JULIA EXTRA BAND 0261
Redner geladen bin.“
„Das müssen Sie mir nicht erklären. Mir ist klar, dass Sie Verpflichtungen haben. Bitte, machen Sie sich meinetwegen keine Gedanken.“
Doch er schüttelte den Kopf. „Nein, Sie sind aus England angereist und haben den besten Service verdient. Ich werde Sie erst einmal in Giles’ bewährte Hände geben und später treffen, wenn ich wieder frei bin.“
„Aber nur, wenn es Ihnen passt“, erwiderte sie und gab sich Mühe, ihre Enttäuschung nicht allzu deutlich zu zeigen. Dann brachte sie ihn zur Tür.
Zum Abschied sah er sie irritiert an. „Schlafen Sie gut, Rachel.“
„Vielen Dank für den wundervollen Abend.“
Irgendwie hatte sie nicht den Eindruck, dass er sie gern verließ. Aber vielleicht war das ja nur Wunschdenken.
Wenn sie ihn nun bitten würde, ein wenig länger zu bleiben – würde er dieser Bitte nachkommen? Oder glauben, dass sie ihn verführen wollte?
Nein, mochte die Anziehung auch noch so groß sein, sie musste jetzt vor allem an ihre Karriere denken und ihre Würde bewahren.
Dabei hätte sie alles gegeben, um zu erfahren, was er wirklich von ihr dachte. Aber sie durfte jetzt auf gar keinen Fall einen Fehler machen.
Nach einem kurzen Kampf zwischen Verlangen und Vernunft entschied sie sich für das Letztere.
„Gute Nacht, Luc.“
„Bis bald“, sagte er leise und ging.
Aber ihr Herz nahm er mit.
4. KAPITEL
Als Luc am nächsten Morgen nach St. Hippolyte fuhr, vergoldeten bereits die ersten Sonnenstrahlen seinen Weinberg.
Hoffentlich erreichte er Yves noch vor der Arbeit. Tatsächlich bemerkte er beim Näherkommen erleichtert, dass der grüne Wagen seines Freundes vor dem Haus stand.
Auf der ganzen Fahrt hatte er nur an Rachel denken können. Was sie in seinem Inneren ausgelöst hatte, war überwältigend. In nur zwei Tagen war er ein anderer Mensch geworden. Zum ersten Mal seit Jahren spürte er wieder Freude am Leben.
Er konnte es kaum erwarten, seinem Freund davon zu erzählen. Bestimmt wäre Yves geschockt.
Stürmisch klopfte er an die Tür. Erstaunt sah Yves ihn an, runzelte die Stirn, ging hinaus und schloss die Tür hinter sich, anstatt Luc ins Haus zu lassen.
„Wenn du gekommen bist, um mir ins Gewissen zu reden, kannst du es vergessen.“
„Ich wollte dir nur sagen, dass du Monsieur Lebaux kündigen kannst.“
„Was fällt dir …“
„Warte, ich bin noch nicht fertig“, unterbrach ihn Luc. „Ich bitte dich nur, bis zum Ende des Sommers zu warten. Wenn Paulette bis dahin nicht aus dem Koma erwacht ist, werde ich sie freigeben.“
Yves sah ihn erstaunt an. „Irgendetwas ist mit dir passiert.“
„Ja, ich habe jemanden kennengelernt. Und dadurch ist mir klar geworden, dass du recht hattest.“
Einen Moment sah Yves ihn nur an. „ Mon Dieu !“ Ohne ein weiteres Wort umarmte er ihn. Das war das erste Mal seit langer Zeit.
Dankbar erwiderte Luc die Umarmung. Erst jetzt erkannte er, wie sehr ihm diese Freundschaft gefehlt hatte.
Und nicht nur das – plötzlich wurde ihm klar, dass er schon seit langer Zeit gar nichts mehr fühlte. Er hatte den Eindruck, als kehrte er langsam wieder ins Leben zurück. Das war schmerzlich, aber auch sehr aufregend.
Rachel reichte Louis’ Schwester Solange ihre letzten Fotos und bat sie, die Bilder zu behalten.
Für ihre neunundsiebzig Jahre war die Französin noch erstaunlich agil.
„Sehen Sie mal, hier sitzen Großvater und Louis in einem Café in Rom.“ Dann sah sie die ältere Frau bittend an. „Wären Sie so nett, am Telefon mit ihm zu sprechen? Er kann es bestimmt gar nicht erwarten, alles über Ihren Bruder zu erfahren.“
„Aber natürlich, sehr gern!“
Glücklich griff Rachel nach ihrem Handy, aber Solange winkte ab.
„Ich mag keine Handys. Bitte, rufen Sie ihn doch auf dem Festnetz an.“
„Gut.“
Sie nahm sich das Telefon und wählte die Nummer ihres Großvaters in London, der sofort abnahm.
„Großvater? Hier ist Rachel. Bist du noch beim Frühstück?“
„Nein, ich bin schon seit einer Stunde fertig.“ Seine Stimme klang immer noch ein wenig schwach.
„Hier ist jemand, der dich sprechen will. Ich reiche dich mal an sie weiter.“
„An sie?“
„Warte einen Moment, dann wirst du alles erfahren.“
Sie gab Solange den Hörer und lehnte sich in ihrem Stuhl zurück, um den beiden zuzuhören.
Als sie anfingen, Geschichten und Anekdoten auszutauschen, rührten das Lachen und die Tränen der älteren Frau Rachel zutiefst. Auch ihre Augen wurden feucht.
Nach
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