JULIA EXTRA BAND 0262
Doch dann kam sie bei einem Flugzeugunglück ums Leben, nur zwei Monate, nachdem unsere Tochter geboren war.“
Ricardo schwieg und wartete geduldig ab. Jetzt musste Gonzalo zum Kern seines Anliegens kommen, und Ricardo wurde klar, dass der alte Mann ihn um einen größeren Gefallen bitten würde.
„Vor kurzem sagten mir meine New Yorker Ärzte, ich hätte nicht einmal mehr ein Jahr zu leben. Es ist Krebs, unheilbar, und mir bleiben nur noch wenige Monate.“
„Ich kann es kaum fassen“, antwortete Ricardo betroffen. „Wie kann ich dir helfen?“
Gonzalo ließ sich Zeit mit seiner Antwort und drehte stumm das Glas in seinen Händen. Dann sah er Ricardo plötzlich direkt in die Augen. „Heirate meine Tochter!“
„Wie bitte?“, entsetzt richtete Ricardo sich auf. Er hatte eine Bitte erwartet, aber keine in dieser Größenordnung!
„Ich möchte dich bitten, darüber nachzudenken, meine Tochter zur Frau zu nehmen“, fuhr der alte Mann fort. „Eine Zweckehe ist in deinen Kreisen doch nicht ungewöhnlich. Soweit ich weiß, gibt es in deiner Familie eine ganze Reihe von arrangierten Ehen.“
„Möglich, aber …“
„Selbst die Ehe deiner Eltern war da keine Ausnahme, mein Junge. Und dein Vater hatte doch ohnehin ähnliche Pläne für dich, wenn ich mich nicht irre?“
„Das mag alles zutreffen“, entgegnete Ricardo. „Aber mein Vater ist tot, und die Zeiten haben sich geändert, Gonzalo. Ich führe nun mein eigenes Leben.“
„Und wie man hört, scheinst du es sehr zu genießen“, setzte der alte Mann trocken hinzu. „Du bist jetzt dreiunddreißig Jahre alt, Ricardo, und musst auch an die Erbfolge denken! Gibt es schon eine Frau, die du als deine zukünftige Braut auserkoren hast?“
„Um ehrlich zu sein, ich bin noch gar nicht dazu gekommen, mir über eine mögliche Hochzeit Gedanken zu machen“, erwiderte Ricardo. Vor seinem inneren Auge tauchte das Bild von Ambrosia, seiner exotischen mexikanischen Geliebten, auf. Er hatte nicht vor, sich von ihr zu trennen, selbst wenn eine Heirat nicht zur Debatte stand. „Ich habe noch viel Zeit.“
„Vielleicht. Ich bitte dich auch nicht, deinen Lebensstil zu ändern. Es handelt sich eher um einen Vorschlag, der beiden Seiten von Nutzen sein soll. Immerhin brauchst du einen Erben und eine Ehefrau, die deinen sozialen Anforderungen entspricht – standesgemäß und unberührt. Zudem ist mir zu Ohren gekommen, dass dein Onkel Rolando ein paar Geschäfte abgeschlossen hat, die für das Fürstentum äußerst ungünstig sind“, fügte er vielsagend hinzu.
Das war eine Tatsache. Doch wie dieser Umstand, der als Familiengeheimnis streng gehütet wurde, zu Gonzalo durchgedrungen war, konnte Ricardo sich nicht erklären. Allmählich wurde Ricardo unsicher und beschloss, mit seinen Bemerkungen vorsichtiger zu sein.
„Es gab die eine oder andere unerfreuliche Angelegenheit“, wich er aus. „Aber nichts wirklich Ernstes.“
„Gut, aber ich erinnere mich an etwas, das dein Vater mir einmal erzählt hat. Solange du unverheiratet bist, musst du die Mitsprache deines Onkels in die Regierungsangelegenheiten des Fürstentums dulden. Dies ist in der Verfassung von Maldoravien ein unumstößliches Gesetz. Und solltest du eines natürlichen Todes sterben, wird dein Onkel automatisch Fürst. Ein beängstigender Gedanke“, fügte er hinzu und wartete dann ab.
„Das ist wahr“, gab Ricardo ihm schließlich verbittert Recht und räusperte sich. Sein Onkel hatte mit seinem verschwenderischen Lebensstil bisher nur Unheil über die Familie gebracht. Der Umstand, dass dieser Mann zweiter Anwärter auf den Fürstentitel war, wurde Ricardo bei jeder Gelegenheit von seinem Kabinett ins Gedächtnis gerufen.
„Was ich anbiete, ist ein Plan, der uns beiden nützt“, drängte Gonzalo. „Du könntest deinen Status zugunsten deines Landes sichern, und ich kann in Frieden sterben.“
„Gonzalo, ich würde dir wirklich gerne helfen, aber …“
„Dein Vater und ich haben oft darüber gesprochen“, unterbrach der alte Mann ihn eifrig. „Natürlich im Scherz, versteht sich! Aber nun läuft uns die Zeit davon. Meine Tochter Gabriella ist neunzehn. Sie wird mein gesamtes Vermögen erben, was in aller Bescheidenheit beinahe unermesslich ist. Ich kann sie nicht schutzlos zurücklassen, ohne zu wissen, was mit ihr geschieht. Mir wäre es lieb, sie wäre mit jemandem verheiratet, der sie respektiert und sich um ihr Wohlergehen kümmert. Und ich weiß, dass du das tun
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