. Obwohl sie selbst vier Kinder hatte, war Mia mit Jessica schlicht überfordert gewesen. „Wie geht es dem armen Schätzchen? Muss sie genäht werden?“
Sam wurde übel, wenn er an die tiefe Schnittwunde in der linken Hand seiner Tochter dachte. „Ja, gerade eben.“
„Tut mir schrecklich leid.“
„Es ist nicht deine Schuld“, versicherte er.
„Ach, ich sehe das anders. Doch ich will dich nicht länger stören, Sam, ich wollte mich nur erkundigen, wie es dem kleinen Spatz geht. Ich leg jetzt auf, dann kannst du dich wieder ungestört um sie kümmern.“
„Keine Eile“, entgegnete er trocken. „Um ehrlich zu sein, hat mich der Doc aus dem Behandlungsraum rausgeworfen.“
„Was?“, rief Mia ungläubig. „Wie kann er?“
„Angeblich habe ich mich zu sehr um Jessica gekümmert und es für sie nur noch schlimmer gemacht. Ich hätte sie aufgeregt, hat der Doc behauptet.“
„Ach, mein Lieber“, meinte Mia, „das kann ich mir gut vorstellen.“
„Und was soll das heißen?“, fragte er gereizt.
„Dass du kein typischer Vater bist.“
Sam ging sofort in Habachtstellung, obwohl das bei Mia wirklich nicht nötig war. „Was soll das heißen?“, wiederholte er.
„Du brauchst nicht gleich die Stacheln aufzustellen. Das war ein Lob. Du neigst wirklich dazu, dich zu sehr um die Kleine zu kümmern, und dagegen ist nichts einzuwenden. Mütter machen das ständig, und du bist eben wie eine Mutter.“ Mia stockte. „Tut mir leid, das hätte ich jetzt nicht sagen sollen.“
Sam seufzte. Ein halbes Jahr war seit dem verheerenden Feuer vergangen, aber die Leute behandelten ihn immer noch so, als könnte er jeden Moment zusammenbrechen. Wie sollten sie es auch besser wissen? Sam zeigte so gut wie nie Gefühle. Keiner konnte wirklich sagen, was in ihm vorging. Ihm war das eigentlich ganz recht so. Denn niemand sollte ihm zu nahekommen. „Du brauchst dich nicht zu entschuldigen, Mia. Es ist schließlich eine Tatsache, dass ich für Jessica Vater und Mutter sein muss.“
„Musst du nicht“, widersprach seine Sekretärin. „Ich kenne etliche Frauen, die gern Jessicas neue Mommy wären – und deine neue große Liebe.“
Bewusst ging Sam nicht auf die zweite Bemerkung ein. „Ich habe dir mehr als einmal gesagt, dass Jessica eine Mutter hatte.“
„Ja. Möge sie in Frieden ruhen.“
„Man kann eine Mutter nicht ersetzen“, erklärte er. Das wusste er schließlich aus eigener Erfahrung.
„Das nicht, aber Jessica war noch sehr jung, als ihre Mom …“ Mia seufzte. „Sie würde sich sicher schnell an eine neue Mutter gewöhnen. Das glaubst du zwar nicht, aber es stimmt. Und wenn du wieder eine Frau hättest …“
„Hör auf damit!“, verlangte er. Liebe? Nicht mal beim ersten Versuch hatte er das geschafft, obwohl er sich bemüht hatte.
Mia seufzte. Sie wollte Sam so gerne wieder verheiratet sehen – und diesmal glücklich. An Sturheit war Sam Lowery jedoch nicht zu überbieten. Ein Mal hatte er es mit der Liebe versucht und war bitter enttäuscht worden. Sicher, er respektierte Jenny als Mutter seiner Tochter, doch mit der Liebe hatte es bei ihnen nicht geklappt.
Jenny mochte keine perfekte Ehefrau gewesen sein, aber sie hatte ihm seine Tochter geschenkt. Durch Jessica hatte er erfahren, was tiefe Bindung und wahre Liebe bedeuteten, und vielleicht, so dachte er bisweilen, sollte es in seinem Leben eben nur die Liebe zu seinem Kind geben. Ihm jedenfalls war das mehr als genug. Nie wieder würde er sich auf eine Liebesbeziehung mit einer Frau einlassen.
„Ich habe dir schon unzählige Male gesagt, dass die Ehe für mich Vergangenheit ist – Punkt“, erklärte er. „Aber ich sage dir, was ich machen werde“, fuhr er fort.
„Und was?“, entgegnete Mia resigniert.
„Ich werde ein Kindermädchen einstellen.“ Sam lehnte sich auf dem unbequemen Stuhl im Wartezimmer zurück und streckte die Beine aus. „Ich kann Jess
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