Julia Collection Band 28
viel hinein. „In Ordnung. Dann fällt es mir wahrscheinlich wirklich leichter, nackt zu posieren.“ Lissa stand auf, streckte sich und trat ans Fenster. Sie brauchte dringend Bewegung und frische Luft. Seit Tagen war sie nun schon im Büro eingesperrt, und das wurde ihr allmählich zu viel.
Als sie sich umdrehte und einige Schritte machte, trat sie auf einen weichen Gegenstand, der einen quietschenden Ton von sich gab. Barney hatte ein Kauspielzeug mitten im Raum liegen lassen.
„Hey, Barn, hol dir dein Gummientchen“, forderte sie den Hund auf, sah den kleinen Racker aber nirgendwo. „Barney?“
Sullivan blickte vom Schreibtisch hoch. „Ich habe ihn heute Vormittag nicht gesehen. Vielleicht schläft er irgendwo.“
Sie sahen sich im Büro um, fanden ihn jedoch nirgends.
„Er könnte hinausgelaufen sein, als deine Mutter uns Sandwichs gebracht hat“, meinte Sullivan.
Zwanzig Minuten später hatten sie den Welpen noch immer nicht gefunden. Sie sahen auch beim Teich nach, doch die Enten und Schwäne waren alle da und ließen keine Unruhe erkennen.
„Ich weiß nicht, wo wir ihn sonst noch suchen sollten“, sagte Lissa besorgt, denn sie hing an dem kleinen verspielten Hund. Nicht auszudenken, wenn er fortgelaufen war.
„Wir finden ihn schon“, beruhigte Sullivan sie. „Vielleicht ist er deiner Mutter nachgelaufen.“ Als sie sich dem Garten näherten, fanden sie das Türchen offen vor. „Na siehst du, dort ist er“, sagte Sullivan und zeigte zum Schuppen. „Sieht aus, als hätte er wieder etwas angestellt.“
Als sie näher kamen, entdeckten sie grünlichen Schaum an der Schnauze des Hundes. Lissa hob ihn hoch. „Was hast du bloß gefressen?“, fragte sie erschrocken.
Sullivan öffnete die Schuppentür und warf einen Blick hinein. „Das sieht nicht gut aus“, stellte er fest und zeigte auf einen angeknabberten Karton Rattengift.
„Um Himmels willen, nein!“, rief Lissa und drückte den Hund an sich.
„Komm“, drängte Sullivan, „wir fahren zum Tierarzt.“
Eine Stunde später warf Sullivan immer wieder einen Blick zu Lissa. Wie gern hätte er sie getröstet!
„Barney ist noch so klein“, flüsterte sie unter Tränen. „Glaubst du, er wird wieder gesund?“
„Morgen wissen wir mehr. Der Tierarzt hat Barney den Magen ausgepumpt, und das hilft bestimmt. Jetzt kommt es darauf an, wie viel Gift der Körper schon aufgenommen hat.“
„Es klingt vielleicht verschroben, aber ich hänge sehr an dem kleinen Kerl. Ich will ihn nicht verlieren.“
„Ich mag ihn auch“, versicherte er. „Haustiere verstehen es, unser Herz zu erobern.“
Lissa weinte heftiger. Sullivan wusste aus eigener Erfahrung, wie das war, wenn man einen Hund verlor. Als damals sein Hund starb, hatte er auch geweint, bis sein Dad sagte: „Das reicht jetzt, mein Sohn. Wasch dir das Gesicht.“
Leicht gesagt, wenn ein Kind litt.
Sullivan ließ Lissa weinen, bis sie das Haus erreichten. Dann stellte er den Wagen ab, stieg aus und half ihr heraus, legte den Arm um sie und hielt sie fest. Genau das hatte er sich damals von seinem Vater gewünscht. Wieso hatte dieser Mann nicht begriffen, dass sich ein Neunjähriger nicht beherrschen konnte, wenn seine Familie zerbrochen war und sich nur noch der Hund wirklich um ihn gekümmert hatte?
„Tut mir leid“, murmelte Lissa. „Normalerweise lasse ich mich nicht so gehen.“
„Es braucht dir nicht leidzutun“, versicherte er. „Ich verstehe dich.“
Wirklich? Sie klammerte sich an ihn. Dieser Mann konnte sie mit seinem Lächeln wärmen und mit einem Kuss ihre Leidenschaft wecken, und nun streichelte er sanft ihren Rücken. Sein Mitgefühl rührte sie.
Sollte sie sich jemals verlieben, dann in einen Mann, der gut und nett war und ihr in jeder Lebenslage beistand, einen, der sie in den Armen hielt. Einen wie Sullivan.
„Möchtest du zum Gästehaus mitkommen und auf der Veranda ein Glas Wein trinken?“, fragte er.
„Ja, gern.“ Im Moment hatte sie keine Lust, ins Büro zurückzukehren, weil sie in Gedanken bei Barney war.
Sullivan griff im Gehen nach ihrer Hand. „Ich war noch ein Kind, als ich meinen Hund verlor. Ich habe drei Tage geweint und wollte nicht zur Schule gehen.“
„Wie hieß er?“, fragte sie und schniefte.
„Bandit. Er war ein Mischling, den ich auf der Straße gefunden habe, und er war mein bester und lange Zeit auch mein einziger Freund.“
„Was wurde aus ihm?“
„Er hat jeden Nachmittag an der Haltestelle des Schulbusses auf
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