Julia Collection Band 61 (German Edition)
wunderbar, was Sie bisher geleistet haben.“
Tyson sah sie einen Moment nachdenklich an, dann nickte er und reichte ihr den Briefstapel.
„Frank Jarvis sagte, Sie haben eine gewisse Erfahrung auf diesem Gebiet. Das schließt hoffentlich ein, dass Sie auch Dankesbriefe aufsetzen können. Manche dieser Briefe hätten schon vor einem halben Jahr beantwortet werden sollen.“
„Geldgeber fühlen sich nicht geschätzt, wenn ihre Spenden nicht gewürdigt werden.“
„Sie sind nicht die Erste, die ich für diesen Job eingestellt habe.“ Tyson zuckte mit den Achseln. „Sie sind schon die vierte, nein, die fünfte Angestellte, von der ich hoffe, dass sie sich verantwortlich um die Stiftungsbelange kümmern wird und mir damit den täglichen Kleinkram abnimmt. Bisher hat es keine länger als ein paar Wochen ausgehalten.“
„Aber wieso denn nicht? Das Gehalt ist angemessen, und mein Büro ist großzügig ausgestattet.“
Tyson seufzte. „Ich glaube, es ist die Kleinstadtatmosphäre, die den jungen Frauen zu schaffen machte. Das nächste große Shoppingcenter ist immerhin drei Autostunden entfernt.“ Er strich sich nervös durchs Haar und fuhr dann fort: „Die letzte Kandidatin allerdings hatte wohl andere Probleme. Jedenfalls hatten wir eine heftige Auseinandersetzung, an deren Ende sie mich anfauchte und meinte, sie würde nie wieder auf ein gut aussehendes Scheusal hereinfallen. Offensichtlich hat sie mich vollkommen falsch eingeschätzt.“ Er machte eine Pause. „Ich bemühe mich, jedem Menschen gegenüber absolut ehrlich zu sein, und erwarte das Gleiche von meinen Mitmenschen. Na ja, vielleicht ist das zu viel verlangt.“ Achselzuckend griff er nach dem Cowboyhut, der an einem Haken an der Tür hing. „Ich habe einen Termin mit meinem Anwalt und einem potenziellen Sponsor. Das wird sich wohl ein paar Stunden hinziehen.“
Er schätzte Ehrlichkeit. Merri schluckte. „Lassen Sie sich Zeit.“
Tyson nickte ihr kurz zu und verließ das Büro.
Seine Worte hatten sie nervös gemacht, doch sie hatte keine Wahl. Sie musste ihn und alle anderen belügen, wenn sie ihre neu gewonnene Freiheit behalten wollte.
2. KAPITEL
Irgendetwas war mit dieser neuen Assistentin los. Während Tyson mit seinem Jeep die kurze Strecke zur Kanzlei seines Anwalts fuhr, ging ihm Merri Davis nicht aus dem Kopf. Es war schon merkwürdig, dass Frank so plötzlich jemanden für ihn gefunden hatte, nachdem er selbst schon so lange vergeblich nach einer passenden Mitarbeiterin gesucht hatte. Außerdem war sie anders als die anderen. Ihre Vorgängerinnen waren ausnahmslos ausgesprochen schöne Frauen gewesen, hatten aber wenig Verständnis für seine Stiftung gehabt und noch weniger Organisationstalent mitgebracht, das bei ihrem Job unverzichtbar war.
Er hatte sich jedes Mal gewundert, weshalb diese Frauen sich ausgerechnet in einer texanischen Kleinstadt wie Stanville verkriechen und ihr Leben dem Wohlergehen fremder Kinder widmen wollten. Dennoch hatte er immer gehofft, sie würden bleiben.
Merri Davis war anders. Sie war freundlich, aber reserviert und sah in ihrem schwarzen Hosenanzug und den flachen Schuhen aus, als wäre sie nur an der Arbeit interessiert. Sie schien mit dem Leben in der kleinen Stadt zufrieden zu sein.
Stanville war sein Zuhause. Tyson war dankbar, dass seine Geschäfte ihn immer nur kurzzeitig wegführten. Er hatte genug Geld, um zu leben, wo er wollte. Und das war hier. Aber Merri?
Sie hatte die helle Haut einer Blondine. Er fragte sich, weshalb sie ihr Haar nicht wenigstens durch ein paar Strähnchen aufgehellt hatte und es offen trug, statt es in einem strengen Knoten zusammenzufassen. Er hatte noch nie eine Frau getroffen, die so wenig Wert auf ihr Äußeres legte wie Merri Davis. Sie trug weder Make-up noch Schmuck. Sie war groß und schlank, und unter ihrem locker sitzenden Hosenanzug war wenig von ihrer Figur zu erkennen.
Ihre Augen interessierten ihn am meisten. Merri verbarg sie hinter dicken, schwarz gerahmten Brillengläsern. Dennoch sah man, dass sie leuchtend grün waren, was durch die dichten dunklen Wimpern noch betont wurde. Wenn sie sich unbeobachtet glaubte und ihn unter gesenkten Lidern betrachtete, funkelten ihre Augen wie Smaragde.
Ja, das war nicht übertrieben. Aber offenbar wollte sie nicht, dass man ihre strahlenden Augen sah. Irgendetwas stimmte da nicht. Merri war im Grunde ganz anders, als sie sich der Welt präsentierte, davon war Tyson felsenfest überzeugt. Er wusste noch
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