Julia Collection Band 55 (German Edition)

müssen wir nirgends hingehen. Die Couch ist doch sehr bequem, und alles, was wir tun müssen, ist die Tür abzuschließen.“
    „Meinen Mitarbeiter wird das seltsam vorkommen.“
    „Daran sind sie ja gewöhnt. Ich habe heute früh den neusten Klatsch gehört. Einige haben sich Gedanken gemacht, wieso sie gestern wieder so früh gehen konnten, obwohl wir noch im Schaufenster waren. Genau wie vor ein paar Tagen. Da haben sie eins und eins zusammengezählt.“
    „Du meinst, wir sollten das tun, was sie vermuten?“
    „Warum nicht? Ich bin ja keine deiner Angestellten mehr“, flüsterte sie, und der Glanz in ihren Augen ließ sein Herz höher schlagen.
    Charles verschloss die Tür. „Okay, aber nur ausnahmsweise während der Arbeitszeit, weil ich einfach keine Kraft mehr habe, mich zu weigern. Aber danach sollten wir Essen gehen und dann zu mir fahren.“
    Jennifer strahlte ihn an. „Ich habe immer gedacht, dass ich prüde wäre und mein Leben todlangweilig. Und jetzt verführe ich den Direktor Derring während der Öffnungszeit und werde ihn heiraten! Es ist, als ob ein unanständiges Märchen wahr geworden ist.“
    „Und mein Vater ist die gute Fee!“ Er nahm sie in die Arme. „Egal, solange ich nur mit dir in deinem kleinen, unanständigen Märchen leben kann.“ Er knabberte an ihrem Ohrläppchen und gab ihr dann einen Kuss. „Ich mag den unanständigen Teil am liebsten.“
    – ENDE –



San Juan – Insel des Begehrens

1. KAPITEL
    Hiermit vermache ich die Hälfte meines Vermögens meiner geliebten Ehefrau Beatrice. Die andere Hälfte soll unter folgender Bedingung zu gleichen Teilen meinen drei Söhnen zufallen: Jeder muss vor Antritt seines Erbes mindestens ein Jahr verheiratet sein. Sollte einer von ihnen unverheiratet bleiben, so erlischt der Anspruch auf das Erbe.
    Jasper Derring las die neue Klausel in seinem Testament aufmerksam durch. Der Brief war gerade mit der Post gekommen, und er nahm ihn mit in das Wohnzimmer seiner Villa in Chicago, von wo aus er einen herrlichen Ausblick auf den Lake Michigan hatte. Seine Frau Beatrice, mit der er seit über vierzig Jahren verheiratet war, sortierte gerade die Socken und Kniestrümpfe.
    „Warum machst du dir die Arbeit?“, fragte er etwas verwundert, denn das war eigentlich die Aufgabe ihrer Haushälterin, und setzte sich in einen Schaukelstuhl.
    „Es beruhigt mich.“ Bea hob den Kopf. Ihre haselnussbraunen Augen funkelten.
    „Strümpfe zu sortieren beruhigt dich?“
    „Solange ich noch Dunkelblau von Schwarz unterscheiden kann, weiß ich, dass mit meinen Augen alles in Ordnung ist. Und das ist beruhigend, wenn man allmählich auf die siebzig zugeht. Wieso bist du so angespannt?“
    „Unser Anwalt hat mir das überarbeitete Testament geschickt“, antwortete er, ohne auf ihre Frage einzugehen.
    „Oh.“
    „Jetzt haben wir es schwarz auf weiß, inklusive der neuen Klausel, genau, wie wir es besprochen haben.“
    „Ist es jetzt rechtskräftig?“, fragte Bea scheinbar beiläufig.
    „Ja. Ohne Heirat kein Geld. Egal, ob es meinen Söhnen nun passt oder nicht.“
    „Oder wie ich es finde“, murmelte Bea und legte eine Socke mit mehreren Löchern beseite.
    „Das haben wir doch alles ausführlich besprochen.“
    „Du hast geredet. Ich habe nur zugehört.“
    „Aber du hast doch zugestimmt.“
    „Ich habe nachgegeben. Das ist ein Unterschied.“
    „Ich mache nur, was ich für das Beste für unsere Kinder halte.“
    „Ich weiß. Du weißt immer, was das Beste ist, und alle anderen haben keine Ahnung. Bis du dann zu einer neuen Überzeugung gelangst, was das Beste ist. Ich hatte einfach gehofft, dass du wieder vernünftig wirst, und daher habe ich nachgegeben. Ich wollte nicht, dass du noch einen Herzinfarkt kriegst. Hoffentlich lebst du noch lange genug, um einzusehen, was für eine Dummheit du gemacht hast. Ich möchte, dass du diese unsinnige Klausel sofort wieder streichen lässt.“
    Jasper setzte sich ganz gerade hin. „Für einen jungen Menschen bedeutet die Ehe einen großen Halt“, erklärte er in salbungsvollem Ton. „Sie lässt ihn reifen. Das haben unsere sturen, ledigen Kinder bitter nötig, bevor sie mit einem solchen Vermögen überhaupt verantwortlich umgehen können. Ich will doch nur, dass sie einmal ernsthaft darüber nachdenken und die Ehe nicht leichtfertig ablehnen. Jake, zum Beispiel, hat uns beim letzten Mal erzählt, dass er in die Antarktis fährt. Letztes Jahr war er in Indien, um den Monsun zu studieren. Ich