Julia Collection Band 51
mehr als nur das gute Gehalt oder das Prestige der Stellung oder die Befriedigung, dass er der Beste in seiner Sparte war.
Sein Job war die Bestätigung, dass er mehr war als ein Verlierer ohne Zukunft aus den Armutsvierteln. Er hatte jede Hürde überwunden, die Armut, die lausige Nachbarschaftsschule. Hatte der Versuchung widerstanden, sich wie seine Spielkameraden einer Straßengang anzuschließen, hatte sich sein Studium mit allen möglichen Hilfsjobs selbst finanziert.
Er blickte auf den gerahmten Brief, der dort drüben an der Wand hing. Dieser Brief war vor sechzehn Jahren geschrieben worden. Mittlerweile war er vergilbt, trotz des Rahmens. Der Briefkopf war kaum noch zu erkennen, aber dieses Blatt Papier war mehr wert als alles andere.
Es war ein Brief von Rex II, mit dem er Sam in der Barrington-Familie willkommen hieß. „In Ihnen brennt ein Feuer. Die Art Feuer, die einen Mann antreibt, große Dinge zu vollbringen. Ich bin sicher, dass Sie mich stolz machen werden, so stolz wie auf meinen eigenen Sohn, der ungefähr in Ihrem Alter ist, der aber nie mit solchen Schwierigkeiten zu kämpfen hatte wie die, gegen die Sie in Ihrem Leben kämpfen mussten. Ich würde mich geehrt fühlen, wenn Sie die Stellung in unserer Firma annehmen würden. Und sollte Ihre Antwort zu unseren Gunsten ausfallen, so versichere ich Ihnen, dass – mit Ihrem Arbeitseinsatz und Ihrer Strebsamkeit – Ihrem Aufstieg keine Grenzen gesetzt sind.“
Als Sam damals diesen Brief erhalten hatte, hatte er so laut geschrien, dass die Nachbarn besorgt die Polizei alarmiert hatten. Schließlich wohnte er damals noch in einer Gegend, in der Gewalt an der Tagesordnung war. Er hatte den Polizisten erklären müssen, warum er so laut gebrüllt hatte: nicht, weil ihm jemand etwas angetan, sondern weil er gerade seinen Traumjob bekommen hatte.
Und Sam tat alles, damit Rex II seine Entscheidung nicht bereuen musste. Sam war morgens der erste im Büro und abends der letzte, der ging. Mit seinem ersten Gehalt ging er zu Rex’ Schneider und ließ sich einen Anzug anfertigen. Mit dem zweiten Gehaltsscheck kaufte er Hemden in dem Laden, in dem auch Rex seine Hemden kaufte. Sam lernte alles über Weine, mexikanische Kunst und spanische Architektur und Innendekoration und perfektionierte diese Kenntnisse – genau wie Rex II.
Wenn man es genau betrachtete, war es wegen Rex, dass er Melissa Stanhope so anziehend gefunden hatte. Sie stammte aus einer guten Familie, war schön und elegant. Aber Rex II war eigentlich auch der Grund, warum Sam sich von Melissa getrennt hatte. Rex und seine Frau, die vor fünfzehn Jahren starb, hatten eine sehr glückliche Ehe geführt. Sie waren verwandte Seelen gewesen, der eine hatte dem anderen alles bedeutet. Melissa und er jedoch waren so verschieden gewesen, dass sie eine solche Harmonie nie erreicht hätten. Melissa war keine verwandte Seele, Melissa war eine Trophäe gewesen.
Was Rex wohl von Patricia als meiner Verlobten halten wird? fragte sich Sam, als er das schwarze Dinnerjackett überzog und die Ärmel richtete.
Patricia war schön, freundlich, voller Wärme, ehrgeizig, zuverlässig und besaß kein Jota von Boshaftigkeit oder Gemeinheit in sich. Welch ein Gegensatz zu Melissa! Wahrscheinlich, so dachte Sam, als er nach unten ging, wird Rex sagen, dass Patricia die perfekte Frau für mich ist.
Sam blieb vor der mexikanischen Konsole in der Diele stehen und stutzte. Eigentlich hatte er seinen Schlüssel aus der Schale dort nehmen wollen, aber der Schlüssel war plötzlich nicht mehr wichtig.
Patricia – die perfekte Frau für ihn?
„Diese Farce ist offensichtlich schon viel zu weit gegangen!“, sagte er laut, dann griff er mit einem Schwung nach dem Schlüssel, schaltete die Alarmanlage ein und trat hinaus in die Hitze des Abends.
Als er in seinem Wagen saß, überlegte er, ob er mit diesem Bluff nicht einen schrecklichen Fehler beging. Er konnte Rex sagen – er sollte Rex sagen – nein, er würde Rex sagen, dass er sich von Melissa getrennt hatte. Dass er nicht verlobt war, noch nicht einmal eine Freundin hatte, und dass eine Hochzeit vorerst außer Frage stand.
Andererseits … Dieser Abend heute gehörte Rex. Sams Familienstand war unwichtig. Und wenn Patricia an seinem Arm Rex glücklich machte und ihn überzeugte, dass Sam noch immer der richtige Mann für die Position war, dann sollte es eben so sein.
Sam startete den Wagen und fuhr zu Patricias Apartment, um sie abzuholen. Er fühlte
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