Julia Extra Band 0213
dieses Mal war es wirklich die Polizei.
4. KAPITEL
NICHTS! Kein neues Fahndungsergebnis, hatte der Polizeiinspektor mitgeteilt. Noch immer hatten Kendal und Jarrad keinerlei Anhaltspunkte über den Verbleib ihres kleinen Matthew.
“Du bist wirklich sehr tapfer”, meinte Jarrad am Abend eines weiteren quälenden Tages zu Kendal. Sie verzehrten einige Sandwiches, die Jarrad besorgt hatte – das Erste, was Kendal an dem Tag seit dem morgendlichen Kaffee und einem halben Teller Haferflocken zu sich nahm. “Ich weiß, wie marternd das Ganze für dich ist.”
Tatsächlich waren die vergangenen zwei Tage für Kendal, aber auch für Jarrad, ein einziger Albtraum gewesen. Mit jedem Klingeln des Telefons war neue Hoffnung geschürt und sogleich enttäuscht worden. Jede Stunde ein verzweifeltes Warten auf eine Nachricht …
Als Kendal ihre eigene Wohnung aufsuchte, um sich mit ihrem Arbeitsprojekt abzulenken, war ein Anruf von Tony auf ihrem Anrufbeantworter gespeichert.
“Kendal … es tut mir sehr leid …”, begann seine Nachricht, doch Kendal spulte das Tonband rasch weiter. Sie wollte sich nicht durch sentimentale Worte emotional aus der Bahn werfen lassen, sondern für ein wenig Alltagsnormalität sorgen, um die extrem angespannte Situation durchstehen zu können.
Mit bestem Vorsatz betrachtete sie Stoffproben und Farbmuster und nahm dann eine Skizze zur Hand, an der sie zuletzt gearbeitet hatte. Doch sie konnte sich nicht konzentrieren. Durfte man denn aber in ihrer Ausnahmesituation erwarten, dass sie so funktionierte, als sei nichts geschehen?
Entschlossen rief sie Tony zurück. “Du musst den Auftrag für die Arkwrights übernehmen, Tony. Es ist für mich derzeit unmöglich, mein Bestes zu geben”, gestand sie ihm ganz offen. Und bevor er ihr etwas Herzzerreißendes an Mitgefühl bekunden konnte, lenkte sie das Gespräch gleich auf die Arbeit.
Als sie nach dem Telefonat zurück zu ihrem Auto ging, dachte sie wieder an Matthew. Da bislang keine Lösegeldforderung eingegangen war, klammerte Kendal sich an die Hoffnung, dass der Kleine von einer Person entführt wurde, die von dem Verlangen nach einem eigenen Kind getrieben war. Bei dieser Version bestand zumindest der Trost, dass eine solche Person Matthew gut behandeln und genügend versorgen würde.
Zurück in Jarrads Haus kam er ihr aus seinem Arbeitszimmer entgegen. Beim Anblick seiner verhärteten Gesichtszüge zog sich ihr der Magen zusammen.
“Gibt es … etwas Neues?” Eine Mischung aus Hoffnung und Furcht lag in ihrer Stimme.
Er schüttelte verneinend den Kopf. “Wo bist du denn gewesen?” Er folgte ihr in die Lounge. “Zu Besuch bei deinem Freund?” Es klang zynisch.
Seine bissige Bemerkung zerrte an ihren ohnehin so schwachen Nerven. Mit Wucht knallte sie ihre Tasche auf einen der Sessel und sah Jarrad wütend an.
“Ich habe mir erlaubt, einmal in meiner Wohnung vorbeizuschauen”, fauchte sie ihn an. “Beim Formulieren solcher Fragen solltest du vielleicht nicht zu sehr von dir auf andere schließen!” Insgeheim war ihr allerdings klar, dass es ihre eigene Schuld war, Jarrad absichtlich auf eine falsche Fährte geführt zu haben, was ihr – in Wahrheit so harmloses – Verhältnis zu Tony anging.
“Warum bloß denkst du immer so Schlimmes von mir?”, fragte er als Reaktion auf ihre spitze Bemerkung.
“Vielleicht weil ich dich recht gut kenne, Jarrad”, konnte sie sich nicht verkneifen zu sagen; dabei hob sie herausfordernd den Kopf nach oben.
“Tust du das wirklich?”, fragte er leise.
In seiner Frage lag Skepsis … und noch etwas anderes. Traurigkeit? Schwer zu sagen, denn seine Gesichtszüge verrieten keinerlei Emotionen.
“Ich habe übrigens heute Abend ein ganz wichtiges Geschäftsessen”, wechselte er abrupt das Thema. “TMS steht kurz vor der Vertragsunterzeichnung mit einem amerikanischen Unternehmen, unsere neu entwickelte Software betreffend.” Er sah Kendal eindringlich an. “Ich weiß, was im Moment viel wichtiger ist …”
Ja, natürlich wusste Kendal, dass auch Jarrad mit seinen Gedanken derzeit zumeist bei Matthew war. Doch gerade ist er wieder ganz der coole Geschäftsmann, dachte Kendal.
“Ich kann nicht riskieren, diesen Großauftrag an einen amerikanischen Mitbewerber zu verlieren, zumal meine Mitarbeiter sich in den letzten Monaten dafür so schwer ins Zeug gelegt haben.” Er atmete tief ein. “Ich weiß, es ist viel verlangt, aber … ich bitte dich, mich zu diesem Essen mit Dwight
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