Julia Collection Band 55 (German Edition)
denn den Champagner?“
„Damit vergeht die Zeit schneller.“
„Hoffentlich sind wir nicht betrunken, wenn sie uns abholen.“
„So lange dauert es bestimmt nicht“, versicherte ihr Charles. „Deshalb sollte wir besser wieder nach oben gehen, um den Anruf meines Vaters nicht zu versäumen.“
Oben angekommen, stellte Charles ein paar Stühle bei einem der Schreibtische zusammen. Dann nahm er zwei Pappbecher, die auf einem Tablett neben der Kaffeemaschine standen, und füllte sie mit Champagner.
So wurde es Mitternacht. Sie hatten gegessen und den Champagner zur Hälfte geleert. Charles genoss die Situation, und ein Blick auf Jennifer zeigte ihm, dass sie auch nicht gerade unglücklich aussah. Es mochte ja am Champagner liegen, aber es gefiel ihm, wie sie mit der ungewöhnlichen Situation umging.
Je mehr er darüber nachdachte, desto merkwürdiger erschien es ihm, dass sie anscheinend von allen vergessen worden waren. Die Belegschaft schien auf einen Schlag das Kaufhaus verlassen zu haben. Er würde am nächsten Morgen Nachforschungen anstellen müssen.
Zum wiederholten Mal blickte er auf seine Uhr. „Ich frage mich, wieso mein Vater nicht anruft.“
„Du solltest es noch einmal versuchen. Es ist jetzt nach Mitternacht, da wird er doch wohl zu Hause sein.“
Er versuchte es, aber erneut meldete sich nur der Anrufbeantworter.
„Sehr merkwürdig.“ Charles biss sich auf die Lippe.
„Um diese Uhrzeit sind doch die meisten Menschen daheim“, stellte Jennifer fest.
„Sollte man meinen. Vielleicht haben sie die Klingel leise gestellt. Meine Eltern haben einen reinrassigen Pudel, der auf laute Geräusche panisch reagiert.“
Jennifer schenkte sich noch etwas Champagner ein. „Dann werden wir die Nacht wohl hier verbringen müssen.“
„Ja, wenn du nicht doch die Polizei holen willst.“
„Auf keinen Fall. Wir sind jetzt schon seit zwei Stunden hier, und sie würden sich fragen, warum wir sie nicht sofort benachrichtigt haben.“
Charles setzte sich neben sie. „Aber was sollen wir denn morgen früh erzählen? Wäre das nicht noch viel schlimmer?“
„Der Sicherheitsdienst kommt doch als Erstes, oder?“
„Ja.“
„Vertraust du ihnen?“
„Ja.“
„Kannst du ihnen dann nicht alles erzählen? Verpflichte sie zur Verschwiegenheit, und versichere ihnen, dass wir nicht zusammen geschlafen haben.“
„Das klingt nach Vertuschung“, warf er belustigt ein. „Und seit Watergate wissen wir doch, dass Vertuschungsaktionen meistens einen noch größeren Skandal nach sich ziehen.“
Bedrückt nahm Jennifer einen weiteren Schluck Champagner. „Ich weiß nicht, was wir noch tun könnten. Dabei haben wir uns doch gar nichts vorzuwerfen.“
„Es muss doch einen Weg geben.“ Charles dachte angestrengt nach. „Was hältst du davon? Das Kaufhaus ist doch recht groß. Ich kann ja den Wachleuten erzählen, dass ich eingeschlossen wurde. Das ist ohnehin offensichtlich, weil ich unrasiert sein werde. In der Zeit kannst du dir ja die Kleider für die nächste Dekoration anziehen und dich irgendwo verstecken. Am besten in der Brasserie, denn die öffnet erst um elf. Wenn dann die ersten Kunden da sind, erscheinst du einfach, als ob du auf dem Weg zu deiner Arbeit bist. Niemand wird vermuten, dass du die Nacht hier verbracht hast.“
Jennifer überlegte. Schließlich nickte sie zustimmend. „Das könnte klappen. Aber was machen wir bis dahin?“
„Schlafen? Nein, ich meine nicht zusammen, getrennt natürlich. Wir haben genug Betten in der Möbelabteilung.“
„Okay.“ Ermüdet rieb sie ihre Augen und verschmierte dabei das Make-up. „Ich muss mich erst abschminken. Wo …?“
„Der Waschraum der Damen ist dort hinten.“
Jennifer stand auf und ging in die Richtung, die er ihr wies. Charles aß noch ein paar Cracker, bis sie zurückkam und wieder wie die ihm bekannte Jennifer aussah. Sie wirkte wie das nette Mädchen von nebenan, wenn man das betörende Nachthemd außer Acht ließ.
Es war, als vereinigte sie zwei unterschiedliche Charaktere in sich. Plötzlich erkannte Charles eine völlig neue Person in ihr. Eine, an die er gewohnt war und die er mochte. Und die verdammt sexy war. Er starrte sie voller Respekt an.
„Ohne Make-up ist es nicht das Gleiche, nicht wahr?“ Jennifer schaute verlegen zu Boden.
„Nein. Es ist besser.“
Sie schaute ihn mit großen Augen an. „Besser?“
„Wenn ich dich jetzt küssen würde, dann würde ich mich auch nicht mit Lippenstift
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