Julia Collection Band 57
an die Hand und verbesserte sich: „Zu mir und zu Cade.“
Den Namen ihres Sohnes aus dem Mund seines Vaters zu hören, erfüllte Lindsey mit Freude, die jedoch sofort in Besorgnis umschlug und ihr eben gefasstes Vertrauen erschütterte. Wann würde ihre Scharade ein Ende finden? Wie, durch wen?
Während sie in den letzten Tagen allein im Haus gewerkelt hatte, war für sie klar gewesen, dass sie selbst das Versteckspiel beenden sollte. Doch es hatte sich nie der rechte Augenblick für ein ruhiges Gespräch ergeben. Jetzt lief ihr die Zeit davon.
Bald würden seine Brüder sich verabschieden. Dann würde nur noch Lincoln hier sein. Zumindest bis der Urlaub, den er sich genehmigte, zu Ende war und er wieder in seine Tierarztpraxis musste. Da würde sie es ihm sagen, an seinem letzten Tag. Vielleicht während Cade auf Entdeckungstour am Bach war und ihre Unterhaltung nicht mit anhören konnte. Oder besser noch, wenn er mit Brownie Hasen jagte.
Nachdem ihr Entschluss nun endlich feststand, hatte Lindsey das Gefühl, ihr sei eine Riesenlast von den Schultern genommen worden.
Ihr Lächeln war deutlich entspannter, als Cade Lincolns Hand losließ und fröhlich ein paar Schritte vor ihnen herhüpfte. Einmal konnte sie sogar lachen, und dann stieß sie einen richtigen kleinen Freudenschrei aus, als er sich umdrehte und begeistert auf das schattige Plätzchen zeigte, zu dem er und Lincoln sie geführt hatte. „Sieh mal, Mom, eine Überraschung für dich. Ist das nicht toll?“
„Meine Güte, Tiger, das kann man wohl sagen.“
Der Platz, der in den vergangenen Wochen den Handwerkern als Essplatz gedient hatten, war nicht wiederzuerkennen. Da, wo mit Wachstuch abgedeckte Sägeböcke mit Brettern gestanden hatten, stand jetzt ein Tisch, der mit Damast, Silber und Kristall eingedeckt war. Ganz zu schweigen von dem Aufgebot an Essen, das auf keinen Fall aus Miss Coreys Küche stammen konnte. Sie hatte die Männer mit einfachen, herzhaften Gerichten versorgt, die satt machten.
Die Köstlichkeiten dagegen, die auf dieser Festtafel standen, sahen nicht nur appetitlich aus, sie dufteten auch verlockend exotisch.
Lindsey, die den ganzen Tag kaum etwas gegessen hatte, verspürte plötzlich großen Hunger.
„Madame, darf ich Sie zu Tisch bitten?“ Lindsey drehte sich um. Neben ihr stand ein Hüne von einem Mann im weißen Dinnerjackett, der aussah wie ein Südseeinsulaner, aber ein perfektes, fast akzentfreies Englisch sprach.
„Cullen.“ Erfreut schüttelte Lincoln dem Riesen die Hand. „Ich hätte mir denken können, dass Sie in der Nähe sein würden, wo doch Eden und Noelle hier sind.“
„Da haben Sie völlig recht“, erwiderte Cullen schmunzelnd.
Lincoln nahm Lindsey wieder bei der Hand und lächelte sie an, wie er sie noch nie angelächelt hatte. „Darling, das ist Cullen, Edens Freund, Vertrauter, Majordomus und Kindermädchen.“
Lindsey tat, als verstehe sie voll und ganz. Aber Lincoln hatte sie wie selbstverständlich „Darling“ genannt. Und dieser ungewohnte Kosename verunsicherte sie so sehr, dass sie kein Wort von dem, was er sonst noch gesagt hatte, mitbekommen hatte. Dass der Hüne Cullen hieß, hatte sie nur deshalb behalten, weil ihr der Name so ungewöhnlich vorkam für einen Mann, der von einer Insel aus der Südsee stammte.
„Ich finde, ‚Kindermädchen‘ sollte die Liste anführen“, erklärte Jackson. „Und ein verdammt gutes ist er noch dazu.“
„Mindestens so gut wie Jackson“, mischte sich Jefferson mit ernster Miene ein, doch seine schönen Augen blitzten vergnügt. „Denn unser kleines Mädchen hat nicht nur Cullen um die Fingerchen gewickelt, sondern auch den guten alten Jackson.“
„Glaub bloß nicht, Lindsey, Lincoln wäre etwa weniger in die Kleine vernarrt als wir anderen“, lenkte Jackson ab.
Lincoln lachte, bestritt jedoch keineswegs, dass er die kleine Noelle sehr ins Herz geschlossen hatte. Stattdessen legte er Cade eine Hand auf die Schulter und zog ihn an sich. „Jetzt haben wir hier noch jemanden. Ein wenig älter und etwas weniger niedlich, aber trotzdem ein Herzensbrecher. Ich habe euch die Tage ständig darüber streiten hören, wer Cade als Helfer haben könnte, weil er einem so nett Gesellschaft leistet.“ Zwinkernd zog er dem Jungen den Stetson ins Gesicht. „Stimmt’s, Tiger?“
„Stimmt.“ Mit dem Daumen schob Cade den Stetson zurück. Eine Geste, die Lindsey in den letzten Wochen unzählige Mal bei Lincoln gesehen hatte.
Es rührte sie
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