Julia Collection Band 28
das bist du. An dem Tag bist du aus dem Bauch deiner Mommy gekommen.“ Er zeigte auf Jennys Gesicht und nahm sich zusammen, damit seine Finger nicht zitterten. „Siehst du, wie Mommy sich freut?“
„Mommy“, flüsterte Jessica andächtig.
Es versetzte Sam einen Stich ins Herz. Er legte das Foto zuunterst und zeigte der Kleinen das nächste. Darauf saß Jenny mit untergeschlagenen Beinen in der Wohnung auf der Couch. Er wusste nicht mehr, wann oder zu welchem Anlass das Bild gemacht worden war. Es war vermutlich einfach eines jener Fotos, die man verschießt, um einen Film voll zu machen. Allerdings zeigte es Jenny in einer für sie typischen Haltung: hübsch, nachdenklich. Und zurückgezogen.
„Mommy“, flüsterte Jessica erneut.
Sam schluckte heftig. „Erinnerst du dich an Mommy?“
Jessica nickte und zeigte aufs Sofa. „Unser Haus.“
„Ja, das war unser Haus. Mommy fehlt mir, Jess. Fehlt Mommy dir auch?“
„Mommy fort“, erwiderte sie ernst und hielt den Blick auf das Bild gerichtet.
Er kämpfte gegen seine Trauer an, bis ihm einfiel, was Erin ihm geraten hatte. Er sollte sich nicht zurückhalten, sondern Jessica seine Gefühle zeigen. Darum drängte er die Tränen nicht länger zurück, völlig ungewöhnlich für Sam Lowery. Seine Stimme klang erstickt. „Ja, Mommy ist fort, Schätzchen, aber sie hat dich sehr lieb gehabt“, versicherte er und strich seiner Kleinen das Haar aus der Stirn. „Sie hat dich genauso lieb gehabt wie ich. Das weißt du doch, nicht wahr?“
Jessie sah ihn überrascht an, reckte sich und strich über eine Wange. „Nicht weinen, Daddy.“
„Es ist nicht schlimm, wenn man weint, Jessica“, erklärte er, während ihm eine Träne über die Wange lief. „Mir fehlt Mommy, und darum weine ich manchmal.“ Sie versuchte unbeholfen, die Träne wegzuwischen. „Fehlt dir Mommy auch, Schätzchen?“, fragte er erneut. Wie sehr liebte er doch dieses kleine mitfühlende Kind!
Jessica richtete den Blick wieder auf das Foto und berührte behutsam Jennys Gesicht. „Mommy Engel.“
Er wischte sich über die Wangen. „Mommy ist dein Engel?“, fragte er erstaunt.
„Nein. Mi-mi sagt, Mommy Engel.“
Sam schloss für einen Moment die Augen. Mia hatte mit Jessica über ihre Mutter gesprochen. Das wäre zwar seine Aufgabe gewesen, doch jetzt brachte es nichts mehr, sich Vorwürfe zu machen. Er konnte die Vergangenheit nicht ändern und musste sich auf die Gegenwart und die Zukunft konzentrieren.
Behutsam hob er Jessica auf den Schoß und drückte sie an sich. „Mommy ist dein Engel, Jess, und auch meiner. Sie wacht täglich über uns.“
„Mhm.“
„Willst du … willst du über Mommy reden?“
Jessica zögerte und schüttelte dann den Kopf.
„Du kannst aber gern über sie reden, wenn du willst.“
„Nein, ich will Win“, sagte sie entschieden.
Erin. Sie wollte Erin. Jenny war nicht mehr da, und es war Erin, auf die Jessica sich nun richtete. „Erin kommt heute Abend wieder heim“, versicherte er.
Jessica fing zu weinen an. „Nein, will Win jetzt“, jammerte sie, schlang Sam die Ärmchen um den Nacken und weinte, bis sein T-Shirt feucht wurde. Er wiegte sie und ließ sie weinen. Warum weinte sie? Weil Jenny tot war? Oder weil Erin nicht hier war? Sam hatte nicht den Mut zu fragen.
Erst nach einer Weile beruhigte sie sich wieder. „Hab Mommy lieb“, flüsterte sie.
„Ach, Jess.“ Sam drückte sie fester an sich. „Ich habe Mommy doch auch lieb.“ Das war nicht gelogen. Er hatte Jenny stets dafür geliebt, dass sie ihm eine so wundervolle Tochter geschenkt hatte.
Jessica reckte sich, griff nach den Fotos und drückte sie an die Brust. „Meine.“
„Ja, das sind deine Bilder. Niemand nimmt sie dir weg, klar? Die kannst du behalten.“
Sie sah ihn forschend an und nickte.
„Möchtest du mit Erin die Bilder von Mommy in ein Buch kleben?“
Wieder überlegte sie und nickte. „Mit Win und dir.“
„Ist gut“, versicherte er und küsste sie aufs Haar. „Wir machen zusammen ein Album aus Mommys Bildern.“
Jessica biss sich auf die Unterlippe, und in ihrem Blick lag tiefer Schmerz. „Mommy Angst. Mommy weint.“
Sam erstarrte innerlich. Bei dem Brand war Jessica noch sehr klein gewesen. War es möglich, dass sie sich tatsächlich an die Schrecken jener Nacht erinnerte? Beinahe hätte er sie beruhigt, doch gerade noch rechtzeitig fiel ihm ein, dass Erin ihm geraten hatte, Jessie reden zu lassen. „Meinst du das Feuer?“
Sie nickte.
„Hat
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