Julia Collection Band 28
Anthony.“
Die Reaktion ihrer Eltern war ihr im Moment herzlich egal. Es wunderte sie eher, dass sie sich nicht über Anthonys offenes Interesse an ihr freute. Sie warf einen Blick zum Gästehaus. Sullivan saß auf der Veranda, und sie winkte ihm kurz zu. Er tat, als hätte er sie nicht gesehen, und machte ein finsteres Gesicht. Ärgerte er sich, weil er Anthony nicht mochte? Oder gab es noch andere Gründe?
Sie bekam ein schlechtes Gewissen. Ja, vielleicht hätte sie Kopfschmerzen vortäuschen und die Verabredung absagen sollen. Dafür war es nun allerdings zu spät.
„Wir fahren zum Essen an die Küste, wenn du nichts dagegen hast“, sagte Anthony.
„Einverstanden.“ Lissa war die ungefähr fünfzig Kilometer lange Strecke schon ewig nicht mehr gefahren. „Ich habe letzte Nacht allerdings nur wenig geschlafen. Darum muss ich dich warnen. Ich könnte sehr zeitig müde werden.“
„Ich werde darauf achten, dass es nicht zu lange dauert“, versprach Anthony verständnisvoll, wenn auch etwas enttäuscht.
Kurz vor acht Uhr erreichten sie das Café Europa, in dem Anthony reserviert hatte. Lissa gefiel der kleine intime Speiseraum mit weißen Wänden und dunklen Holzbalken sofort. Der Restaurantchef begrüßte Anthony wie einen Stammgast und führte sie beide zu einem schön gedeckten Tisch mit Tulpen. Ein Erkerfenster bot freien Blick auf die felsige Küste und das Meer.
„Hier esse ich besonders gern“, erklärte Anthony, als sie sich setzten.
„Das kann ich gut verstehen. Die Atmosphäre ist einmalig.“
Bei Cocktails und während des Essens gab Anthony sich als perfekter Gentleman.
„Wie hat dir der Lachs geschmeckt?“, fragte er schließlich.
„Ausgezeichnet. Auch die Bedienung war hervorragend. Es überrascht mich, dass die Gäste nicht am Eingang Schlange stehen.“
„Bisher kennen noch nicht viele Leute dieses Lokal, aber das wird sich bald ändern.“
Als der Kellner die Kreditkarte zurückbrachte, gab Anthony ihm Trinkgeld und unterschrieb die Rechnung. „Wir sollten jetzt besser heimfahren, nicht wahr?“
„Das wäre gut.“ Lissa wollte nicht im Wagen einschlafen, sonst hätte Anthony gedacht, sie würde sich langweilen. Und das stimmte nicht. Es war ein sehr netter, unterhaltsamer Abend bislang.
Er griff nach ihrer Hand. „Du weißt ja, dass man nicht nur arbeiten soll.“
Ja, das wusste sie. Und sie war nicht wegen der Arbeit müde, sondern wegen letzter Nacht. Das blieb jedoch ihr Geheimnis. „Sobald wir Virgin Mist auf den Markt gebracht haben, werde ich Urlaub machen, ich verspreche es.“
„Sehr gut“, meinte er und ließ ihre Hand los. „Gehen wir?“
„Ja. Danke, es war sehr schön.“ Der Abend war sogar besser als erwartet verlaufen. Trotzdem war Lissa froh, dass er endete.
Ungefähr vierzig Minuten später erreichten sie Valencia Vineyards und nahmen die lange Zufahrt zum Haus. Lissa warf einen Blick zum dunklen Gästehaus. Sullivan schlief offenbar schon. Bestimmt war er genauso müde wie sie, vielleicht sogar noch mehr. Letzte Nacht war sie mehrmals für kurze Zeit eingeschlafen, und als sie aufwachte, hatte er sie stets betrachtet.
Anthony stieg aus und kam um den Wagen herum. „Ich habe für nächsten Samstag Theaterkarten“, sagte er, nachdem er ihr die Tür geöffnet hatte. „Es würde mich freuen, wenn du mich begleitest.“
Sie ließ sich beim Aussteigen helfen und war von seinen guten Manieren beeindruckt. Dennoch – solange Sullivan noch hier war, wollte sie nicht wieder mit Anthony ausgehen. Und selbst nach seiner Abreise würde die Erinnerung an ihn sie zurückhalten, sich auf Anthony einzulassen.
„Es tut mir leid, aber ich werde in den nächsten zwei Wochen mit Virgin Mist sehr beschäftigt sein“, erwiderte sie. „Vielleicht bei einer anderen Gelegenheit.“
„Wie du willst.“
Erneut blickte sie zum dunklen Gästehaus. Eigentlich war sie ganz froh, dass Sullivan schon schlief. Dadurch wurde alles leichter. Ließ sie Barney eben im Gästehaus.
Die Lampe auf der Veranda des Wohnhauses verbreitete einen warmen Lichtschein.
„Darf ich dich küssen?“, fragte Anthony.
Die Frage überraschte Lissa dermaßen, dass sie nicht wusste, was sie sagen sollte. Sie überlegte, ob Anthonys Kuss mit Sullivans mithalten konnte. Schließlich hatte sie als Vergleich nur den feuchten Kuss, den sie von Milt Preston erhalten hatte.
„Ja“, entschied sie schließlich.
Zufrieden lächelnd nahm Anthony sie in die Arme und beugte sich zu ihr.
Es
Weitere Kostenlose Bücher