Julia Collection Band 28
werden. Vermutlich verdankte sie das dem Umstand, dass sie das einzige Mädchen in der Familie und noch dazu die jüngste war.
Als Mick das Handy aus der Tasche holte, hielt Erin den Atem an. Sie hatte sich zwar erst vor drei Tagen bei Nannysource beworben, aber die Managerin war von ihrem Lebenslauf äußerst beeindruckt gewesen und wollte sie so bald wie möglich vermitteln. Bestimmt hing das auch mit ihrem Fachgebiet zusammen, der Hilfe für traumatisierte Kinder.
„Hallo“, meldete sich Mick. „Nein, Sie haben schon die richtige Nummer gewählt. Ich bin ihr Bruder Mick O’Grady. Einen Moment.“ Er nahm das Telefon vom Ohr und stieß einen scharfen Pfiff aus. „Kinder, lasst Tante Erin in Ruhe. Das hier ist beruflich.“
Die Kinder beschwerten sich zwar, kletterten jedoch von ihrer Tante herunter.
„Hier Erin“, meldete sie sich, sobald sie zum Handy greifen konnte.
„Bin ich froh, dass ich Sie erreiche“, sagte Karla von Nannysource .
„Hi, Karla. Ich hatte schon gehofft, dass Sie das sind. Gute Neuigkeiten?“
„Nun ja, hoffen wir es. Sie haben ein Vorstellungsgespräch, und meiner Meinung nach ist die Stelle für Sie ideal.“
„Großartig.“ Erin erfuhr, dass sie mit einem zweijährigen Mädchen arbeiten sollte, das vor einem halben Jahr einen Wohnungsbrand überlebt hatte, bei dem die Mutter gestorben war. Das Kind litt offenbar an einer posttraumatischen Störung. Darum hatte der Vater bisher auch keine Hilfe eingestellt. Die ganze Situation war tatsächlich wie auf Erin zugeschnitten. Ein großer Pluspunkt war auch, dass sie bei der Familie wohnen sollte. Das war deshalb wunderbar, weil sie trotz wochenlanger Suche immer noch keine erschwingliche Wohnung gefunden hatte. Und sie wollte eben nicht mehr bei den Eltern leben. Genau auf einen solchen Auftrag hatte sie gehofft, als sie sich bei Nannysource anmeldete. „Das klingt wirklich ideal“, bestätigte sie.
„Nun, es gibt da allerdings ein Problem.“
„Oje.“ Erin ließ sich in einen freien Sessel sinken. „Worum geht es?“
„Der Mann wünscht sich einen großmütterlichen Typ“, erklärte Karla bedauernd.
„Ich bin dreiundzwanzig.“
„Ich weiß. Trotzdem kenne ich keine, die für diese Aufgabe besser geeignet wäre als Sie. Sicher werden Sie den Mann umstimmen.“
„Das hoffe ich.“ Erins anfängliche Euphorie hatte sich gelegt. „Ich werde es zumindest versuchen.“ Nachdem sie aus der Handtasche Papier und Stift geholt hatte, fragte sie: „Wann will er sich mit mir treffen? Ich bin jederzeit bereit.“
„So bald wie möglich. Heute Nachmittag?“
„Das geht. Vermutlich ist er nicht verheiratet?“
„Nein, er ist Single.“
„Er hat seine Frau ja auch erst vor einem halben Jahr verloren.“ Erin achtete nicht auf ihre Brüder, die sich kein Wort entgehen ließen. Doch sobald sie alles notiert und aufgelegt hatte, wurde sie eingehend von vier Augenpaaren gemustert.
„Habe ich richtig gehört?“, fragte Patrick grimmig.
„Was denn?“, entgegnete sie und steckte die Notizen weg.
„Du willst für einen alleinstehenden Mann arbeiten? Als Kindermädchen, das bei ihm wohnt?“, fragte Mick fassungslos und tauschte vielsagende Blicke mit Patrick und Matt.
Erin war fest entschlossen, sich diese Chance nicht verderben zu lassen. „Ich werde mich um ein traumatisiertes zwei Jahre altes Mädchen namens Jessica kümmern – sofern ihr Vater mich einstellt“, fügte sie hinzu.
„Das gefällt mir nicht“, stellte Mick fest. „Es wäre etwas ganz anderes, würdest du für ein Ehepaar arbeiten. Aber für einen alleinstehenden Mann? Was ist denn, wenn es ihm nur darum geht, eine junge naive Frau in seine Wohnung zu locken?“
Erin seufzte. „Ach, tut mir leid, Mick. Ich habe ja völlig vergessen, dass ich eure Gefangene bin. Jungs, jetzt kommt mal wieder auf den Boden runter: Ich bin nicht naiv.“
„Nimm das nicht auf die leichte Schulter.“
„Was denn?“, rief sie. „Es dreht sich um eine gute Arbeit, die für mich ideal ist. Außerdem bin ich schon ein großes Mädchen und kann selbst Entscheidungen treffen.“
„Du bist erst dreiundzwanzig“, hielt Miles ihr vor. „Und du bist unsere kleine Schwester.“
„Vielleicht sollten wir uns den Kerl ansehen“, schlug Matthew vor. „Wir würden sofort merken, ob er nur eine naive …“
„Ich bin nicht naiv!“ Erin sprang auf, sah ihre Brüder böse an, musste jedoch lächelnd. Sie liebte diese unmöglichen Kerle. „Manchmal treibt ihr
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