Julia Exklusiv Band 238 (German Edition)
Khatib bin Jamal heißen.“
„Das ist der Name meines ältesten Bruders“, bestätigte Hanif. „Ich bin der dritte Sohn von Jamal.“
Sie nickte. „Aber ich kann mich immer noch nicht erinnern, wo ich Ihren Namen schon einmal gehört habe.“
Hanif schien Mitleid mit ihr zu bekommen. „Vielleicht hilft es Ihnen, wenn ich Ihnen ein Foto meines Vaters zeige“, meinte er und rief einen Diener herbei, der offensichtlich vor dem Zimmer gewartet hatte. Hanif gab ihm eine knappe Anweisung, und der Mann verschwand eilig. Als er wieder erschien, hielt er ein kleines Stück Papier in der Hand. Hanif bedeutete ihm, es Lucy zu reichen.
Der Angestellte reichte ihr das Papier mit beiden Händen und verbeugte sich dann tief, wobei er es die ganze Zeit über vermied, ihr direkt in die Augen zu schauen. Dann verließ er den Raum.
„Das ist eine Banknote Ihres Landes“, stellte Lucy irritiert fest. „Hundert Riyal.“
Hanif schwieg. Offensichtlich hatte sie etwas übersehen. Lucy drehte den Geldschein um. Auf der Rückseite war eine Abbildung des Emirs.
„Oh.“ Jetzt wusste sie wieder, wo sie den Namen Khatib gelesen hatte – auf der Website von Ramal Hamrah, als sie sich vor ihrer Reise im Internet über das Land informiert hatte. „Warum haben Sie mir das nicht gleich gesagt?“
„Ich hielt es nicht für wichtig. Und ich habe es Ihnen jetzt auch nur gesagt, weil ich Sie beruhigen wollte. Mein Cousin hat nur deshalb Informationen über sie bekommen, weil er in meinem Namen darum gebeten hat. Niemand anders wird etwas über Sie oder Ihren Aufenthaltsort erfahren.“
„Es sucht mich auch niemand“, antwortete sie. „Es tut mir leid, Hanif, aber Steve wird nicht auftauchen und mich mitnehmen.“
Einen Augenblick lang glaubte sie, dass er sie nach Steve fragen würde. Doch er sagte lediglich: „In diesem Fall ist es umso wichtiger, dass Sie hier gut aufgehoben sind. Wir werden uns um Sie kümmern. Und sobald Sie sich gut genug fühlen, wird Zahir Sie zu Ihrer Botschaft bringen, damit Sie dort neue Papiere beantragen können.“
„Warum tun Sie das?“, fragte sie. „Sie hätten mich doch gleich der Botschaft übergeben können. Warum haben Sie mich bei sich aufgenommen und sich persönlich um mich gekümmert?“ Sie wusste, dass Hanif mehr für sie getan hatte, als sich mit reiner Gastfreundschaft erklären ließ.
Er schien zu überlegen. „Vielleicht musste ich es tun. Für mich.“
Lucy öffnete den Mund und schloss ihn dann wieder. Sie hatte auf einmal das Gefühl, dass Hanif sich mit dieser Antwort schon ungewöhnlich weit geöffnet hatte und dass sie nicht weiter in ihn dringen sollte. Wie er mit gerunzelter Stirn dasaß, wirkte er beinahe verletzlich.
Also wandte sie ihre ganze Aufmerksamkeit dem Kuchen auf ihrem Teller zu, um Hanif Zeit zu geben, sich wieder zu sammeln.
Nach einer Weile stand er ruckartig auf und verließ das Zimmer. Doch bereits nach wenigen Sekunden kehrte er wieder zurück. „Sind Sie bereit?“
„Ja“, antwortete sie und starrte dann auf den Rollstuhl, den er mitgebracht hatte. „Aber den brauche ich nicht.“
„Es ist zu weit“, widersprach er. „Aber wir nehmen die Krücken mit, und sobald wir unten sind, können Sie den Garten auf eigene Faust erforschen.“
„Sind Sie sicher?“ Sie hatte ein schlechtes Gewissen, und zwar nicht nur, weil sie ihn wegen des Spaziergangs angelogen hatte. Tatsächlich konnte sie sich jetzt, wo er den Vorschlag gemacht hatte, nichts Schöneres vorstellen, als draußen im Garten zu sitzen. Aber der Rollstuhl beschäftigte sie. Sie konnte sich nicht vorstellen, dass Hanif ihn für sie aus dem Krankenhaus mitgebracht hatte. Bestimmt hatte seine Frau diesen Stuhl benutzt, nachdem sie zu schwach zum Gehen geworden war.
Lucy ahnte, dass alles, was Hanif für sie tat, Erinnerungen an damals heraufbeschwören musste. „Ich möchte Sie nicht von Ihrer Arbeit abhalten“, gab sie zu bedenken.
„Der Westen hat vier Jahrhunderte darauf gewartet, die Werke von Abu Jafr zu lesen, da spielen ein paar weitere Stunden keine Rolle.“
Sie wusste, dass jeder weitere Protest nur undankbar gewirkt hätte, und nahm Hanifs Hand, der ihr half, sich vom Sofa zu erheben und anschließend in den Rollstuhl zu setzen. Dabei strich sie sich mit der freien Hand die Haare aus dem Gesicht. „Ich nehme an, dass Zahir nicht daran gedacht hat, mir Haarnadeln oder etwas Ähnliches zu besorgen, oder? Normalerweise trage ich das Haar immer zurückgebunden. Hat
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