Julia Collection Band 61 (German Edition)
fruchtlose Suche gar nicht erst begonnen. „Manchmal habe ich das Gefühl, dass dein Vater die Mühle absichtlich in den Ruin getrieben hat“, meinte er. „Ich dachte, er sei nur inkompetent gewesen, aber dies hier …“
Kate legte ihm beruhigend eine Hand auf den Arm. „Solange ich zurückdenken kann, hat mein Vater alles und jeden gehasst. Seine Eltern. Meine Mutter. Diese Stadt. Es ist durchaus möglich, dass er die Mühle und alles, wofür sie stand, ebenfalls gehasst hat.“
„Wenn er das alles so gehasst hat, warum ist er dann geblieben? Als sein Vater starb, hätte er das Geschäft profitabel verkaufen und von den Erträgen leben können.“
„Ich glaube …“ Kate zögerte. „Na ja, vermutlich ging es ihm darum, irgendwie Rache an meinem Großvater zu nehmen.“
„Aber dein Großvater starb vor zwölf Jahren.“
Sie nickte. „Mein Großvater liebte dieses Geschäft, das seit Generationen in seiner Familie war. Er hatte die Mühle in eine effiziente Firma verwandelt. Aber er hat seinem Sohn niemals ein Mitspracherecht eingeräumt“, erklärte sie. „Ich bin nicht sicher, aber ich glaube, mein Großvater hat immer daran gezweifelt, dass mein Vater zum Manager taugt. Leider erbte mein Vater alles, als Großvater plötzlich an einem Herzinfarkt starb, obwohl er völlig unvorbereitet für die Aufgabe war.“
Während sie hinaus in die Dunkelheit schaute, ließ Kate müde die Schultern sinken. „Ich bin sicher, dass mein Vater sich entschloss, die Mühle allein zu führen, nur um zu beweisen, dass er es konnte. Aber als die Zeiten härter wurden, weigerte er sich, sich Hilfe von außen zu suchen. Da hatte ihn der Hass schon aufgefressen, genau wie später der Krebs, der ihn schließlich getötet hat.“
Es fiel Chase auf, dass Kate fast genauso gehandelt hatte. Hatte auch ihr Vater nicht geduldet, dass sie etwas mitbestimmte – genau wie sein Vater vor ihm? War auch ihr Herz voller Hass?
Chase beantwortete sich diese Frage mit einem entschiedenen Nein. Er hatte keinerlei Anzeichen von Hass erkennen können, seit er zurückgekehrt war. Aber vielleicht war es eine Art Hass gewesen, der Kate vor zehn Jahren veranlasst hatte, dem Sheriff eine Lüge aufzutischen. Es musste doch einen Grund dafür gegeben haben.
„Hast du irgendeine Idee, wie wir weitermachen sollen?“, fragte Chase, während er aufstand, sich den Nacken rieb und die Gedanken an die Vergangenheit verscheuchte. Die Zukunft der Mühle sah schlimm genug aus. „Fällt dir noch irgendetwas ein, was wir probieren können?“
Kate drehte sich zu ihm um, und in ihren Augen glomm ein Hoffnungsschimmer auf. „Vielleicht. Ich könnte wetten, dass der eine oder andere Reisfarmer, der mit meinem Großvater Geschäfte gemacht hat, uns sagen könnte, warum alles schiefgelaufen ist. Vielleicht könnten sie uns einen Rat geben.“
„Das ist gar keine schlechte Idee.“ Chase erinnerte sich an etwas, was er vorhin gesehen hatte, und zog einen Ordner heraus. Nachdem er ihn geöffnet hatte, deutete er auf einen Eintrag. „Hier, diesen beiden Farmern aus der Nachbargemeinde schuldet die Mühle noch Geld. Sie müssen daran geglaubt haben, dass sie sich wieder erholt, sonst hätten sie deinem Vater kein Geld geliehen.“
Kate schaute ihn an und sah so verletzlich aus, dass er gar nicht anders konnte. Er zog sie in seine schützenden Arme. Sie holte tief Luft, als wollte sie nicht so schwach erscheinen, doch dann ließ sie sich gegen ihn sinken, schlang die Arme um ihn und hielt ihn fest.
Weil er wusste, wie viel ihr die Mühle bedeutete, hatte Chase hart gearbeitet, um eine Lösung zu finden – besser gesagt, ein Wunder, das sie retten konnte. Leider war er inzwischen fest davon überzeugt, dass er hier keins vollbringen konnte. Aber solange in Kates Augen noch dieser Hoffnungsschimmer aufflackerte, war er nicht bereit aufzugeben und die Mühle niederzureißen – noch nicht.
Er legte eine Wange an ihren Kopf und atmete den vertrauten Duft ein. Der Geruch erregte ihn, wie immer, wenn er Kate in den Armen hielt.
„Vielleicht ändert sich morgen endlich das Wetter“, meinte er, während er in Gedanken schon bei später war – später, wenn sie endlich wieder zusammen im Bett liegen würden. „Wenn es aufklart, sollten wir versuchen, Termine mit den beiden Farmern zu bekommen, okay?“
Kate nickte und kuschelte sich noch enger an ihn.
Obwohl er ihr am liebsten gesagt hätte, dass alles gut werden würde und dass sie einen Weg finden
Weitere Kostenlose Bücher