Julia Exklusiv Band 0194
Stattdessen blickte sie starr zur Zimmerdecke hinauf. Was hätten sie einander noch sagen können? Sie war die ganze Zeit seine Frau gewesen, aber er hatte diese Tatsache ignoriert, weil er nicht die Absicht hatte, sie als Ehefrau zu behalten. Am schlimmsten war jedoch, dass sie ihm sein Verhalten nicht verübeln konnte. Welchen Sinn hätte es gehabt, sie über die Fakten aufzuklären, wenn die Scheidung unweigerlich erfolgen würde? Für sie hätte es lediglich bedeutet, die gleiche Verzweiflung zum zweiten Mal durchleben zu müssen.
Warum, um alles in der Welt, hatte er mit diesem Unsinn angefangen, dass sie seine Frau bleiben sollte? Falls ihn sein schlechtes Gewissen dazu getrieben hatte, so war das sein Problem. Für Faye gab es nur einen Weg aus dem Dilemma: Scheidung. Kein weiteres Taktieren mehr. Warum hatte er sich nicht schon im vergangenen Jahr von ihr getrennt?
Grenzenlose Leere machte sich in ihr breit, und die Kopfschmerzen wurden schlimmer. Nachdem sie zwei Aspirin geschluckt hatte, ging es ihr bald besser, und sie schlief ein.
Als Faye Stunden später erwachte, waren die Kopfschmerzen vollends verschwunden. Sie betrachtete im Spiegel den schwarz-blauen Bluterguss an ihrer Schläfe. Glücklicherweise verbarg ihr Haar das Schlimmste. Nach einem Bad und einem leichten Lunch inspizierte sie ihre Garderobe.
Die Auswahl war gigantisch, die Sachen füllten einen ganzen Raum. Erst vor einer Woche hatte Sharif Dutzende von Designer-Outfits aus dem Ausland einfliegen lassen. Anfangs war sie wegen seiner Großzügigkeit verlegen gewesen, doch dann hatte die Versuchung gesiegt. Eitelkeit und der Wunsch, Sharif zu gefallen, hatten über ihr Gewissen triumphiert.
Faye entschied sich für ein elegantes Kostüm in einem warmen Goldton. Sie wollte gut aussehen, wenn sie ihm mitteilte, dass sie die Scheidung wünschte – er sollte merken, was er verlor, auch wenn es sich nur um eine Bettgespielin handelte.
Als sie nach unten kam, hörte sie, dass Sharif nicht mehr im Palast, sondern in der Haja war. Sie bat um ein Transportmittel und musste endlos lange warten, bis schließlich eine Limousine mit zwei kleinen Flaggen von Jumar auf der Motorhaube vorfuhr. Zu ihrer Überraschung wurde der Wagen von einer Motorradeskorte der Polizei begleitet sowie von zwei Autos, die ihnen unmittelbar folgten. Als die Kolonne die Stadt erreichte, wurden rote Ampeln ignoriert und der übrige Verkehr gestoppt. Zum ersten Mal dämmerte Faye, dass die Ehe mit Sharif mit einer normalen Ehe nicht vergleichbar war und jeder kleine Ausflug, den sie vielleicht machen wollte, Konsequenzen nach sich zog.
Latif erwartete sie am Seiteneingang des riesigen Gebäudes. Er war höchst besorgt über ihren Sturz und versicherte ihr, dass in der Muraaba nunmehr jede Wendeltreppe restauriert und zur größeren Sicherheit mit einem Handlauf ausgestattet werde.
Als Faye in Sharifs Büro geleitet wurde, begann ihr Herz heftig zu klopfen.
Er stand am Fenster und blickte ihr entgegen. „Ich war sehr erstaunt, als ich hörte, dass du hierher unterwegs seist. Du bist recht blass. Setz dich“, bat er. „Die Ärzte meinten, du solltest ein paar Tage ruhen.“
„Ich stehe lieber.“ Seine ehrliche Fürsorge weckte ihren Widerspruchsgeist. „So, wie du mich bei meinem ersten Besuch hier hast stehen lassen.“
„Du solltest mich besser kennen. Mein Mangel an Höflichkeit war kein Vorsatz, sondern ein Versehen. Unser Gespräch hat auch mich aus der Fassung gebracht.“
„Davon habe ich nichts bemerkt.“
„Es hat mich schockiert, dass meine Frau nicht die leiseste Ahnung zu haben schien, dass sie meine Frau ist“, erwiderte er sanft.
„Nun, die Sache ist jetzt nicht mehr wichtig. Ich weiß überhaupt nicht, warum ich überhaupt erwähnt habe, dass du versucht hast, mich in diesem albernen Hof bei lebendigem Leib zu kochen.“
Sharif kam näher. „So? Ich kann mir recht gut vorstellen, was du in diesem Moment denkst und fühlst. Du bist gerade dabei, eine lange Liste meiner Sünden zu erstellen, damit du sie wie eine Mauer zwischen uns halten kannst.“
„Ich …“
„Damals habe ich bei dir nicht anders reagiert. Auch ohne dich zu sehen, habe ich immer neue Verfehlungen von dir gesammelt. Du hast nicht einmal kondoliert, als mein Vater starb. Wir lebten zwar getrennt, aber du warst meine Frau, und ich war mir dessen stets bewusst. Ich hielt dich für herzlos.“
„Ich hatte daran gedacht, dir zu schreiben“, flüsterte sie beschämt. Der
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