Julia Collection Band 57
Lindsey so hilflos und ängstlich zu sehen.
Es tat ihm weh, dass sie schon einmal in ihrem Leben endlose Stunden in Krankenhäusern hatte warten müssen. Besonders, dass sie es allein hatte ertragen müssen, niemanden hatte, der ihr beistand. Niemanden, der sich genauso sorgte wie sie.
Aber diesmal war es anders. Es ging um ihren Sohn. Und seinen.
Sein Sohn.
Dieser Begriff ging Lincoln noch immer durch und durch. Ja, Cade war sein Sohn. Er hatte es von dem Moment an gewusst, als er beobachtete, wie der Junge sich in die Arme seiner Mutter warf, um mit ihr im Schein der untergehenden Sonne auf der Veranda der Stuart-Farm zu tanzen. Auch seine Brüder wussten Bescheid. Es war ihnen deutlich anzumerken, wenn sie Cade anschauten. Aber keiner sprach das Thema an. Selbst Jackson hielt seine Zunge im Zaum.
„Das hier ist nicht wie bei Lucky, Lindsey.“ Lincoln war sich durchaus bewusst, dass er vielleicht alles noch schlimmer machte. Doch er musste einfach versuchen, sie zu trösten. „Hier geht es um Cade. Seine Verletzung ist ernst, aber nicht lebensbedrohlich. Er ist jung und kräftig, und er hat dich. Das wird ihm sehr helfen.“
Lindsey schaute ihm forschend in die Augen. „Meinst du das wirklich ernst?“
„Ja. Ohne jeden Vorbehalt.“
„Aber …“
„Aber nichts, Lindsey. Gar nichts. Wir sollten jetzt nur daran denken, dass Cade wieder gesund wird.“ Er lehnte sich zurück, ohne ihre Hand loszulassen. „Ich habe vorhin mit einer Schwester gesprochen. Ich habe keine Ruhe gelassen. „Als sie merkte, dass sie mich nicht loswerden würde, ehe ich nicht die gewünschte Auskunft hatte, ließ sie sich einen Zwischenbericht über Cade geben.“
Auch wenn er es nicht für möglich gehalten hätte, wurde Lindsey noch bleicher. Ängstlich suchte sie seinen Blick. „Sie konnte mir allerdings nur sagen, dass die Operation gut verlief und dass wir in einer halben Stunde Genaueres erfahren werden. Bis dahin werden Adams und Eden aus der Cafeteria zurück sein. Und Jackson sollte seine Pferde versorgt haben und wird Jefferson saubere Sachen mitbringen.“ Sanft strich er mit dem Rücken seiner freien Hand über ihre Wange. Statt zärtlich ihre Lippen zu küssen, wonach er sich so sehr sehnte, begnügte er sich damit, kurz mit dem Fingerknöchel ihren Mundwinkel zu streifen.
„Jefferson?“ Durch Lincolns Liebkosung wie hypnotisiert, begriff Lindsey nur langsam. „Jefferson ist noch hier? Er war die ganze Zeit über hier, und ich habe ihn nicht gesehen?“
Lincoln wunderte sich über ihren unerwartet heftigen Ton. „Wo sollte er sonst sein, Lindsey? Wo sollten wir alle sein, wenn nicht hier? Jackson wäre nicht mal für kurze Zeit weggefahren, wenn er in seinen Stallungen in River Trace genügend Personal hätte.“
„Wo ist Jefferson denn?“ Lindsey entzog Lincoln ihre Hand und stand zum ersten Mal seit über einer Stunde auf, um hin und her zu gehen. Doch sie merkte schnell, dass sie höchstens das kurze Stück bis zu einem privaten Aufzug gehen konnte. Oder den Korridor entlang bis zu der Tür, die Cade von ihr trennte.
Cade war hier, um im Belle Terre Trauma-Center behandelt zu werden, dank Jefferson. Auf einmal wurde ihr bewusst, dass sie mit ihrer Angst nicht allein war. Sie drehte sich zu Lincoln um. Er war inzwischen auch aufgestanden. Wie gern hätte sie ihr Gewissen erleichtert und ihm endlich die Wahrheit gesagt. Doch es wäre unfair, eine alte Wunde aufzureißen, weil sie sich momentan schwach fühlte.
Heute war schon genug geschehen.
„Wo ist Jefferson?“, fragte sie erneut. „Ich möchte ihn gern sprechen.“
Lincoln überraschte ihre veränderte Haltung, ermutigte ihn aber auch. „Ein Freund aus der Highschool arbeitet und wohnt auch hier. Jeffie hat ihn überredet, dass er bei ihm duschen darf und er ihm ein paar alte Sachen leiht, bis Jackson ihm saubere Sachen bringt.“ Zögernd ergänzte er: „Und dass er auf seinem Zimmer bleiben kann, bis wir etwas von Cade hören.“
„Auf dem Zimmer eines alten Freundes bleiben, bis wir von Cade hören? Aber warum?“ Lindsey musste erkennen, dass sie sich gar nicht klargemacht hatte, wie sehr der Unfall auch alle anderen berührte, die Cade mochten. Wie wenig Notiz sie von den Menschen genommen hatte, die derart nett zu ihr und ihrem Sohn waren.
Adams, Eden und Jackson waren ihr nicht von der Seite gewichen, bis Jackson gezwungen war, sich um seine Pferde zu kümmern. Eden hatte diesen Zeitpunkt genutzt, um Cullen anzurufen, der
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