JULIA EXTRA BAND 0261
natürlich nicht“, gab sie automatisch zurück. All die Jahre hatte sie sich in einem selbst gesponnenen Netz aus Ausflüchten verstrickt.
Luca starrte sie ungläubig an. „Ich glaube dir kein Wort.“
„Sieh mich nicht so an, Luca …“
„Liebst du ihn immer noch?“
„Wie bitte?“
„Ich will wissen, ob du diesen Kerl immer noch liebst.“
Jake zu lieben, war eine solch abwegige Vorstellung, dass Nell sprachlos war. Sie streckte die Hand nach Luca aus, der jedoch schon auf dem Weg zur Tür war.
„Vielleicht ist es ganz gut, dass unsere Zeit hier vorüber ist. Ich überlasse dir die Dusche und wasche mich in meinem Zimmer. Dann packe ich.“
„Packen?“
„Wir können noch heute Abend nach Venedig zurückfahren. Ich wüsste nicht, warum wir bleiben sollten.“ Sein Gesicht war ausdruckslos.
Nell wurde schwindelig. Sie konnte nicht glauben, dass Luca meinte, sie liebe Jake noch immer. Aber in seiner gegenwärtigen Stimmung würde er ihr nicht zuhören.
Er schlug die Tür hinter sich zu, als konnte er es nicht erwarten, sie loszuwerden.
Wenn sie gedacht hatte, schweigend nach Venedig zurückzufahren sei schwer, dann hatte sie nicht an die Ankunft gedacht. Mollys enttäuschtes Gesicht bei Nells verfrühter Rückkehr sprach Bände. Was hatte sie auch erwartet, wenn sie mit rotgeränderten Augen in den Palazzo zurückkehrte und Luca verbissen schwieg?
Wie hatte sie zulassen können, dass Molly sich Hoffnungen machte? Natürlich hatte ihre Tochter verstanden, dass sich eine Romanze zwischen ihrer Mutter und dem Mann, den die Kleine anbetete, angebahnt hatte. Sie zu enttäuschen, war unverzeihlich.
„Du kannst meinetwegen zum Hotel zurückfahren, ich bleibe“, erklärte Molly stur.
„Natürlich kommst du mit, Fräulein. Es ist Schlafenszeit.“
„Im Schlafanzug?“ Molly zeigte auf ihre Hosen. „Du hast gesagt, du kommst am Montag zurück, also bin ich schon bettfertig“, bemerkte sie.
„Molly, du kannst ein andermal wieder hier übernachten.“
Nell und Molly fuhren zu Luca herum.
Dass Luca auf ihrer Seite war, stärkte Nell. Andererseits brauchte Mollys Wochenende schließlich nicht zu enden, nur weil Nells früher beendet wurde.
Sie seufzte. „Wenn die contessa nichts dagegen hat, dass du noch eine Nacht bleibst …“ Kaum hatte sie die Worte gesprochen, fiel ihr das Kind um den Hals.
„Das Boot steht bereit“, meinte Luca kühl.
„Oh, vielen Dank. Ich kann aber auch ein Taxi …“
„Das würde nur länger dauern.“
Als ob er sie keine Sekunde länger als nötig ertragen könnte … Während der kurzen Fahrt sprach keiner der beiden. Erst als Nell ausstieg, dankte sie Luca.
„Es bleibt bei unserem Meeting, oder?“
„Natürlich, aber …“
„Dann Gute Nacht.“
Ohne Umschweife wendete er das Boot und fuhr davon.
„Gute Nacht, Luca“, flüsterte sie.
Am nächsten Tag starrte Nell auf den leeren Stuhl ihr gegenüber, während sie auf Luca wartete. Nach einer schlaflosen Nacht war sie früh ins Krankenhaus gefahren und hatte ein paar Telefonate erledigt. Nun dachte sie wie betäubt an seine Anschuldigungen zurück. Seine Reaktion hatte ihr klargemacht, dass Luca nicht weniger verletzlich war als sie selbst. Und sie hatte ihn nicht verstanden.
Seit jener magischen Karnevalsnacht waren sie einander Schritt für Schritt nähergekommen, umso bitterer schmeckte ihr Missverständnis nun.
War es zu spät, die Kluft wieder zu schließen?
Als Nell Schritte auf dem Gang hörte, nahm sie sich zusammen.
Luca trat ein, grüßte kurz und setzte sich. Dann warf er einen Blick auf die Unterlagen, die er mitgebracht hatte. „Viel bleibt dir hier nicht mehr zu tun, nicht wahr?“
„Richtig.“ War er erleichtert? Ihre Abreise würde die Situation unmissverständlich entspannen.
„Dann wirst du sicher bald deine Zelte abbrechen?“
„Ich werde mit Molly und Marianna nach England zurückfliegen“, erwiderte Nell.
„Und wann wird das sein?“
„Sobald ich einen Flug bekomme.“ Das stimmte nicht ganz. Sie hatte bereits Tickets besorgt. Ihr Flug ging schon morgen. Zwar graute ihr davor, es Molly zu sagen, doch es würde auch nicht leichter, wenn sie es hinausschob.
„Brauchst du Hilfe dabei? Ich kenne Leute am Flughafen.“
„Nein danke. Ich habe alles im Griff.“
„Also ist es vorbei?“
„Ist es vorbei?“, wiederholte Nell verständnislos und folgte Mollys Blick aus dem Fenster des Flugzeugs.
„Du weißt genau, was ich meine.“ Mollys Stimme klang
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