Julia Exklusiv 0180
Lügen allmählich immer leichter fiel.
Chris blickte Yorke nach. „Wenn das die Konkurrenz ist …“, sagte er bedeutungsvoll. Er war aber zu höflich, um deutlicher darauf hinzuweisen, wie unwahrscheinlich es war, dass ein völlig Unbekannter Sabina küsste.
Am liebsten wäre sie sofort nach Hause gegangen, hätte sich ins Bett gelegt und eine Woche lang unter der Decke versteckt.
Ihre guten Manieren halfen Sabina, den Abend zu überstehen. Sie plauderte angeregt mit Chris, obwohl sie sich Yorkes Nähe überdeutlich bewusst war.
Glücklicherweise hatten sie und Chris das Essen schon fast beendet, also musste Sabina die Tortur nicht lange erdulden, überall hinzusehen außer zu Yorke und seiner attraktiven blonden Begleiterin.
Beim Hinausgehen konnte Sabina allerdings nicht widerstehen, verstohlen zu Yorke zu blicken. Er merkte es nicht einmal. Nein, er betrachtete seine Begleiterin so hingerissen, dass wahrscheinlich die Decke hätte einstürzen müssen, bevor er überhaupt etwas anderes wahrgenommen hätte als diese Frau.
„Das war ein wunderbarer Abend“, bedankte Sabina sich auf dem Heimweg.
„Freut mich, dass es Ihnen gefallen hat“, erwiderte Chris. „Haben Sie am Wochenende schon etwas vor?“
„Meine Eltern erwarten mich“, erwiderte sie ausweichend, was nicht völlig gelogen war, wenn sie tatsächlich das Wochenende in Surrey verbrachte. Und das hatte sie in dieser Sekunde beschlossen.
„Und die folgende Woche?“, fragte Chris, als er das Auto vor dem Apartmenthaus anhielt.
Da sie gerade einen netten Abend mit ihm verbracht hatte, wollte sie ihm nicht sagen, dass sie lieber zu Hause bleiben würde.
„Gehen Sie gern ins Theater?“, fragte sie.
Yorke würde ja auch nicht allein zu Hause herumsitzen …
„Oh ja“, antwortete Chris hoffnungsvoll.
„Dann besorge ich Karten“, versprach Sabina. Sie verabschiedete sich und ging ins Haus. Nein, sie würde nicht ständig zu Hause bleiben, sondern ausgehen, so oft es möglich war. Falls Yorke annahm, sie würde im Apartment sitzen und Trübsal blasen …
Aber wahrscheinlich dachte Yorke gar nicht an sie. Er hatte ja seine schlanke Blondine. Und sie, Sabina, wollte gar nicht, dass er an sie dachte. Womöglich daran, wie leidenschaftlich sie auf seinen Kuss reagiert hatte. Nein, danke!
Ach, zum Kuckuck mit dem Kerl. Nun tat es Sabina nicht länger leid, ihn geschlagen zu haben. Das bewies schließlich, dass sie ihn keineswegs mochte.
Ob er die Blondine gern hatte? Bedeutete sie ihm viel? Plötzlich war Sabina eifersüchtig. Die Eifersucht tat weh.
Dann sagte sich Sabina, dass Yorkes Begleiterin nicht einmal gemerkt hatte, dass er auf dem Weg zum Tisch eine andere Frau geküsst hatte – wenn auch nur auf die Wange.
Einige Tage vorher hatte Yorke sie viel leidenschaftlicher geküsst, rief sich Sabina ins Gedächtnis. Das hätte er doch sicher nicht getan, wenn er eine andere liebte. Ganz zu schweigen davon, dass er sogar mit ihr, Sabina, geschlafen hätte, wenn sie ihn nicht in letzter Minute gestoppt hätte. Nein, wie ein unmoralischer Frauenheld wirkte Yorke nicht. Die Frage war nur, interessierte er sich ernsthaft für die blonde Frau?
Diese Frage beschäftigte Sabina fast den ganzen folgenden Tag. Falls Yorke sich für die Blondine interessierte, warum hatte er dann das Wochenende ohne sie bei seiner Großmutter verbracht, nachdem er gerade erst aus Japan zurückgekehrt war?
Ganz einfach: Er hatte seine Freundin nicht mitnehmen können, da seine Großmutter glaubte, er sei mit ihr, Sabina, verlobt …
Obwohl sie sich ständig mit dem Problem beschäftigte, erledigte sie viel Arbeit, was sie überraschte.
Zu Hause kochte Sabina eine Kleinigkeit und versuchte, an etwas anderes zu denken – vielmehr an jemand anderen. Sie wünschte sich, Natalie würde anrufen.
Allerdings wusste Sabina noch immer nicht, wie sie der Freundin jemals am Telefon erklären sollte, dass Rod deren Verlobungsring nicht gekauft, sondern gestohlen hatte.
Sabina spülte das Geschirr und ging anschließend ins Wohnzimmer. Sie wusste nicht, wie sie sich die Zeit vertreiben sollte. Der Abend schien sich endlos lang vor ihr auszudehnen. Schließlich beschloss Sabina, ausgiebig zu duschen und sich dann die Fingernägel zu maniküren.
Sie hatte aber gerade erst geduscht und sich etwas angezogen, als es klingelte. Ob das Yorke ist? dachte Sabina sofort. Nein, das war unsinnig. Wer konnte es dann sein?
Oliver vielleicht. Er hatte letztens gesagt, er werde
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