Julia Collection Band 57
zerberstendem Glas und dass Yancey nach Adams rief.
Die Angestellten in der Küche hatten gut zu tun und bemerkten nicht, dass Maria auf die Veranda ging. Die leichte Brise vom Fluss tat ihr gut. Sie lehnte sich gegen die Balustrade, und allmählich ging die Übelkeit vorbei. Ihr Magen fühlte sich wieder normal an, nur die Schwäche steckte ihr noch in den Gliedern.
Sie hatte das Gefühl, als könnten ihre Beine sie nicht mehr tragen. Sie umklammerte das Geländer. Stimmengewirr und Lachen drangen aus den festlich geschmückten Räumen. Alle waren zu ihr gekommen und behandelten sie wie eine der ihren.
„Zu spät“, flüsterte sie, „ich habe es zu spät begriffen.“
„Alles in Ordnung, Miss Delacroix?“ Die Stimme kam vom anderen Ende der Veranda, wo das Licht nicht mehr hinreichte. Sie kannte die Stimme, wusste aber nicht, wem sie gehörte. Sie drehte sich schnell um, und wieder wurde ihr schwindelig. „Wer …?“
„Ich bin es, Tom Sims, Miss Delacroix.“ Tom trat in den Lichtkreis neben sie.
„Was tun Sie hier, Tom?“
„Ich muss mit Ihnen sprechen und hatte bisher nicht den Mut dazu.“
Wieder brach ihr der kalte Schweiß aus, und sie schwankte. Tom nahm sie schnell bei den Schultern. „Wollen Sie sich nicht setzen?“
Als sie nur nickte, ließ er sie vorsichtig auf die oberste Treppenstufe nieder. Neben der Tür stand auf einem kleinen Tisch eine Karaffe mit Wasser, und Tom brachte ihr schnell ein Glas. „Soll ich einen Arzt rufen?“
„Nein, danke, es geht schon. Ich musste nur mal an die frische Luft.“ Sie fühlte sich auch tatsächlich besser. Gleichzeitig ärgerte sie sich über sich selbst. Was war denn bloß mit ihr los? Wenn man sich überlegte, was sie alles im Dienst von Black Watch hatte durchstehen müssen, dann war ihre Reaktion einfach lächerlich, auch wenn sie in den letzten Wochen viel um die Ohren gehabt hatte.
Sie versuchte, sich auf das zu konzentrieren, was Tom gerade gesagt hatte. „Sie wollten mit mir sprechen? Ist irgendwas mit Joey? Kann ich irgendwie helfen?“
In dem hellen Licht, das aus dem Küchenfenster fiel, konnte sie sehen, dass er verzweifelt war. „Was ist denn?“, rief sie angstvoll.
„Es hat mit Ihnen zu tun“, presste Tom hervor und starrte sie an. „Seit Sie hier sind, haben Sie nur darüber nachgedacht, was Sie für uns tun können. Obwohl Sie Grund genug hätten, viele von uns zu hassen.“
„Nein, das stimmt nicht, Tom. Als ich kam, hatte ich nicht vor zu bleiben. Dann wollte ich denjenigen finden, der mich früher mal sehr unglücklich gemacht hat. Ich wollte mich rächen.“ Dann habe ich mich verändert, dachte Maria, und das nur wegen Jericho.
Sie wusste schon seit Jahren, dass sie sich verschlossen hatte, dass sie hart und gefühllos geworden war. Schmerz und Qual nahm sie nur noch mit der Kamera wahr, aber konnte nichts dabei empfinden. Bei ihrem letzten Auftrag, in der Wüste bei Josef, hatte sie das erste Mal seit langer Zeit gemerkt, dass auch ein Herz in ihrer Brust schlug. Ihr wurde jetzt erst klar, dass sie das nur Jerichos Liebe zu verdanken hatte.
„Warum fahren Sie wieder weg?“
Ja, warum? Jericho hatte recht, es ging Tom eigentlich nichts an, aber sie war zu erschöpft, um sich mit ihm auseinanderzusetzen. „Weil das für alle das Beste ist. Weil ich nicht möchte, dass meinetwegen irgendjemandem etwas Schlimmes zustößt.“
„Warum sollte das der Fall sein?“
„Das können Sie nicht wissen, Tom.“
Er machte einen Schritt auf sie zu. „Doch, ich weiß. Deshalb muss ich mit Ihnen sprechen.“
Maria hatte den Kopf in die Hände gestützt, jetzt fuhr sie mit einem Ruck hoch.
„Sie brauchen keine Angst zu haben, Miss Delacroix. Vor mir brauchten Sie nie wirklich Angst zu haben.“
„Was meinen Sie damit, Tom?“ Eiskalt kroch es ihr den Rücken hoch, ihre Kehle verengte sich. „Was soll das bedeuten?“
„Sie verstehen mich schon richtig.“
„Sie … Sie haben die Bombe gelegt?“ Das konnte doch nur ein Albtraum sein. Tom, der liebevolle freundliche Vater, konnte eine solche Gewalttat einfach nicht vollbringen. „Nein, unmöglich. Sie bringen so was nicht fertig. Joey braucht Sie doch. Joey …“ Maria hielt abrupt inne. Auf einmal wurde ihr klar, was er damit sagte. „Sie waren einer der Jungen, die mich überfielen“, flüsterte sie. „Aber warum? Sie waren doch neu in der Stadt und kannten mich kaum. Warum, um Himmels willen? Was hatte ich Ihnen getan?“
Die Fragen brachen nur so aus
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