Julia Extra Band 0258
wie Leo Makarios assoziiert hätte.
Traurigkeit.
Instinktiv wollte sie seine Hand nehmen.
Beinahe hätte sie es getan. Doch sie nahm all ihre Willenskraft zusammen und blieb still sitzen. Leo Makarios bedeutete ihr nichts. Er war der Mann, der sie Nacht für Nacht quälte – sie mit dem hilflosen wie schamlosen Verlangen ihres eigenen Körpers folterte.
Und doch …
Die Kellnerin kam zurück und servierte ihnen zwei hohe Gläser mit Eiswürfeln und orangerotem Saft. Anna war dankbar für die Ablenkung.
Durstig saugte sie an dem Strohhalm.
Dann lehnte sie sich zurück und hob ihr noch feuchtes Haar von ihrem Nacken.
„Es ist immer noch so heiß“, rief sie, neigte den Kopf nach hinten und entblößte dabei ihre Kehle.
Leos Blick war fest auf sie gerichtet. Ihre Geste war von solch unbewusster Sinnlichkeit – die erhobenen schlanken Arme, die sich durch die Bewegung rundenden Brüste, die langen, lose zerzausten Haare –, dass ihm der Atem stockte.
Thee mou, sie ist die personifizierte Schönheit.
Eine Welle von Gefühlen durchströmte seinen Körper. Es war Verlangen. Er wusste, dass es so sein musste.
Aber da war noch mehr – etwas, das er nicht benennen konnte. Aber es war stark und mächtig.
Und sehr, sehr verwirrend.
Abrupt stellte er sein leeres Glas auf den Tisch und stand auf.
„Zeit zu gehen“, sagte er.
„Oh nein, ich war zu lange in der Sonne!“
Entsetzt musterte Anna die Haut auf ihrem Unterarm.
Leo hob kurz den Blick von der Straße. „Das ist kein Sonnenbrand, mach dir keine Sorgen. Und eine leichte Bräune wird dir gut stehen.“
Doch sie verzog das Gesicht. „Meine blasse Haut ist mein Kapital. Ich versuche, nie braun zu werden.“ Doch dann zuckte sie mit den Schultern. „Na ja, jetzt ist es zu spät.“
Aus irgendeinem Grund kümmerte sie der Verlust ihrer elfenbeinfarbenen Haut nicht sonderlich. Nach allem, was ihr in den letzten Wochen zugestoßen war, kam ihr das ziemlich trivial vor. Als sie über ihren Arm rieb, glitzerten winzige Salzkristalle auf ihrer Haut. „Trotzdem brauche ich eine Dusche.“
Leo zwang sich, auf die Straße zu achten. Verbot sich, ihr vorzuschlagen, sie solle mit ihm zusammen duschen. Versuchte sogar seiner Fantasie zu untersagen, die dazugehörigen Bilder zu liefern – womit er allerdings kläglich scheiterte. Stattdessen musste er feststellen, dass seine Fantasie völlig ausreichte, um seinen Körper in Vorfreude zu versetzen. Unbehaglich veränderte er seine Sitzposition. Er musste verrückt gewesen sein, diese Abmachung mit Anna zu treffen.
Und doch war der Waffenstillstand ausgesprochen angenehm. Weil es schön war, dass Anna ihre Feindseligkeit ihm gegenüber aufgegeben hatte – wenn auch nur für eine kurze Weile.
Aber warum sollte es nur für kurze Zeit so sein? Warum nicht, solange wir hier sind?
Obwohl er diesen Gedanke nicht mochte, setzte er sich fest.
Der Nachmittag hatte gut getan. Sie hatten miteinander geplaudert; er hatte ihr von der Insel erzählt, und sie hatte die Fragen gestellt, die jeder Tourist stellte. Was die spontane Surf-Session anging, die …
Spaß. Die hatte Spaß gemacht.
Von allen Erlebnissen, die er sich mit Anna Delane vorstellen konnte, war Spaß beim Wellenreiten das Letzte, woran er gedacht hatte.
Er lehnte sich im Fahrersitz zurück. Er fühlte sich wohl. AnnasSchweigen war nicht länger aggressiv und feindlich – sondern friedlich.
Mit einem unerwarteten Hochgefühl steuerte er den Wagen weiter in westliche Richtung, der untergehenden Sonne entgegen.
Anna trocknete gerade ihre frisch gewaschenen Haare, als Leo an die Tür klopfte.
„Wir sind zu einem Abendessen eingeladen“, sagte er. „Von einem der für Investitionen und Bauvorhaben auf der Insel verantwortlichen Minister. Zieh bitte etwas Schlichtes, aber Elegantes an. Hast du etwas Passendes?“
„Ich werde schon zurechtkommen“, erwiderte Anna.
Dass dem so war, sah sie an dem Ausdruck in Leos Augen, als sie eine Stunde später die Treppe hinunterschritt. Obwohl der rote Seidenrock und das Top in leuchtenden Farben erstrahlten, verlieh ihr der weite Schnitt zusammen mit den locker hochgesteckten Haaren eine lässige Eleganz. Die dazu passenden Sandalen hatten niedrige Absätze, und an Schmuck trug sie einen goldenen Halsring mit passendem Armreif. Wieder hatte sie kaum Make-up aufgelegt.
„Du siehst fantastisch aus“, sagte Leo.
Sie erwiderte das Kompliment mit einem höflichen Lächeln, das aber nur kurz ihr Gesicht
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