Julia Extra 0353
überhaupt benimmt.“
Emmeline schritt über den edlen Teppich und setzte sich Hannah gegenüber. „Wenn du vorgibst, krank zu sein, kann Scheich Al-Koury dich nicht zur Arbeit zwingen. Und du musst das Hotel nicht einmal verlassen. Ich buche dir morgen einen Wellness-Tag, und du lässt dich den ganzen Nachmittag verwöhnen …“
„Aber ich klinge wie eine Amerikanerin aus Texas und nicht wie die Prinzessin von Brabant.“
„Gestern beim Poloturnier habe ich gehört, wie du Scheich Al-Koury in akzentfreiem Französisch vorgestellt hast.“
„Während der Highschool war ich ein Jahr lang als Austauschschülerin in Frankreich.“
„Dann sprichst du einfach Französisch.“ Plötzlich lächelte Emmeline. „Wir schaffen es. Bring morgen bitte die Haarfarbe mit. Blond für dich und Kastanienbraun für mich. Dann färben wir uns die Haare und tauschen die Kleider. Das wird ein Abenteuer!“
Emmelines Lachen klang ansteckend, Hannah musste unwillkürlich lächeln. „Und es ist wirklich nur für ein paar Stunden?“
Emmeline nickte. „Ich werde vor dem Abendessen zurück sein.“
Hannah wurde nachdenklich. „Und bist du allein auch wirklich sicher?“
„Warum nicht? Die Leute werden denken, dass ich Hannah Smith bin.“
„Du hast doch nichts Gefährliches vor?“
„Ganz und gar nicht. Ich werde Palm Beach nicht verlassen. Bitte hilf mir.“
Die Prinzessin schien wirklich verzweifelt, und Hannah hatte noch nie einem Menschen ihre Hilfe verwehrt. „Also gut, ich mache es. Aber nur für einen Nachmittag.“
„Danke!“ Emmeline nahm ihre Hände. „Du bist ein Engel und wirst es nicht bereuen. Das verspreche ich.“
1. KAPITEL
Raguva, drei Tage später
Oh, doch – Hannah bereute es. Sie bereute es sogar mehr, als sie je etwas in ihrem Leben bereut hatte.
Drei Tage waren vergangen, seit sie mit Emmeline die Rollen getauscht hatte. Drei Tage, in denen ihr Leben eine Lüge gewesen war.
Hannah hätte die Maskerade beenden sollen, bevor sie gestern zum Flughafen gefahren war.
Sie hätte die Wahrheit sagen sollen, als noch Gelegenheit dazu war.
Doch stattdessen hatte sie das Privatflugzeug des Königs bestiegen und war nach Raguva geflogen. Als wäre sie tatsächlich die berühmte Prinzessin aus Europa und nicht nur eine Sekretärin aus Amerika, die rein zufällig eine verblüffende Ähnlichkeit mit Emmeline hatte …
Hannah atmete tief durch, damit sich ihre Nerven beruhigten. Sie steckte bis zum Hals in Schwierigkeiten und musste jetzt unbedingt einen kühlen Kopf bewahren.
Keine leichte Übung, denn gleich sollte sie Emmelines Verlobtem, dem mächtigen König Zale Ilia Patek, gegenübertreten.
Sie hatte keine Ahnung, was man von einer Prinzessin erwartete. Und nun stand sie hier in der Abendrobe, die bestimmt 30.000 Dollar gekostet hatte. Immerhin hatte sie die ganze letzte Nacht damit zugebracht, mit ihrem Handy alle verfügbaren Informationen über König Zale Patek von Raguva im Internet zu recherchieren.
Nur eine Wahnsinnige würde vor einen Hofstaat treten und so tun, als sei sie die Verlobte des Herrschers.
Aber schließlich hatte sie Emmeline ihr Wort gegeben. Wie hätte sie die Prinzessin im Stich lassen können?
Hannah drückte die Schultern durch und holte noch einmal tief Luft, als die goldene Tür geöffnet wurde, hinter der sich der große Thronsaal des Palasts auftat.
Sie zwang sich, nur auf das erhabene Podest mit dem Thron zu achten, das an der gegenüberliegenden Seite des Saals stand. Zu ihren Füßen breitete sich ein langer roter Teppich aus. Als eine Stimme ihr Erscheinen verkündete, verstummte das Stimmengewirr im Saal sofort: „Ihre Königliche Hoheit, Prinzessin Emmeline von Brabant, Herzogin von Vincotte, Gräfin d’Arcy.“
Die förmliche Vorstellung ließ sie noch nervöser werden. Wieso hatte sie sich bloß darauf eingelassen, mit Emmeline die Rollen zu tauschen?
Warum hatte sie nicht erkannt, dass Emmelines Plan alles andere als durchdacht war?
Weil sie zu sehr damit beschäftigt gewesen war, die Wellness-Behandlungen zu genießen und sich über den freien Tag zu freuen. Am darauf folgenden Morgen hätte sie schließlich ihre ebenso anstrengende wie aufregende Arbeit als Sekretärin von Scheich Makin Al-Koury aus dem reichen Ölstaat Kadar wiederaufnehmen sollen.
Nur war Emmeline nicht zurückgekehrt.
Stattdessen hatte sie angerufen und SMS-Nachrichten geschickt, ob Hannah die Verkleidung noch für ein paar Stunden beibehalten könne. Aus den Stunden
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