Julia Extra 360
lachend hin und her, Hunde jagten Bällen nach, und Paare picknickten auf dem Rasen.
„Wahrscheinlich wird es ziemlich hart, aber ich werde es schaffen“, sagte sie optimistisch.
„Wäre es nicht besser gewesen, wenn du gewartet und jemand geheiratet hättest, der dir … na ja … ein richtige Familie schenken könnte?“
„Vielleicht, aber ich hatte nie heiraten wollen. Inzwischen weiß ich auch, dass ich keine Kinder bekommen kann und insofern nie eine eigene Familie hätte haben können. Aber, wie gesagt, ich hatte schon immer Angst vor dem Heiraten“, gestand Ellie.
„Warum?“, hakte er nach.
„Weil ich befürchtet habe, meine Ehe könnte wie die meiner Eltern werden. Die beiden waren eher wie Zimmergenossen als wie richtige Partner. Jeder von beiden kam und ging nach eigenem Ermessen und Belieben. Wir haben selten etwas als Familie unternommen“, berichtete Ellie bedrückt. „Ich konnte mir nicht vorstellen, ich könnte es später mal besser machen.“
„Das denken wohl viele Leute“, meinte Finn nachdenklich.
„Du auch?“
Er lachte kurz. „Seit wann dreht sich das Gespräch um mich?“
„Ich bin nur neugierig. Du kommst mir wie ein Mann vor, der an sich gern eine Familie gründen würde.“
„Na, das bin ich aber ganz und gar nicht.“ Er stand auf und warf den Rest seines Sandwiches in den Abfalleimer.
Ellie hatte ein Gefühl, als hätte Finn eine Tür zwischen ihnen geschlossen. Sie war ganz offen zu ihm gewesen, er wollte es umgekehrt nicht sein. Das tat weh.
Im Park drüben hatte sich eine junge Familie auf dem Rasen niedergelassen und teilte sich eine Packung Kekse. Die Mutter neckte den Jungen, indem sie ihm einen Keks hinhielt und ihn wegzog, wenn er danach griff. Das brachte den Kleinen zum Lachen.
Ein schmerzliches Gefühl durchzuckte Ellie. Sie sehnte sich nach solchen Momenten der Nähe und Verbundenheit. Wenn sie bisher anderes gedacht hatte, war das eine Lüge gewesen. Ja, sie hatte sich selbst etwas vorgemacht.
Finn kam zu ihr zurück, und ihr war überdeutlich klar, dass sie mit ihm nicht das Märchen vom ewigen Glück erleben würde. Er ging ihre Beziehung an wie ein Geschäftsabkommen: ohne Emotionen und persönliche Bindungen.
Genau das hatte sie gewollt.
Aber jetzt, da sie es bekommen hatte, kam ihr der Sieg schal vor.
Denn sie hatte sich bereits sehr daran gewöhnt, Finn zum Ehemann zu haben.
7. KAPITEL
Nach einer Stunde auf dem Laufband und dreißig Minuten Gewichtstraining war Finn immer noch verspannt und frustriert. Er musste ständig an Ellie denken, aber er konnte sich nicht dazu bringen, zu ihr nach Hause zu fahren.
Ihm war klar, dass er schon viel zu intensiv und zu oft an sie dachte. Als sie mittags über ihre Einstellung zur Ehe geredet hatte, hätte er ihr am liebsten erklärt, dass er genauso empfand wie sie und eigentlich auch nie hatte heiraten wollen.
Er hatte sich aber noch rechtzeitig besonnen und vermieden, ihr seine persönlichsten Gedanken zu offenbaren.
Sich einem anderen Menschen zu sehr zu öffnen war ein Fehler, wie er wusste. Den wollte er auf keinen Fall wiederholen. Ellie sah ihn ja nur als Mittel zum Zweck, um die Adoption durchführen zu können. Was er fühlte, war unerheblich.
Während Finn die Langhantel stemmte, obwohl seine Muskeln schon protestierten, dachte er über die Adoption nach und fragte sich, ob er die richtige Entscheidung getroffen hatte. Er hatte Ellie zugesagt, sie bei ihrem Vorhaben zu unterstützen. Aber was waren die Konsequenzen?
Er würde nicht nur ein Ehemann auf Zeit sein, sondern auch ein Vater. Konnte er am Ende einfach seine Sachen packen und aus dem Leben des Kindes verschwinden?
Wenn jemand aus Erfahrung wusste, was der plötzliche Verlust der Eltern bedeutete, dann er. Und seine Brüder. Die waren durch die Tragödie völlig aus der Bahn geworfen worden und hatten Jahre gebraucht, um sich davon zu erholen. Dabei hatten sie ja liebevolle Großeltern gehabt, die sich hingebungsvoll um sie kümmerten.
Nun konnte er dem kleinen chinesischen Mädchen doch nicht bewusst einen solchen Verlust eines Elternteils zumuten!
Finn legte die Hantel ab und beschloss, das Training zu beenden. Es half ihm ja nicht dabei, Antworten auf die Fragen zu finden.
Er duschte und zog sich an, dann ging er in ein Lokal, um etwas zu essen. Anschließend fuhr er mit dem Taxi zu Ellie. Inzwischen dämmerte es, und der Himmel breitete sich zart violett über Boston aus. Es war einer von den klaren milden
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