Julia Collection Band 28
später wurden die entsprechenden Unterlagen zerstört, sodass die beiden die ganzen Jahre nichts voneinander wussten. Erst in jüngster Zeit hatte ihr leiblicher Vater nach ihnen gesucht, weil sein kleiner Sohn dringend eine Knochenmarktransplantation benötigte. Das Leben spielt eben manchmal doch die aberwitzigsten Geschichten, dachte Sam.
Schließlich erschienen die Zwillinge auf dem Bildschirm. Lissa Cartwright und Adam Bartlett nahmen dem Reporter gegenüber Platz.
Sam verkrampfte sich und bekam kaum Luft. Das war doch nicht möglich!
Trieb hier jemand einen Scherz mit ihm?
Verstohlen sah er sich um. Nein.
So unglaublich es erschien, aber er war Adam Bartletts … Doppelgänger. Ja, sie waren beide ungefähr einsachtzig groß und hatten dunkelbraunes Haar und grüne Augen. Außerdem waren sie gleich alt. Und sie waren beide nicht von ihren leiblichen Eltern großgezogen und über dieselbe Agentur zur Adoption vermittelt worden – Children’s Connection . War es denn möglich …?
Nein, Unsinn. Viele Männer sahen wie Adam Bartlett aus.
Kein Mann sah wie Adam Bartlett aus. Nur Sam Lowery. Der war ihm wie aus dem Gesicht geschnitten.
Doch an der Sache war mehr dran als nur die äußerliche Ähnlichkeit. Auch Bartletts Art zu sprechen und sich zu bewegen waren Sam sehr vertraut. Und sogar diese Lissa Cartwright war ihm unheimlich ähnlich.
War es denkbar, dass diese Geschichte weiter ging, als in dieser Fernsehsendung berichtet wurde? Handelte es sich letztlich nicht um Zwillinge, sondern sogar um Drillinge? War er vielleicht …
Nein, nein, nein! Unsinn!
Bestimmt war er nur wegen Jessicas Unfall so durcheinander. Die ganze Sache ergab keinen Sinn.
Doch, sie ergab einen Sinn …
„Das kann doch kein Zufall sein“, flüsterte er. Weshalb er so sicher war, konnte er nicht erklären. Sein Leben lang hatte er stets das Gefühl gehabt, als würde ihm etwas Wichtiges fehlen, etwas, das er nie richtig verstanden hatte. Es ging nicht nur darum, dass er ohne Eltern aufgewachsen war. Er hatte immer eine unerklärliche starke Verbindung erahnt.
Und seltsamerweise hatte er stets jeden Artikel verschlungen, in dem über Zwillings- und Drillingsforschung berichtet wurde. Waren Adam und Lissa die Erklärung für den Verlust, den er stets empfunden hatte, und für den Glauben, dass es irgendwo einen Menschen gab, der ein Stück Seele mit ihm teilte?
Sam schaute wie gebannt auf den Apparat. Adam Bartlett leitete eine erfolgreiche Firma namens Novel Programs Unlimited , und Lissa war auf einem Weingut außerhalb von Portland aufgewachsen. Wie schön für die beiden.
Sam wurde unwillkürlich eifersüchtig. Falls sie tatsächlich Drillinge waren – und er spürte dies mit einer Gewissheit, an der nicht zu rütteln war –, hatte er es eindeutig am schlechtesten getroffen. Er war von einer Pflegefamilie zur nächsten geschoben worden und hatte nirgendwo einen festen Platz gefunden.
Bitterkeit machte sich in ihm breit. Vermutlich war er das unattraktivste Baby von allen gewesen. Anders konnte er es sich nicht erklären, warum sich niemand die Mühe gemacht hatte, seine Anfangsjahre im Bild festzuhalten. Er hatte keinerlei Fotos von sich als Baby. Lissa Cartwright und Adam Bartlett dagegen hatten bestimmt jede Menge Babyfotos.
Er bekam kaum noch Luft. Er schaltete den Fernseher aus und dachte angestrengt nach. Ja, er war sicher, dass Adam Bartlett und Lissa Cartwright seine Geschwister waren. Würde er die beiden aufsuchen? Nein. Ironischerweise traf er ausgerechnet in dem Krankenhaus, in dem sie alle zur Welt gekommen waren, eine Entscheidung. Niemand sollte je von seiner Existenz erfahren – weder Adam noch Lissa und schon gar nicht dieser sogenannte Vater, der ihn vor siebenundzwanzig Jahren im Stich gelassen hatte.
Sam hatte bisher nie eine eigene Familie gehabt, und er konnte auch weiterhin darauf verzichten. Er hatte Jessica. Das reichte ihm.
Das Leben spielte manchmal in der Tat die aberwitzigsten Geschichten.
2. KAPITEL
Die Sonne stand schon tief, als Sam mit Jessie heimfuhr. Die Kleine war von den schmerzstillenden Mitteln noch immer benommen. Sam hatte den Rückspiegel so eingestellt, dass er sein Mädchen während der Fahrt im Kindersitz beobachten konnte. Bei jedem Blick auf die verbundene Hand versetzte es ihm einen Stich ins Herz.
„Geht es dir gut, Schatz?“
Sie antwortete nicht, sondern richtete nur die Augen, die ihn stark an Jenny erinnerten, auf ihn. Bildete er es sich nur ein, oder sah
Weitere Kostenlose Bücher