Julia Collection Band 51
das weiße Hemd vom Vorabend und eine Zahnbürste eingesammelt hatte und in seinem Auto saß. Auf dem Weg zu Patricias Wohnung murmelte er ständig sein neues Motto vor sich hin: „Jedes Problem ist auch eine Chance … jedes Problem ist auch eine Chance …“
Mit quietschenden Bremsen hielt er sieben Minuten später vor Patricia Apartmenthaus. Er nahm drei Stufen auf einmal und hämmerte atemlos gegen ihre Wohnungstür.
Patricia öffnete sofort. Verdutzt starrte sie ihn an. „Du hast ja gar kein Hemd an! Mildred wird gleich hier sein. Du kannst doch hier nicht ohne Hemd herumlaufen!“
„Hast du den Lippenstift von gestern aufgelegt?“ Er schaute auf ihren Mund. „Gut. Hier, küss das.“ Er hielt ihr das weiße Hemd hin, das er gestern getragen hatte.
„Wie bitte?“
„Patricia, uns bleibt nicht viel Zeit! Küss es einfach!“
Vorsichtig legte sie die Lippen auf den Kragen. Der Lippenstift hinterließ einen Fleck.
„Gut gemacht.“ Er verrieb den Fleck noch ein bisschen. „Wo sind deine Schuhe von gestern?“
„Im Schrank. Aber …“
„Hol sie.“
Er selbst streifte seine Schuhe ab. Einen warf er in den Korridor, den anderen ließ er liegen, wo er war. Als sie mit ihren Pumps wiederkam, warf er auch diese achtlos in den Korridor.
„Willst du dir nicht endlich das Hemd überziehen?“ Patricia folgte ihm in die Küche.
Er griff in die Tasche seiner ausgebleichten Jeans, die er übergezogen hatte, holte seine Manschettenknöpfe und Kleingeld heraus und verteilte die Sachen auf der Küchenanrichte. „Warum? Ist mein bloßer Oberkörper ein so grässlicher Anblick?“ Er warf gerade seinen Frack über die Lehne des großen Bambussessels und sah kurz auf. Und bemerkte Patricias hochrotes Gesicht. Er bemerkte, wie sie verlegen den Blick abwandte, dann aber unweigerlich wieder auf seine nackte Brust starrte, als könne sie es nicht verhindern.
Und zum ersten Mal an diesem Morgen entspannte er sich. „Patricia Peel, das hätte ich nie von dir gedacht.“ Er grinste. „Du fühlst dich also zu mir hingezogen!“
Sie schürzte die Lippen zu einem Schmollmund und fragte ihn stumm, nur mit einem Blick, was sie denn nun mit dem Abendkleid, das sie über dem Arm hielt, mache solle. Da er aber nur weiter grinste, ließ sie es einfach zu Boden gleiten.
„Das ist schon in Ordnung. Ich finde dich auch nicht übel. Ganz und gar nicht.“
Zum ersten Mal, seit er sie kannte, hatte es ihr die Sprache verschlagen. Zum ersten Mal, seit Patricia Peel zur Barrington Corporation gekommen war, wusste sie nichts zu erwidern, hatte keine Entgegnung parat. Er genoss den Augenblick und die Erkenntnis, dass die züchtige, zuverlässige, geradlinige Patricia Peel eine Schwäche für Männer mit bloßem Oberkörper hatte.
Doch in diesem Moment schlug auch schon die Klingel an. Ihm blieb keine Zeit mehr, den Augenblick zu genießen. Hastig drückte er Patricia seinen Frack und das Abendkleid in den Arm. „Hier, verteil das im Schlafzimmer“, befahl er. „Ist dein Bett gemacht?“
„Ja …“
„Natürlich, das war anzunehmen. Wühl es wieder durcheinander. Los, beeil dich.“
Patricia fragte nicht, wozu das gut sein sollte. Sie tat, wie ihr geheißen. Als sie aus dem Schlafzimmer zurückkam, klingelte es zum zweiten Mal. Sam saß inzwischen auf der Couch, in der einen Hand eine Tasse Kaffee, in der anderen die Morgenzeitung, die Füße auf den kleinen Tisch gelegt.
„Geh nur, mach auf.“ Er wirbelte sich noch einmal durchs Haar, damit es ungekämmt aussah. Zum Rasieren hatte er heute Morgen ja keine Zeit gehabt, aber das würde alles nur echter wirken lassen.
„Aber du hast doch noch immer kein Hemd …“
„Mildred wird ungeduldig werden. Geh, mach endlich auf.“
Sie verkniff sich einen Kommentar und ging zur Tür.
„Guten Morgen, Mildred.“ Er faltete die Zeitung zusammen und erhob sich, als die beiden Frauen gemeinsam ins Zimmer kamen. Er reckte sich genüsslich und rieb sich über die Bartstoppeln. „Patricia sagte mir, dass Sie schon mit der Hochzeitsplanung anfangen wollen.“
Mildred, korrekt geschminkt und in einem pastellfarbenen Kostüm, stand im Raum und starrte Sam verblüfft an. „Sie hatte ich nicht hier erwartet“, sagte sie geradeheraus.
Er sah an sich herunter, als würde er erst jetzt bemerken, dass er kein Hemd trug. „Ich muss mich entschuldigen“, meinte er gespielt zerknirscht, „meine Manieren lassen heute Morgen zu wünschen übrig.“ Er griff nach dem Hemd mit dem
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