Julia Collection Band 62
Kinderstimme. Er schaute verunsichert, denn er hatte die ängstliche Stimmung wahrgenommen.
„Nein, Schätzchen, er hat sich nicht verlaufen. Aber er versucht, einen Job mit den Kühen zu machen, der für ihn allein zu hart ist in diesem Wetter, und wir müssen helfen.“
Wir?
Nun, sie hatte keine Ahnung, ob sie eine große Hilfe sein würde, doch die Vorstellung, Gray alleine nach seinem Großvater suchen zu lassen, erschreckte sie. Eine gewisse Vorahnung machte sich im Raum breit. Irgendetwas stimmte nicht. Pete hätte längst zurück sein müssen.
„Sehr gut, Jill“, lobte Gray. „Mach uns etwas zu essen. Ich sattle Highboy, und du nimmst den Pick-up, soweit du ihn fahren kannst.“
„Auf dem Zettel steht, dass er das Funkgerät mitgenommen hat“, warf Louise ein. Sie klang immer noch schwach und zittrig.
Nachdem sie sich so viele Monate am Riemen gerissen hatte, bewegte sie sich nun am Rande eines Zusammenbruchs. Die Neuigkeiten über Mitch und ihr Enkelkind schienen zu viel zu sein.
„Ich nehme das andere und versuche, ihn darüber zu erreichen, sobald wir nah genug dran sind“, erklärte ihr Sohn. „Ich hoffe allerdings immer noch, dass er in den nächsten zehn Minuten hier auftaucht und ich ihn ordentlich zurechtstutzen kann.“
Doch Pete kam nicht.
Jill häufte ein Sandwich über das nächste und brachte Louise dazu, sich aufs Sofa zu setzen und zu essen – mit Sam und Firefly.
„Ich schätze, ich werde krank“, flüsterte die ältere Frau mehr als einmal. „Ein Virus oder so was.“
Sie schien von ihrem eigenen Zustand mehr als erstaunt zu sein. Jill machte sich große Sorgen und beschloss, Dr. Blankenship anzurufen.
„Wissen Sie was? Ich komme vorbei“, entschied die Ärztin bestimmt. „Sie haben vollkommen recht, Jill, das ist nicht die Louise McCall, die ich kenne. Ich werde in einer halben Stunde da sein, okay?“
„Vielen Dank, Doktor.“ Jill schluchzte vor Erleichterung.
Gray hatte sich unterdessen um Pferd und Truck gekümmert. Er ritt auf Highboy voraus, während Jill ihm in dem Fahrzeug folgte. Sie sah, wie er das Tier antrieb, eine Hand an den Zügeln, die andere am Funkgerät, mit dem er Pete zu erreichen suchte. Aus der Entfernung konnte sie nicht erkennen, ob er Erfolg hatte.
Offensichtlich nicht, wie sie ein paar Minuten später herausfand.
An einer Wegkreuzung wartete er auf sie. Jill kurbelte das Fenster herunter und fragte: „Hattest du Erfolg?“
„Nichts. Entweder hat er es ausgeschaltet oder …“
„Wie können wir ihn finden?“
„Bete, dass er sich an die übliche Route gehalten hat. Wir treffen gleich auf eine Art Schlucht, da musst du dann stoppen und mit mir kommen.“
„Mit dir kommen? Du meinst, auf dem Pferd?“
„Genau.“
Ihr Blick richtete sich auf sein Gesicht und fixierte ihn.
Er fügte hinzu: „Du bist zierlich. Das geht schon. Außerdem ist Highboy stark.“
Sie nickte. „Aha.“
Ihr Puls beschleunigte sich.
Plötzlich grinste er. Das schelmische Funkeln in seinen schwarzen Augen traf sie mitten ins Herz. „Willst du etwa sagen, dass ich endlich etwas auf dieser Ranch gefunden habe, das du nicht gerne in Angriff nimmst, Jill Brown?“
„Du weißt, ich habe noch nie auf einem Pferd gesessen. Ich habe ein wenig …“
„Respekt?“, schlug er vor.
Das war ein Wort, das sie selbst in diesem Zusammenhang schon häufiger gebraucht hatte, und sie musste die Wahrheit zugeben. „Respekt geschrieben wie A-n-g-s-t.“
Er antwortete nicht, sondern bohrte seinen Blick nur noch weitere fünf Sekunden direkt durch sie hindurch, so, als ob er auf etwas wartete. Sehr geduldig. Voller Verständnis, falls sie entscheiden sollte, dass …
„Also gut, Gray. Es ist nur ein Pferd, richtig? Kein Elefant.“
Sie fuhr noch weitere hundert Meter hinter ihm her, dann hielten sie beide an. Sie schaltete den Motor ab und sah, wie er noch einmal das Funkgerät ausprobierte, dann aber frustriert mit den Schultern zuckte. Sie sprang aus dem Auto, griff nach einer Tasche mit einer Notfallausrüstung und ging auf ihn zu.
Er war auf dem Pferd sitzen geblieben und beugte sich jetzt hinunter, um die Tasche entgegenzunehmen und am Sattel zu befestigen. Jill stand neben dem großen Hengst und spürte die Wärme des Tiers als starken Kontrast zu der Kälte um sie herum. Sie und Gray waren dick angezogen, dennoch machte sich die Temperatur allmählich deutlich bemerkbar.
Gray streckte ihr seine Hand entgegen, löste seinen Fuß aus dem Steigbügel
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