Julia Extra 360
seine Wahl war vortrefflich. Von diesem Winkel aus bekam man vor allem durch den Kameraausschnitt tatsächlich einen wesentlich besseren Blick auf das Anwesen. Der Regen hatte inzwischen ganz aufgehört, und es war auch nicht mehr so stürmisch. Maxie hoffte, dass ihr etwas frische Luft mehr Klarheit im Kopf verschaffen könne. Sie musste dringend Abstand zu ihrem mürrischen, ungemein attraktiven Gastgeber gewinnen, damit er sie mit seiner Anziehungskraft nicht länger von der Arbeit ablenkte.
„Wenn du deinen Apparat in diesem Winkel hältst …“, hörte sie ihn sagen und drehte sich erschrocken um. Diego stand dicht hinter ihr und griff über ihre Schulter, um das Gerät in die richtige Position zu bringen. „So kannst du das Haus genau zwischen den Bergen auf der einen und dem Ozean auf der anderen Seite aufnehmen. Ein Postkartenmotiv.“
Glücklicherweise rückte er wieder von ihr ab, damit sie ihr Foto machen konnte.
„Das war echt ein außergewöhnlicher Blickwinkel, vielen Dank“, sagte Maxie, als sie wieder zurück in den Jeep stieg.
Er zuckte die Achseln. „Dafür bist du schließlich hergekommen.“
„Stimmt.“
Schweigend fuhren sie über das Kopfsteinpflaster der Auffahrt hinauf zum Haupthaus. Hinter dem riesigen Eisentor befand sich der große Vorplatz, den farbenfrohe, gepflegte Blumenbeete einrahmten. Alles wirkte pompös und überbordend, aber nicht auf eine unangenehme Art und Weise. In der Mitte des Vorplatzes sprudelte sogar eine kleine Wasserfontäne und spritzte glitzernde Perlen in die Luft. Dichte Büsche voller Blüten umschmeichelten die etwas schroffen Seitenfassaden des aufwendig restaurierten alten Hauses.
Diego parkte direkt vor der breiten Steintreppe am Eingang, auf deren Absatz eine ältere Dame wartete, die ihre Hände vor dem Bauch gefaltet hatte. Hinter ihr stand einladend die Doppelflügeltür aus massivem Holz offen, was ein ebenso herzliches Willkommen signalisierte wie das strahlende Lächeln der Frau.
„Willkommen im Palacio Acosta “, verkündete Diego. „Man hat ihn allerdings auch schon als muffigen, alten Kasten bezeichnet, von dem angeblich keiner mehr genau wissen kann, wann er zusammengeschustert wurde.“
„Also ich finde ihn traumhaft“, widersprach Maxie inbrünstig und fragte sich, wie man nur so negativ sein konnte. Wer hatte so etwas Hässliches gesagt? Eine seiner Exfreundinnen? Der Gedanke behagte ihr gar nicht, andererseits ging es sie wirklich nichts an.
„Darf ich dir meine zauberhafte Haushälterin Maria vorstellen?“, begann er höflich, als sie gemeinsam die Stufen hinaufstiegen, damit die Frauen einander kennenlernen konnten.
„Es ist mir eine Freude …“ Kaum hatte Maxie den Satz begonnen, als die rundliche Haushälterin sie schon herzlich umarmte. Offenbar hatte das abweisende Verhalten ihres Arbeitgebers in keiner Weise auf Maria abgefärbt.
„Ich geh mal nach den Pferden sehen“, verabschiedete Diego sich. „Ihr beide kommt bestimmt bestens miteinander zurecht.“
„Sicher.“ Maxie war immer noch fest entschlossen, den Frieden zwischen ihnen zu wahren. „Danke, dass du mich vom Hafen abgeholt hast.“ Ehrlich gesagt fand sie es schade, auf ihn verzichten zu müssen. Seine Gesellschaft wäre äußerst hilfreich und … total elektrisierend, aufreibend und so gefährlich gut wie Extremsport. „Dann bis später.“
Zuerst das Geschäft, ermahnte Maxie sich. Da ich sowieso nicht allein herumstreifen soll, muss ich mich mit Diego absprechen, und dann verbringen wir genug Zeit miteinander … Um was zu tun? Darüber würde sie sich später Gedanken machen.
Ihm schienen ähnliche Gedanken durch den Kopf zu gehen. „Unsere Wege werde sich bald kreuzen, weil wir ja schließlich unter einem Dach leben“, murmelte er. Allerdings machte es den Anschein, als könnte er auf diesen Umstand gut und gern verzichten.
„Wann immer es dir passt“, erwiderte sie betont fröhlich und wandte sich schnell ab, um ihre roten Wangen zu verbergen. Beschwingt betrat sie das Haus, und schon begann sie, ihn zu vermissen …
Sobald er außer Hörweite war, zerrte er sein Mobiltelefon hervor und rief seinen Bruder an. „Was tust du mir da eigentlich an, Ruiz?“, zischte er und stützte sich auf einem Pfeiler ab, um sein Bein zu entlasten.
„Wenn ich nur wüsste, wovon du sprichst“, antwortete Ruiz, „könnte ich dir vielleicht helfen. Deine Laune hat sich in der Einsamkeit ja nicht gerade gebessert. Falls du einen Rat willst: Du
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