Julia Extra 0353
musste. Auch wenn es ihr nicht unbedingt leichtfallen würde, mit Luca gemeinsame Sache zu machen. Es wäre selbstsüchtig, wenn sie zuließe, dass ihre Vergangenheit Grans finanzieller Rettung im Weg stand. Normalerweise war es ja eher Lucas Stil, juristische Angelegenheiten in die Hände überbezahlter erfahrener Fachleute zu legen, aber wenn er sich in diesem Fall persönlich um alles kümmern wollte, musste Poppy eben in den sauren Apfel beißen. Wie schwer konnte das schon werden?
„Ich muss dringend das kaputte Fenster verschließen“, überlegte Luca laut und sah sich im Zimmer um. Anscheinend fand er nichts Passendes, um die Scheibe provisorisch zu ersetzen.
Froh darüber, sich mit einer sinnvollen Aufgabe ablenken zu können, kniete Poppy sich auf den Boden. „Wie wäre es damit?“, fragte sie und zog eine alte Kiste hinter der Kaminecke hervor. Sie leerte alte Zeitungen und das Anmachholz, das Gran darin aufbewahrte, aus und reichte die Kiste Luca.
Er nickte anerkennend. „Das dürfte gehen. Du bist ein patentes Mädchen, cara .“
Geflissentlich überhörte sie diesen unangebrachten Kosenamen und beobachtete Luca schweigend bei der Arbeit.
„Das sollte erst einmal halten“, murmelte er nach einer Weile und begutachtete sein Werk.
Poppy verspürte ein tonnenschweres Gewicht auf der Brust, während Luca direkt vor ihr leichtfüßig vom Tisch sprang, den er sich unter das Fenster gezogen hatte. Er war barfuß und trug nur noch seine Hose, was ihm das Aussehen eines gestrandeten Piraten verlieh. Der Bartschatten und die nassen, dichten Haarsträhnen taten ihr Übriges.
Das ist wohl der Nachteil an einem Ehemann wie Luca, überlegte sie und versuchte zu ignorieren, wie dicht er vor ihr stand. Ob er nun verheiratet ist oder nicht, bei jeder Gelegenheit werfen sich ihm die Frauen schamlos zu Füßen. Wenigstens braucht Aurelia sich bei mir keine Sorgen zu machen!
Hastig sprang Poppy auf und kam ins Schwanken, als sie von Luca abrücken wollte, der sie unverwandt anstarrte.
„Sieh mich nicht so an!“, sagte sie irritiert.
Er hob eine Schulter. „Du wirkst immer noch so wahnsinnig jung. Sieben Jahre sind ins Land gezogen, und dein Aussehen ist …“ Er suchte nach Worten. „Einfach großartig“, schloss Luca nach kurzem Zögern.
„Es ist eher lästig, würde ich behaupten wollen“, widersprach Poppy. „Du machst dir keine Vorstellung, wie oft ich irgendwo meinen Ausweis vorzeigen muss. Außerdem nehmen die Leute dich nicht besonders ernst, solange sie dich für einen Teenager halten.“
Das brachte ihn zum Lachen. „Wenn du mal so alt bist wie ich, wirst du es als Kompliment verstehen.“
„Aber du bist doch nur fünf Jahre älter als ich, Luca.“
An diesem Altersunterschied hatte er sich schon seit jeher festgebissen, vor allem als es darum gegangen war, weshalb er unbedingt die Beziehung hatte beenden wollen. Poppy hatte all die üblichen Fragen gestellt: Was stimmt nicht mit mir? Was habe ich falsch gemacht?
„Chronologisch vielleicht, aber in Bezug auf die Lebenserfahrung, cara , bin ich dir hundert Jahre voraus.“ Sein tiefdunkler Blick fiel auf ihren Mund, und er stellte sich vor, wie sie irgendwann zur Frau geworden war – und durch wen? Unter anderen Umständen hätte er sie selbst in die Geheimnisse der körperlichen Liebe einführen können. Dürfen!
Plötzlich verachtete er sich für diese Gedanken, und das nicht zum ersten Mal. Hätte er mehr Energie in seine Ehe investiert, als dem hinterherzutrauern, was er verpasst hatte, hätte Aurelia sich nicht isoliert und einsam gefühlt.
Dann würde sie vielleicht noch leben.
Er hatte zwei Existenzen ruiniert, aber wenigstens war Poppy seinem schädlichen Einfluss rechtzeitig entzogen worden. Sie hatte sich von ihm und seinem zerstörerischen Einfluss gelöst.
Und nun führte sie ein selbstständiges Leben. Allerdings konnte er nicht mehr aufhören, daran zu denken, wie wunderbar sie sich gerade eben noch in seinen Armen angefühlt hatte. Als würde sie dorthin gehören, als würden sie perfekt zueinanderpassen.
Seine eigenen Gedanken ermüdeten ihn, und Luca schüttelte langsam den Kopf. „Komm, wir verstärken das Fenster noch ein wenig“, schlug er vor und konzentrierte sich auf die Arbeit, um nicht gleich wieder schwach zu werden.
4. KAPITEL
Nachdem sie die beschädigte Scheibe ausreichend gesichert hatten, stopfte Luca sein Designerjackett in die letzte verbliebene Lücke, für die das Holz der Kiste nicht
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