JULIA EXTRA BAND 0262
und verletzlich wirkte Joey in dem großen Bett. Auf seiner Stirn war eine hässliche Beule zu erkennen. Erin ging auf Zehenspitzen auf ihn zu. Langsam öffneten sich seine Augen, er sah sie matt an.
„Mommy“, sagte er benommen und runzelte die Stirn. „Was machst du denn hier?“
„Als ich von deinem Unfall hörte, bin ich direkt aus Sydney hierher geflogen“, sagte sie, beugte sich zu ihm herab und küsste ihn. „Wie geht es dir, Baby? Willst du mich nicht umarmen?“
„Na klar.“ Schläfrig zog er sie an sich. „Hm, du riechst gut“, sagte er dann. „Riecht Mommy nicht gut, Dad?“
Hinter ihnen räusperte Luke sich. „Doch, sehr“, erwiderte er mit leiser Stimme.
„Tut mir so leid, Mom. Ich hab vergessen, den Helm zu tragen.“
„Ja, ich weiß.“ Zärtlich strich sie ihm über die Beule. „Jetzt weißt du, wie wichtig das ist, nicht?“
Joey nickte und zuckte dann zusammen, als ob ihre Berührung ihm wehtäte.
„Ich wollte dir nur Gute Nacht sagen. Du siehst aus, als könntest du eine Mütze Schlaf gut gebrauchen.“
„Bleibst du bei mir?“
Bevor Erin antworten konnte, trat Luke ans Bett. „Wir bleiben bei dir, bis du eingeschlafen bist. Und dann kommen wir gleich morgen früh wieder.“ Aus seinen Worten klang so viel väterliche Autorität, dass Erin überrascht war.
Die drei unterhielten sich noch ein wenig. Eine Viertelstunde später war Joey eingeschlafen.
Auf dem Flur wandte Erin sich an Luke. „Ich würde mich gern mit einer Schwester unterhalten. Joey hat auf mich ziemlich lethargisch gewirkt, fandest du nicht?“
„Das scheint bei einer leichten Gehirnerschütterung ganz normal zu sein. Mach dir keine Sorgen, er ist hier in guten Händen. Bestimmt geht es ihm morgen viel besser. Hast du eigentlich schon zu Abend gegessen?“
„Ich würde lieber darüber sprechen, was wir machen, wenn er morgen entlassen wird.“
Verwirrt sah Luke sie an. „Dann fahre ich mit ihm nach Hause, was sonst?“
„Nein, Luke, Joey kann nicht wieder zurück nach Warrapinya. Sobald er dort ist, will er bestimmt wieder mit diesen Wildfängen um die Wette reiten.“
„Ich werde dafür sorgen, dass er sich erst einmal erholt, bis er wieder auf dem Damm ist.“
Erin erwiderte seinen selbstsicheren Blick wütend. Luke schien nicht verstehen zu wollen, wie wenig Joey auf den Busch vorbereitet war. Und wie schwer es ihr fiel, ihren kleinen Jungen erneut in diese Wildnis zu schicken. Schon beim ersten Mal hatte Erin sich überwinden müssen. Aber jetzt, nach dem Unfall, der auch fatal hätte ausgehen können … „Du verstehst nicht, was er mir bedeutet.“
„Vielleicht verstehst du nicht, was er mir bedeutet.“
Blaue und graue Augen funkelten sich an.
Schließlich senkte Erin den Blick und seufzte. „Ich bin seine Mutter. Joey wird mich brauchen.“
Wie schon so oft, als er die Windpocken gehabt hatte oder wenn er nachts aus einem Albtraum erwacht war.
Luke sah sie nachdenklich an. „Du kannst meine Zeit mit Joey nicht so einfach beschneiden“, sagte er. „Wir haben zwei Monate ausgemacht.“
„Ja, und wir haben verabredet, dass du gut auf ihn aufpasst.“
„Das ist unter der Gürtellinie, Erin, und das weißt du auch.“
Erin war klar, dass sie überreagierte. Sie wusste auch, dass Joey Luke bewunderte. Wie würde der Junge reagieren, wenn sie ihn daran hinderte, mit seinem Vater zurück auf die Ranch zu fahren?
Während Luke wütend auf den Lift zuging, bemühte sie sich, mit ihm Schritt zu halten.
„Es tut mir leid“, sagte sie, als sie vor dem Aufzug standen. „Ich muss lernen, dir zu vertrauen. Wenn die Ärzte ihn morgen entlassen, bin ich einverstanden, dass du Joey mit zu dir nimmst.“
„Danke“, sagte er mit rauer Stimme. „Das bedeutet mir viel.“
Es herrschte Schweigen, als sie ins Erdgeschoss fuhren und die Lobby durchquerten. Erst als sie das Krankenhaus durch die Glastüren verlassen hatten, richtete sich Luke an Erin.
„Dort drüben ist der Taxistand.“
Zum ersten Mal fragte Erin sich, wie es jetzt weitergehen sollte. Panikartig war sie nach Norden geflogen und hatte nur eine kleine Reisetasche mitgenommen.
„Wohnst du hier im Hotel?“, fragte sie Luke.
Er schüttelte den Kopf. „Nein, ich habe letztes Jahr ein Apartment in Townsville gekauft.“
„Hier, an der Küste?“
„Ja, das ist sehr praktisch, wenn man in der Stadt etwas zu erledigen hat.“
„Das kann ich mir vorstellen.“ Sie konnte ihren Schock kaum verbergen. Erneut fiel
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