Julia Extra 0353
moniert, dass sie sich mit Haut und Haar auf die Dinge einließ. Seine Kritik war an ihr abgeprallt, in dem festen Glauben, dass ihr Lebensprinzip „Wer nicht wagt, der nicht gewinnt“ sie weiterbringen würde. Doch in diesem Fall hatte es nicht funktioniert. Sie hatte alles gewagt und alles verloren und dann den Boden unter den Füßen verloren.
Alex öffnete die Tür und gab ihr den Vortritt.
Jennie erblickte das Chaos vor sich. Heute Morgen noch hatten sie, Alice und Coreen sich hier für die Hochzeit umgezogen, und niemand hatte das Zimmer bisher aufgeräumt. Überall lagen Kleidungsstücke und Toilettenartikel herum und zerstörten die romantische Atmosphäre, die dieser Raum eigentlich hätte haben sollen. Gott sei Dank.
Steif marschierte Jennie bis in die Mitte des Raums und wartete mit angehaltenem Atem, dass die Tür hinter ihr ins Schloss fiel. Als sie das Geräusch hörte, zuckte sie unwillkürlich zusammen.
Jetzt musste sie sich nur noch umdrehen und ihn anschauen, doch sie war wie gelähmt. Ihr Blick fiel auf den Champagnerkübel in der Ecke, in dem eine ungeöffnete Flasche im Eiswasser lag.
Alex machte einen Schritt auf sie zu und blieb stehen.
Was war los mit ihm? Hatte er Angst, ihr zu nahe zu kommen? Sie drehte sich um und sah, wie er sie intensiv musterte.
„Das letzte Mal, als ich dich in diesem Kleid gesehen habe, hast du mir ewige Treue geschworen.“
Trotzig verschränkte Jennie die Arme vor der Brust. „Ich hätte liebend gern etwas anderes angezogen, aber ich hatte keine Wahl. Ich kann kaum erwarten, es wieder auszuziehen.“
Und es zum Fenster rauszuwerfen oder zu verbrennen, dachte sie.
Ein ironisches Lächeln umspielte seinen Mund. „Ich werde dich nicht daran hindern.“
Sie warf ihm einen wütenden Blick zu. „Du … du bist …“
„Soll ich dir sagen, welche Beschreibung auf mich passt?“ Er machte einen Schritt auf sie zu. „Ich bin der Mann, den du verlassen hast, noch bevor die Tinte auf der Heiratsurkunde trocken war. Genau der bin ich!“
Jennie unterdrückte ein Lachen. In welcher Welt lebte Alex eigentlich?
„Ich habe dich verlassen? Das ist ja absurd. Wer saß denn fast eine Woche wartend im Hotel, nachdem sich der Ehemann in Luft aufgelöst hat? Ganz bestimmt nicht du!“
„Das ist doch lächerlich! Ich habe mich nicht in Luft aufgelöst, wie du es nennst“, konterte Alex. „Du hast gewusst, wo ich war und warum. Jeden Tag habe ich dich angerufen, mich entschuldigt und versprochen, so schnell wie möglich zurückzukommen. Was hätte ich denn noch sagen sollen?“
Aber es ging nicht um das, was er zu ihr gesagt, sondern was er nicht gesagt hatte. Plötzlich hatte sie Tränen in den Augen. Ein paar wunderbare Monate lang war sie das Zentrum seiner Liebe und seiner Aufmerksamkeit gewesen. Jennie hatte jede Minute genossen, es war wie der Himmel auf Erden. Für ihn hatte sie gestrahlt und geleuchtet und ihr Glück kaum fassen können.
Doch dann war dieser Anruf gekommen, der alles zerstörte.
Es stimmte, er hatte sie zu Beginn zwischen seinen Terminen immer wieder angerufen. Aber es waren kurze informative Gespräche ohne persönliche Note gewesen. Und aus den ursprünglichen zwei Tagen wurde fast eine Woche. Die Zeit verstrich und nichts passierte …
„Du hast mir nie erklärt, warum du so lange in England bleiben musstest.“ Alex wollte antworten, doch sie schnitt ihm das Wort ab.
„Ich weiß, dass Becky einen Autounfall hatte. Damit will ich ja auch nicht sagen, du hättest nicht fahren sollen. Aber mir ist einfach nicht klar, warum ausgerechnet du dich um sie kümmern musstest. Schließlich seid ihr schon lange geschieden. Hat sie denn keine Familie, die für sie da ist?“
„Ich hätte dir gern alles erklärt, aber du warst nicht erreichbar“, erwiderte Alex wütend und fuhr fort: „Schließlich bin ich mit Becky verheiratet gewesen. Und es gibt Dinge, die du nicht weißt, Jennie. Dinge, die auch ich erst im Krankenhaus erfahren habe.“ Sein Gesicht verdüsterte sich. „Nach unserer Trennung blieb vieles unausgesprochen. Als sie nach ihrem Unfall nach mir gefragt hatte, wusste ich, dass ich ihr noch eine Chance geben musste, bevor es zu spät war. Verstehst du das?“
Jennie nickte, doch es war eine hohle Geste. Natürlich, sie hätte Alex verstehen müssen, doch es gelang ihr einfach nicht. Wie sollte sie auch? Sie wusste zwar, dass es eine Exfrau gab, doch mehr hatte er ihr nie erzählt, sodass Jennie davon ausgegangen war, dass
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