Julia Extra 0353
Alex vertraut? Sie war so dumm gewesen!
Nicht einmal ihrer Familie hatte sie Bescheid gesagt, dass sie zurück war. Alle hatten geglaubt, sie wäre in Mexiko und würde sich dort in der Sonne aalen, was Jennie nur recht gewesen war. Sie hatte Zeit gebraucht, um ihre Wunden zu lecken, und wollte niemanden sehen. Mehr als eine Woche hatte sie sich in ein kleines Häuschen in Norfolk zurückgezogen, das einem Freund von ihr gehörte. Dann war sie in ihre Wohnung zurückgekehrt. Zu diesem Zeitpunkt hatte ihr Handy aufgehört, ununterbrochen zu klingeln. Alex schien es aufgegeben zu haben. Beschämt über das Geschehen, hatte sie ihrer Familie nichts gesagt und war wieder in ihren Alltag eingetaucht.
Obwohl ihr Gewissen an ihr genagt hatte, Alex doch anzurufen, hatte sie nichts unternommen. Ihre Verletzung war einfach zu groß gewesen, und sie war stur. Er hatte auf sie zugehen sollen, nicht umgekehrt, denn schließlich war er davongelaufen. Noch immer brannte diese Schmach tief in ihr.
„Du hast dich also irgendwann dazu herabgelassen zurückzukommen. Wie großmütig von dir!“, spie sie schnippisch aus.
Alex ignorierte ihren kindischen Kommentar, was sie noch mehr reizte. „Bei meiner Ankunft im Hotel erfuhr ich, dass meine Frau vor zwei Tagen abgereist war.“
Jennie zeigte keine Reaktion. Was hatte er erwartet? Sie waren erst eine Woche verheiratet gewesen, als er plötzlich verschwand. Eine Woche! Welche Frau hätte das nicht als Affront empfunden? Oh nein, unter keinen Umständen würde sie ihm die Opferrolle überlassen. Dieser Part kam ihr zu, und sie würde ihn bis aufs Letzte verteidigen. So leicht konnte er ihr nicht davonkommen.
„Okay, Alex. Wenn du mir wirklich vertraust, dann sag mir endlich, was passiert ist, nachdem du mich im Hotel zurückgelassen hast“, forderte sie ihn auf.
Alex stieß einen tiefen Seufzer aus und ließ sich ebenfalls in einem Sessel nieder. „Ich weiß, dass ich dir eine Erklärung schuldig bin. Das ist einer der Gründe, warum ich hier bin. Obwohl ich mir nicht vorstellen kann, dass dir die Wahrheit besonders gefallen wird. Vielleicht willst du dich sofort wieder von mir scheiden lassen, denn es wird alles verändern, was wir uns für die Zukunft vorgestellt haben.“
Jennie schluckte. Er klang so ernst. Nervös fuhr sie sich mit der Zungenspitze über die Lippen.
„Willst du … willst du denn überhaupt mit mir verheiratet bleiben?“, fragte sie ihn mit klopfendem Herzen.
Alex rührte sich nicht, aber der verzweifelte Ausdruck in seinem Blick traf Jennie mitten ins Herz.
„Wenn ich etwas verspreche, dann halte ich es auch“, erwiderte er leise.
4. KAPITEL
Es stimmte. Alex stand immer zu seinem Wort, selbst wenn es mit Schwierigkeiten verbunden war. Einfach zu verschwinden war für ihn ein Zeichen von Schwäche.
Er sah Jennie an, die nur mit Mühe ihre Tränen zurückhalten konnte. Plötzlich schämte er sich für sein Verhalten. Auf der Fahrt hierher war er noch Herr der Lage gewesen und fest entschlossen, Jennie zur Rede zu stellen. Doch sobald er sie erblickt hatte, waren all seine Absichten in sich zusammengefallen.
Was war es nur an ihr, das ihm die Sinne so vernebelte? Er war ein beruflich erfolgreicher Mann und in der Lage, seine Gefühle unter Kontrolle zu halten. Wie konnte es also einer einzigen Frau gelingen, all das auf den Kopf zu stellen?
Er wollte sich nicht mehr beirren lassen und anfangen, sich wie ein erwachsener Mann zu verhalten. Das sollte doch nicht so schwierig sein. Aber als Jennie ihn mit bebender Stimme gefragt hatte, ob er überhaupt weiter mit ihr verheiratet sein wollte, hatte sie so verletzlich auf ihn gewirkt. Es hatte ihn zutiefst berührt und all seine Wut innerhalb von Sekunden weggefegt.
Es war, als gäbe es zwei Jennies – die eine, die er geheiratet hatte, und die andere, die ihn verlassen hatte. Aber welche von beiden war real und welche nur Illusion?
Die Frau, die er geheiratet hatte, war äußerst lebendig, intelligent und kompetent. Sie war eine Frau, die das Leben mit Schwung anging. Er hatte ihre Stärke und ihren Mut bewundert, aber vielleicht war er auch nur geblendet gewesen. Ihre Souveränität war für ihn ein Zeichen innerer Stärke gewesen. Doch nachdem sie so Hals über Kopf aus Paris abgereist war, war er zu einem anderen Schluss gekommen. Vielleicht existierte diese Stärke nur an der Oberfläche, und sie war in Wirklichkeit nur eine selbstbezogene Person, die gar nicht in der Lage war, sich auf
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